Gewährleistung bei Sachmängeln – Rechte und Pflichten für Online-Händler

Veröffentlicht: 11.03.2013 | Geschrieben von: Katja Naumann | Letzte Aktualisierung: 18.08.2022

 

Was bedeutet Gewährleistung? Im allgemeinen Sprachgebrauch umfasst der Begriff der Gewährleistung die Verpflichtung des Verkäufers dafür zu sorgen, dass ein Kaufgegenstand zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Mängeln ist, und im Fall von mangelhafter Ware Ersatz verlangt werden kann.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet bei Mängeln an einer Kaufsache zwischen der genau geregelten Sachmängelhaftung des Verkäufers, die als Gewährleistung bezeichnet wird, und der freiwilligen Garantie eines Dritten, in der Regel des Herstellers.

Der Gewährleistungsfall – mangelhafte Ware

Gewährleistung tritt ein, wenn der Käufer eine Kaufsache bekommt, die mit einem Sachmangel gemäß § 434 BGB oder einem Rechtsmangel behaftet ist. Ein Sachmangel liegt zum Beispiel dann vor, wenn die Ware defekt ist oder auch falsch geliefert wurde. Ein Sachmangel kann sich jedoch auch aus einer Produktbeschreibung ergeben, wenn diese direkt oder indirekt eine bestimmte Beschaffenheitsgarantie gemäß § 276 Abs. I BGB enthält, die aber nicht erfüllt wird.

Der Bundesgerichtshof (BGH) führte dazu in einem aktuellen Fall (Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12), in dem es um die bemängelte Seetüchtigkeit eines Holzbootes ging, aus:

„...Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt ein Sachmangel der Kaufsache vor, wenn dieser eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt. Dazu ist es nicht erforderlich, dass bestimmte Beschaffenheitsanforderungen ausdrücklich festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung kann sich vielmehr auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben (Senatsurteil vom 17. März 2010 - VIII ZR 253/08, WM 2010, 990 Rn. 13). Ins- besondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 9 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/6040, S. 213). Ebenso ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne Weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden (BT-Drucks. 14/6040, S. 212). So liegt es bei der erforderlichen Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2012 - VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 25), die das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier Weise tatrichterlich gewürdigt hat, auch hier...“

Online-Händler sollten daher bei der Formulierung ihrer Artikelbeschreibungen darauf achten, was für eine Produktbeschaffenheit diese implizieren.

Pflichten des Verkäufers

Kauft ein Kunde beispielsweise eine Kaffeemaschine von einem Online-Händler und stellt beim Erhalt der Ware fest, dass diese nicht funktioniert, liegt ein klarer Sachmangel vor und es greift sein Recht auf Gewährleistung gegenüber dem Online-Händler.

Gemäß § 437 BGB umfassen die Gewährleistungsrechte dabei die Nacherfüllung zur Beseitigung des Mangels, die Nacherfüllung durch Lieferung einer mangelfreien Sache, die Minderung des Kaufpreises, den Rücktritt vom Kaufvertrag und die damit verbundene Rückabwicklung sowie Schadenersatz für entgangenen Gewinn und Folgekosten.

Bei der Geltendmachung der Rechte gegenüber dem Online-Händler muss sich der Käufer jedoch an die gesetzlichen Vorgaben halten.

Online-Händler haben das Recht zur Nacherfüllung

Im Fall eines Sachmangels ist der Verkäufer der Ansprechpartner für den Kunden. Online-Händler bekommen in solchen Fällen häufig direkt Nachrichten wie „Da die Kaffeemaschine nicht funktioniert, hätte ich gerne mein Geld zurück“.  Dabei stellt sich die Frage, ob der Online-Händler im Zuge des Gewährleistungsrechts einfach so das Geld an den Kunden zurückerstatten muss.

In der vorliegenden Fallkonstellation ist ein sofortiger Rücktritt vom Kaufvertrag durch den Kunden nicht rechtmäßig und der Online-Händler kann die Rückabwicklung unter Berufung auf seine eigenen Rechte aus der Sachmängelhaftung ablehnen.

Im Rahmen der Sachmängelhaftung ist der Kunde bei Auftreten eines Mangels verpflichtet, dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen bevor andere Gewährleistungsrechte greifen können, denn der Gesetzgeber gibt der Nacherfüllung im Vergleich zu diesen den Vorrang. Für den Online-Händler bedeutet das, er kann in der Regel auf sein Recht zur Nacherfüllung bestehen bevor er anderen Gewährleistungsansprüchen nachkommen muss.

Arten von Nacherfüllung

Im Zuge der Nacherfüllung gemäß § 439 BGB hat der Käufer das Wahlrecht zwischen Nacherfüllung durch Nachbesserung, also Beseitigung des Mangels und Nacherfüllung durch Lieferung einer mangelfreien Sache. Das Wahlrecht kann durch die AGB des Verkäufers auch nicht eingeschränkt werden.

Der Online-Händler hat jedoch die Möglichkeit eine Art der Nacherfüllung zu verweigern, wenn diese gegenüber der anderen Art unverhältnismäßige Kosten verursacht, dabei ist die Schätzung der voraussichtlichen Kosten im Verhältnis des objektiven Werts der Kaufsache in mangelfreiem Zustand maßgeblich.

