Meinung

Das falsche Signal vom BGH zum Wert von Fotos

Veröffentlicht: 16.01.2019 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 14.07.2020
Kamera mit kaputter Linse auf Weg.

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil zur Schadensersatzhöhe bei Bildern nicht-professioneller Fotografen ganz schön daneben gelangt und sendet damit ein falsches Signal. Die Richter haben in dem Fall nämlich festgestellt, dass die widerrechtliche gewerbliche Nutzung von Bildern gerade einmal 100 Euro wert ist.

Was war passiert?

Der Kläger hat ein Bild von einem Auto auf einer Veranstaltung geschossen und dieses dann bei Facebook zur Schau gestellt. Der Beklagte nahm dieses Bild, bearbeitete es, versah es mit Schriftzügen und nutzte es für Eigenwerbung. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, nannte er den Fotografen nicht einmal als Urheber. Der Fotograf wollte 450 Euro Schadensersatz zuzüglich weiterer 450 Euro für das Verschweigen der Urheberschaft. Bekommen hat er jeweils 100 Euro (wir berichteten). Begründet hat der BGH diese Entscheidung damit, dass die Leistung eines Hobby-Fotografen nicht mit der eines Profis vergleichbar sei. Dafür führen die Richter verschiedene Indizien an.

Indiz 1: Auto wurde gar nicht in Szene gesetzt

Stimmt. Gegenfrage: Hätte es ein beruflich tätiger Fotograf anders gemacht?

Antwort: Eher nein. Das Foto wurde nämlich auf einer Veranstaltung geschossen. Im Bereich der Eventfotografie haben Fotografen oftmals keine andere Wahl, als ein Motiv nur von einem bestimmten Standort aus aufzunehmen. Auf solchen Veranstaltungen laufen nämlich auch noch andere Besucher herum und die Auswahl an freien Plätzchen, von denen aus man ein Foto machen kann, ist deutlich begrenzt. Sofern Profi-Fotografen also nicht auch Zauberkünstler sind, die im Weg stehende Dinge weghexen können, um den optimalen Blickwinkel aufs Motiv zu gewinnen...

Indiz 2: Bild musste zurecht geschnitten werden

Der Beklagte musste das Bild noch zurecht schneiden, um es zu verwenden, weil das Motiv durch die Umgebung „gestört” war, heißt es. Also mal ganz davon abgesehen, dass die Bearbeitung des Bildes für sich genommen schon ein Urheberrechtsverstoß ist, ändert sie nichts daran, dass am Ende zumindest ein Teil des Bildes widerrechtlich verwendet wurde. Dass das Bild, wie es ursprünglich geschossen wurde, nicht für die vom Beklagten zugedachte Verwendung geeignet war, ist im Übrigen ganz klar: Es war nämlich nicht für diese Verwendung gedacht.

Indiz 3: Keine kompositorische Inszenierung 

Achtung, Ironie: Ja, klar. Wer kennt sie nicht, diese professionellen Fotografen auf Veranstaltungen, die erst einmal ihr eigenes Studio um ein Objekt herum aufbauen?

Indiz 4: Keine Bearbeitung durch den Kläger

Hier gehen die Richter von einer falschen Voraussetzung aus, und zwar der, dass beruflich tätige Fotografen ihre Bilder immer nachbearbeiten und das wahrscheinlich auch noch aufwändig. Sicherlich ist es so, dass gerade im Bereich der Produktfotografie nach dem Betätigen des Auslösers eine Menge Arbeit in die Bearbeitung gesteckt wird. Das ist aber nicht immer so: Es soll Fotografen geben, denen es gelingt, ein Foto so zu schießen, dass es ohne Bearbeitung für den zugedachten Zweck genutzt werden kann. Sind diese Leistungen dann auch nur unter einem Schnappschuss zu verbuchen?

Fazit: Falsches Signal zum Wert von Bildern

Der Bundesgerichtshof hat hier versucht, die Leistung eines Fotografen herabzuwürdigen, in dem er dargestellt hat, was Hobby-Fotografen im Vergleich zu professionellen Fotografen alles nicht tun. Sicherlich ist die Argumentation teilweise nachvollziehbar, sendet im Ergebnis aber ein falsches Signal. Es ist gerade bei Bildern, Fotos und Texten nur schwer einzuschätzen, welchen Wert sie haben. Dabei einen großen Unterschied zwischen gewerblichen und hobbymäßigen Künstlern zu machen, ist dennoch falsch. Besonders bei diesem Fall kommt man am Ende nämlich zu folgendem Ergebnis: Obwohl das Foto „nur” von einem Hobby-Fotografen gemacht wurde, war es am Ende gut genug, um als Werbung genutzt zu werden. Besonders ärgerlich ist an dieser Stelle, dass der Beklagte sogar noch Geld gespart hat. Das Bild zu klauen war nämlich um einiges günstiger, als einen Fotografen zu beauftragen oder sich eine Lizenz für ein Bild zu erwerben.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 Roland Baer 2019-01-23 15:59
stimme ich diesmal dem BGH zu.
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