Kolumne: Zalando muss erwachsen werden

Veröffentlicht: 25.04.2014 | Geschrieben von: Giuseppe Paletta | Letzte Aktualisierung: 25.04.2014

Im Moment wenden sich alle gegen Online-Händler Zalando. Journalisten, Kunden, Gewerkschafter und sogar Datenschützer stehen dem Unternehmen misstrauisch gegenüber. Zalando hat das Vorschussvertrauen der Öffentlichkeit zu Gunsten seines extremen Wachstums verspielt. Damit gilt Zalando als das neue Amazon und wird es künftig sehr schwer haben, dieses Image wieder loszuwerden. Aus wirtschaftlicher Sicht werden die Konkurrenten wie Asos oder Otto davon profitieren. Insgesamt leidet aber der gesamte Online-Handel daran, dass Zalando nicht wirklich an Problemlösungen interessiert scheint.

Manche sagen, die massive Kritik an Zalando sei der Preis des schnellen Wachstums. Zalando konnte ja allein im vergangenen Jahr seinen Umsatz um ganze 50 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro steigern. Doch das ist zu einfach: Wirtschaftlicher Erfolg darf nicht auf Kosten der Gesellschaft erzielt werden.

Zalando nimmt öffentliche Kritik nicht ernst genug

Eine RTL-Reportage hat in diesem Monat schwere Vorwürfe gegen Zalando erhoben, von systematischer Ausbeutung der Mitarbeiter ist die Rede. Gar von einem Todesfall bei Zalando sprechen die Reporter. Zalando veröffentlichte bereits einen Tag nach Ausstrahlung des Fernsehberichts eine Stellungnahme – in der man die meisten Vorwürfe einfach nur geschickt von sich weist –, dennoch war das Unternehmen eher damit beschäftigt sein Imageschaden zu begrenzen, als tatsächlich Aufklärung zu leisten. Manche Mitarbeiter gaben sich trotz der sehr ernsten Anschuldigungen sogar öffentlich spöttisch, wie zum Beispiel der CPO von Zalando mit einem Tweet:

Die Verbraucher lassen sich von Zalandos Statement nicht beruhigen und überfluten mit Kommentaren nicht nur die Facebook-Seite von Zalando. Tausende Kommentare fanden sich schon binnen weniger Tage nach Ausstrahlung der RTL-Reportage auf Zalandos Facebook-Seite: „Zalando ist ein Pulverfass, das hoffentlich bald hochgeht und eine gewisse Lehre aus dem Ganzen gezogen wird. Und zwar, dass Menschen Menschen sind und keine Pickautomaten, die keine Pausen […] brauchen“, kommentierte zum Beispiel ein scheinbar ehemaliger Teamleiter auf der Facebook-Seite von Zalando. Kommentare wie dieser zeigen, dass die Kritik an Zalando nicht erst durch die aktuelle RTL-Reportage entstanden ist. Viele Verbraucher sprachen auf Facebook von „Sklavando“ und beschuldigten den Online-Händler Mitarbeiter systematisch auszubeuten. Die Kritik der Verbraucher zeigte sich auch an der Anzahl an Facebook-Fans von Zalando, die binnen kaum einer Woche um mehr als Tausend Nutzer abnahm:

Zalando verliert Facebook-Fans.

Und längst sind es nicht mehr nur die Kunden, die Zalando zum Umdenken auffordern. Thüringens Datenschutzbeauftragter ermittelt im Erfurter Logistikzentrum von Zalando. Er möchte wissen, ob die Mitarbeiter unzulässig überwacht werden. Und auch die Gewerkschaft Verdi, die seit Jahren gegen Amazon kämpft, hat nun einen weiteren Gegner im Online-Handel. Ihre Kritikpunkte: Zalando zahlt einen noch geringeren Arbeitslohn als selbst Amazon, das Unternehmen hat trotz der rund 5.000 Mitarbeiter noch immer keinen Betriebsrat und die meisten Zalando-Mitarbeiter haben nur befristete Arbeitsverträge.

Und was macht Zalando? Der Online-Händler scheint alle Konflikte schnellstmöglich aus dem Weg zu räumen, ohne sich wirklich mit diesen auseinanderzusetzen: Er erhebt Anzeige gegen die RTL-Journalistin, anstatt einfach transparent nachzuweisen, dass die erhobenen Vorwürfe unwahr sind. An jenem Ort wo die ersten Betriebsratswahlen anstanden, schließt Zalando den Standort. Und während die Öffentlichkeit von „Sklavando“ spricht, beschäftigt sich Zalando lieber mit dem eigenen Börsengang.

Zalando sollte aber beginnen, sämtliche Kritik ernst zu nehmen und der Öffentlichkeit demonstrieren, dass man an Problemlösungen ernsthaft interessiert ist. Denn sonst könnte schnell der gesamte Online-Handel in Verruf geraten.

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