Verlangt der Käufer zum Beispiel bei einer nichtfunktionierenden Kaffeemaschine, die im mangelfreien Zustand einen Wert von 50 Euro hat, die Reparatur, für die sich die Kosten schätzungsweise auf 300 Euro belaufen, kann der Verkäufer diese Art der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßigen Kosten ablehnen.

Auch wenn ein Nacherfüllungsanspruch scheitert und nur noch der andere Nacherfüllungsanspruch möglich bleibt, beschränkt sich der Anspruch des Kunden auf die noch mögliche Art der Nacherfüllung. Scheitert zum Beispiel die Nachbesserung, also die Reparatur einer nicht funktionierenden Kaffeemaschine, ist nur noch die Nachlieferung einer funktionierenden Kaffeemaschine als Nacherfüllungsanspruch möglich. Der Käufer hat in diesem Fall dann nur noch den Anspruch auf Nachlieferung als Art der Nacherfüllung.

Nacherfüllungskosten trägt der Online-Händler

Im Fall eines Sachmangels ist der Online-Händler verpflichtet die Nacherfüllungskosten insbesondere Transportkosten, Wegekosten, Arbeitskosten und Materialkosten zu tragen.

Recht auf Nacherfüllung am Verkaufsort

Damit ein Online-Händler seinem Recht zur Nacherfüllung nachkommen kann, ist der Käufer verpflichtet diesem die Kaufsache zur Überprüfung der Mängelrüge und zur Nachbesserung zur Verfügung zu stellen.

Vor allem bei großen und sperrigen Produkten stellt sich dabei immer wieder die Frage ob der mangelhafte Artikel dafür zum Verkäufer gesendet werden muss, oder ob der Händler verpflichtet ist diesen am aktuellen Ort zu besichtigen.

Der BGH hat diese Frage im Fall eines mangelhaften Holzbootes (Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12) zugunsten des Verkäufers entschieden, und führt unter anderem aus:

„... Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach zum einen ein taugliches Nacherfüllungsverlangen auch die Bereitschaft des Käufers umfassen muss, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen, und der Verkäufer nicht verpflichtet ist, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat (Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 12). Zum anderen setzt dies eine Zurverfügungstellung am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB maßgebend mit der Folge, dass bei einem - hier gegebenen - Fehlen vertraglicher Vereinbarungen über den Erfüllungsort auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen ist und dass dann, wenn sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen, der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte (Senatsurteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29 ff. mwN)...“

Ausschluss der Nacherfüllung

In Fällen, in denen der Anspruch auf Nacherfüllung ausgeschlossen ist, kann der Käufer gegenüber dem Online-Händler seine weiteren Gewährleistungsrechte in Form von Kaufpreisminderung, Rücktritt vom Kaufvertrag und Schadenersatz geltend machen.

Ausgeschlossen ist eine Nacherfüllung insbesondere dann, wenn die gesetzte Frist ohne Erfolg verstrichen ist, der Online-Händler beide Arten der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigert oder eine Nacherfüllung unmöglich ist.

Konsequenzen des Ausschlusses der Nacherfüllung

Ist die Nacherfüllung ausgeschlossen kann  der Käufer vom Online-Händler den Rücktritt vom Kaufvertrag oder eine Minderung des Kaufpreises geltend machen. In einzelnen Fällen hat der Online-Händler auch eine Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kunden.

Fazit: Mit Abschluss des Kaufvertrages ergeben sich für Online-Händler Gewährleistungspflichten gegenüber dem Kunden. Ist eine Kaufsache mangelhaft kann der Kunde diese geltend machen. Allerdings gibt der Gesetzgeber dem Recht der Nacherfüllung durch den Online-Händler den Vorrang gegenüber anderen Gewährleistungspflichten. Erst wenn der Anspruch auf Nacherfüllung ausgeschlossen wurde, ist der Online-Händler verpflichtet Gewährleistungsrechte wie Rücktritt oder Minderung zu erfüllen.

Kommentare  

#3 OnlinehändlerNews 2013-03-13 15:06
@ Proentry:
Die Gewährleistung gilt auch bei gebrauchten Waren. Damit gilt auch in dieser Konstellation: Die Verweigerung der Art der Nacherfüllung ist durch den Verkäufer nur möglich, wenn diese unverhältnismäß ige Kosten verursacht.
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#2 Takvor 2013-03-12 12:36
Schön, wurde aber ein wichtiges Thema nicht behandelt, nämlich wann der Verkäufer der Beweislast für Sachmangel trägt! Nach 6 Monaten liegt der Beweislast bei Käufer und die Geschichte wird interessant;)
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#1 Proentry 2013-03-12 09:43
Zählt das auch bei Verkauf gebrauchter z.B. Elektronik-Arti kel eines gewerblichen Verkäufers bei ebay?
"Verlangt der Käufer zum Beispiel bei einer nichtfunktionie renden Kaffeemaschine, die im mangelfreien Zustand einen Wert von 50 Euro hat, die Reparatur, für die sich die Kosten schätzungsweise auf 300 Euro belaufen, kann der Verkäufer diese Art der Nacherfüllung wegen unverhältnismäß igen Kosten ablehnen."
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