WhatsApp-Gründer Brian Acton: „Habe die Privatsphäre meiner Nutzer verkauft“

Veröffentlicht: 27.09.2018 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 27.09.2018

Brian Acton und Jan Koum wurden mit dem Verkauf ihres Unternehmens WhatsApp an Facebook reich. Nach dem Cambridge-Analytica-Skandal kehrten beide Gründer dem US-Konzern aber den Rücken und rechneten mit dem Management ab – Brian Acton findet heute aber auch selbstkritische Worte.

WhatsApp auf einem Smartphone
© Alex Ruhl / Shutterstock.com

Rund ein Jahr nach einem Abgang von Facebook hat sich WhatsApp-Gründer Brian Acton zu Wort gemeldet. Das Facebook-Management kritisiert er bei deutlich: „Sie sind Geschäftsleute, sie sind gute Geschäftsleute“, räumt Acton gegenüber Forbes ein. „Sie stehen nur für eine Reihe von Geschäftspraktiken, Prinzipien und Ethik, und Grundsätzen, mit denen in nicht unbedingt übereinstimme.“

So hatte Acton, als es um die Monetarisierung von WhatsApp ging, vorgeschlagen, einen kleinen Geldbetrag von den Nutzern zu verlangen, sobald sie eine gewisse Zahl an kostenfreien Nachrichten verschickt hatten – damit hätte das Unternehmen kein Geld durch Werbeanzeigen, sondern durch Nutzer mit großen Nachrichtenmengen verdient. Ein Vorschlag, der von Facebook-Managerin Sheryl Sandberg niedergeschmettert wurde. „Sie sagte: ‚Das skaliert nicht.‘“, erinnert sich Acton. „Ich habe ihr da einmal widersprochen. Ich sagte: ‚Nein, du meinst nicht, dass es nicht skaliert. Du meinst, dass es nicht so viel Geld bringt wie…‘ und da druckste sie herum. Ich denke, ich habe meinen Standpunkt klargemacht.“

„Damit lebe ich nun jeden Tag.“

Letztlich waren es diese unterschiedlichen Vorstellungen über die Monetarisierung und die Weiterentwicklung von WhatsApp und die mangelnde Kommunikation, die Acton und Koum dazu veranlassten, das Unternehmen zu verlassen. Regelmäßige Absprachen mit Mark Zuckerberg habe es nicht gegeben. Koum und Acton waren ausgesprochene Gegner von Werbe-Anzeigen – ein Konflikt in dem werbegetriebenen Facebook-Konzern. Auch die von Acton entwickelte Verschlüsselung der Nachrichten stieß bei Zuckerberg offenbar auf Unzufriedenheit. Das Unternehmen habe zwar nie versucht, diese Verschlüsselung zu knacken, doch die Manager wollten Möglichkeiten ergründen, wie man die WhatsApp-Nutzer in einer verschlüsselten Umgebung analysieren könne.

„Letztendlich habe ich mein Unternehmen verkauft“, so Brain Acton. „Ich habe die Privatsphäre meiner Nutzer für einen größeren Gewinn verkauft. Ich habe eine Entscheidung und einen Kompromiss getroffen. Und damit lebe ich nun jeden Tag.“

Der WhatsApp-Gründer verließ im September 2017 das Unternehmen – ein Jahr später hätte er den letzten Teil des Kaufpreises (in Aktien) ausgezahlt bekommen. Acton machte ein Foto von dem Aktienkurs, als er das Büro verließ. Seine Entscheidung, Facebook zu verlassen, kostete ihn 850 Millionen Dollar. Sein Mitgründer Jan Koum nahm diesen Bonus noch mit und verließ Facebook erst in diesem Jahr.

Acton geht mit Facebook hart ins Gericht

Acton geht auch mit Facebooks Verhalten hart ins Gericht, als die EU-Wettbewerbsbehörden die Übernahme prüften. „Man sagte mir, dass ich erklären solle, dass ein Austausch oder eine Verschmelzung der Daten zwischen den beiden Systemen sehr schwierig sei“, erklärt Acton. Das sagte er dann schließlich auch den Behörden – und fügte hinzu, dass er und Koum keine Pläne dafür hätten.

Später stellte sich heraus, dass Facebook bereits an der Technologie arbeitete, um die Datensätze zu verschmelzen. 18 Monate später fand sich eine entsprechende Klausel über die Account-Verbindung in den Nutzungsbedingungen. Acton stand wie ein Lügner da. „Ich glaube, jeder hat einfach gepokert und gehofft, dass die EU das vergessen hat, weil so viel Zeit vergangen war“, so Acton. Das war aber nicht der Fall: Facebook musste eine Strafe in Höhe von 122 Millionen Dollar zahlen.

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Michael Pohlgeers

Kommentare  

#1 Fatih Outlet46.de 2018-09-29 10:17
Anscheinend hat Acton gemerkt, dass WhatsApp mehr Wert war/ist.
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.