Elektronisches Bezahlen: Was Deutschland von Amerika lernen kann

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 07.03.2013

Deutsche Onlinehändler müssen wohl noch eine Weile warten, bis sie Komplettlösungen für Online-Bezahlverfahren aus einer Hand – wie in den USA – für ihre Zahlungsabwicklung nutzen können. Dieses ernüchternde Fazit zieht André M. Bajorat in einem aktuellen Blog-Beitrag. Der Ex-Geschäftsführer der Giropay GmbH und des Finanzsoftware-Herstellers Star Finanz analysierte die Besonderheiten des deutschen ePayment-Marktes und blickt dabei neidisch nach Nordamerika.

Denn in den USA gibt es immer mehr sogenannte Full-Service-Provider oder Recurring Billing Provider (für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen). Diese bieten dem Händler zu einem einheitlichen Preis die vollständige Abwicklung der Zahlungsvorgänge und der Rechnungsstellung an, wobei dies technisch über eine einzige Programmierschnittstelle (API) läuft. Die Provider tragen zwar für deutsche Verhältnisse weniger seriös klingende Namen wie „Cheddar-Getter“ (Motto: „Holen Sie sich Ihr Stück vom Käse“), doch können sich Web-Shop-Betreiber innerhalb von Minuten dort anmelden und anschließend die ersten Zahlungen empfangen. Die Preisstruktur ist klar geregelt: Bei Cheddar-Getter etwa zahlt der Händler monatlich knapp 80 Dollar (rund 60 Euro) sowie 20 US-Cent pro Transaktion; der britische Provider Cannybill verlangt pauschal umgerechnet 25 Euro pro Monat.

In Deutschland vergehen, so Bajorat, vier bis acht Wochen, bis ein Händler einen Payment-Provider-Vertrag ausgehandelt und unterzeichnet sowie einen Kreditkarten-Akzeptanzvertrag mit einem der 14 zugelassenen deutschen Kreditkarten-Akquirierern geschlossen hat. Zwei Umstände sind dem Experten zufolge für die besondere Situation in Deutschland verantwortlich. Zum einen ist hierzulande die Kreditkarte weniger verbreitet als etwa in Großbritannien und den USA, wo sie das dominierende Bezahlverfahren darstellt. Weil das Lastschriftverfahren und die Online-Überweisung bei deutschen Verbrauchern sehr beliebt sind, können die Händler nicht nur die Kreditkarte als Zahlungsmöglichkeit anbieten, ohne Gefahr zu laufen, viele Kunden zu verlieren. Diese Vielfalt hat zum anderen zur Folge, dass jedes Bezahlverfahren sich bei Storno, wiederkehrenden Zahlungen, der Zahlungsgarantie oder der Rückgabe der Lastschrift voneinander unterscheidet und sich für den Händler daraus unterschiedliche und unübersichtliche Kosten ergeben.

Die amerikanischen Full-Service-Provider bieten bei einheitlichem Preis ihre Dienste auch für alle Nutzergeräte an. So ist die Bezahlung auch auf Smartphones möglich. Für den wachsenden M-Commerce-Markt ist in Deutschland keine Komplettlösung in Sicht, so Bajorat. Der Bedarf sei aber vorhanden, wie man am App-Store sieht: Apple hat sich damit sein eigenes Ökosystem geschaffen, dessen Nutzung sich das Unternehmen mit einer Provision von 30 Prozent vergüten lässt.

Dass sich einer der amerikanischen Anbieter als Full-Service-Anbieter alleine auf den „verrückten“ deutschen ePayment-Markt begibt, hält André M. Bajorat für unwahrscheinlich. Vielleicht könnte die deutsche Paypal, eine Tochtergesellschaft des US-Unternehmens Ebay, eine solche Komplettlösung anbieten, sofern der Registrierungszwang für die Verbraucher entfällt, spekuliert er in seinem Artikel. Auch das deutsche Unternehmen Wirecard AG aus Bayern könnte so etwas entwickeln. Bis dahin müssten aber deutsche Online-Händler noch die Zähne zusammenbeißen und sich mit den schwierigen Umständen irgendwie arrangieren.

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