Kolumne: Google unter Beschuss

Veröffentlicht: 17.04.2015 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 17.04.2015

Die EU geht gegen Google vor – Missbrauch der Marktmacht lautet der Vorwurf, der nun dazu geführt hat, dass ein formelles Verfahren gegen das Unternehmen eingeleitet wird. Konkret: Google habe seine eigenen Produkte bevorzugt in seiner Suchmaschine angezeigt. Das ist – wenig überraschend – korrekt. Natürlich ist es korrekt, es muss sogar korrekt sein.

Viele Menschen scheinen immer wieder etwas zu vergessen, wenn es um Google geht: Die Suchmaschine ist keine gemeinnützige Organisation, die den Internet-Nutzern dieser Welt einen neutralen Dienst, nämlich die Suchmaschine für das Internet, zur Verfügung stellt. Google ist und bleibt ein Wirtschaftsunternehmen mit eigenen wirtschaftlichen Interessen. Natürlich muss man da erwarten, dass die eigenen Produkte bevorzugt werden.

Google setzt die Wirtschaft unter Druck

Bei den Nutzern kommt das aber nur hin und wieder an – nämlich dann, wenn es störend auffällt. Ein Beispiel: Als Google das Video-Portal Youtube mit Google+ verknüpfte, war der Aufschrei unter den Nutzern groß. Auch mich hat es genervt, dass ich für das Kommentieren von Videos plötzlich einen Google+-Account brauchte. Den hatte ich natürlich, aber gegen die Verknüpfung wehrte ich mich trotzdem. Seitdem gab es keinen Kommentar mehr unter einem Youtube-Video von mir.

Abgesehen von solchen Momenten, in denen sich die wirtschaftlichen Entscheidungen von Google (mal ehrlich, ich hätte meine Dienste auch alle zusammengelegt) negativ auf das Nutzererlebnis auswirken, bemerken die Nutzer die Entwicklungen aber kaum. Die Wirtschaft spürt den Druck des Unternehmens aber deutlich. Und zwar jederzeit.

Fallbeispiel Leistungsschutzrecht

Deshalb ist das Verfahren der EU gegen Google auch gerechtfertigt – es ist schließlich derselbe Grund, aus dem es das Bundeskartellamt in Deutschland gibt. Inzwischen hat sich aber ein Machtkampf zwischen Google und der EU entwickelt, den es in den USA so nicht gibt. Und das liegt nicht daran, weil Bing dort etwa ein ernst zu nehmender Konkurrent von Google wäre. Haben die USA jetzt den Anschluss verpasst? Laufen die US-Unternehmen blindlings ins Verderben, weil sie Google gewähren lassen? Vielleicht haben die amerikanischen Unternehmen auch nur gelernt, besser mit Google zu leben und die Dienste besser für sich zu nutzen.

Inzwischen hat Google eine Position erreicht, in der es seine Marktmacht getrost ausnutzen kann – zuletzt im Leistungsschutzrecht-Streit mit dem Axel Springer Verlag zu sehen – und andere Unternehmen stark auf die Suchmaschine angewiesen sind. Das ist eigentlich ein Zustand, den man tunlichst vermeiden sollte, aber der inzwischen wohl kaum abzuändern ist. Ich habe auch keine Lösung … aber ich bewundere das Problem.

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