Zur Rechtslage: So steht es um Vertriebsbeschränkungen ab 2013 durch Markenhersteller

Veröffentlicht: 06.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 08.03.2013

Der Trend von Marken- und Luxusartikelherstellern geht dahin, bestimmten Händlern den Verkauf ihrer Artikel verbieten zu wollen. Sie sehen ihr Geschäftsmodell vor allem durch Händler-Rabatte und angebliche "Verramschung" in Discountern und Co. bedroht. Bei diesem Verhalten spricht der Fachmann von einer sogenannten vertikalen Vertriebsbeschränkung.

Vertriebsbestimmungen von Marken- und LuxusartikelherstellernOnlinehändlerNews erklärt, was das ist und warum auch Online-Händler in Zukunft immer härter von diesen Beschränkungen betroffen sein werden.

Vertikale Vertriebsbeschränkungen

Um Verständnis für den Sinn von vertikalen Vertriebsbeschränkungen zu erlangen, bedarf es zunächst der Erklärung von sogenannten vertikalen Vereinbarungen. Vertikale Vereinbarungen sind Liefer- und Vertriebsvereinbarungen zwischen Unternehmern, die auf verschiedenen Niveaus der Vertriebs- und Produktionskette stehen. Typisches Beispiel für vertikale Vereinbarungen sind solche zwischen Herstellern/Lieferanten und Händlern.

Solche Vereinbarungen können verschiedenartig sein. Zur populärsten und weitreichendsten dürfte die Vertriebsbeschränkung zählen.

Von einer Vertriebsbeschränkung spricht man, wenn ein Hersteller es Händlern verbietet, ihre Ware anzubieten bzw. die Art und Weise des Verkaufs vorschreibt. Wenn der Hersteller z.B. nur bestimmten Händlern den Verkauf ihrer Produkte gestattet, beruft er sich auf das sog. selektive Vertriebssystem. Hierbei werden für den Vertrieb bestimmte Merkmale festgelegt, anhand derer die Hersteller/Lieferanten belieferte Händler auswählen. Das ist so lange (kartellrechtlich) zulässig, soweit dies der Sicherung der Qualitätsstandards und des Markenimages dient.

Amazon, eBay und Co. bald streifenfrei

Von den sogenannten vertikalen Vertriebsbeschränkungen sind in der Vergangenheit immer häufiger auch Online-Händler betroffen. Jüngst veröffentlichte beispielsweise der Sportartikelhersteller ADIDAS seine neuen "E-Commerce-Bedingungen für AIDIDAS Group Erzeugnisse". Nach denen soll es künftig, spätestens aber nach der Übergangsfrist zum 01.Januar 2013, offenen Plattformen wie eBay und Amazon verboten werden, Artikel der Marke ADIDAS sowie Reebok zum Verkauf anzubieten. Geplant ist das vorerst europaweit, angestrebt ist eine weltweite Umsetzung der neuen Internet-Vertriebsstrategie von ADIDAS.

Begründet wird die Entscheidung des Konzerns damit, dass die Plattformen eine angemessene markenfreundliche Produktpräsentation nicht gewährleisten können. Online-Verkäufe seiner Artikel sollen nur noch über von ADIDAS genehmigte Websites möglich sein. Gestärkt werden sollen damit die eigenen Handelspartner Intersport, Sport Schuster und Sport Check – eine typische vertikale Vertriebsbeschränkung also.

Zur Zulässigkeit von solchen vertikalen Vertriebsbeschränkungen

Rechtslage bislang unklar

Zur Zulässigkeit von vertikalen Vertriebsbeschränkungen gegenüber Online-Händlern gibt es derzeit leider keine Rechtsklarheit. 2007 hat das LG Berlin (Az.: 16 O 729/07) zugunsten der Online-Händler auf eBay entschieden. Hier wollte der Schulranzenhersteller "Scout" den Verkauf seiner Waren auf der Auktionsplattform wegen eines angeblichen Imageschadens durch den dortigen Billigvertrieb gerichtlich verbieten lassen. Das Gericht hat dem jedoch nicht zugestimmt, die Online-Händler dürfen die Ranzen weiterhin auf eBay verkaufen.

Bereits zwei Jahre später entschied das OLG München 2009 (Az.: U (K) 4842/08 ) in einer ähnlich gelagerten Sache völlig anders: Hier bekam der Sportartikelhersteller Amer Sports Corporation recht.

Allerdings hat auch schon der EuGH zum Thema Stellung bezogen und in seinem Urteil vom 13.10.2011 (Az.: C 439/09-Pierre Fabre Dermo-Cosmétique) klargestellt, dass Vertriebsbeschränkungen bzgl. des Vertriebs im Internet nur in Ausnahmefällen und unter strenger Auslegung der einschlägigen Bestimmungen zulässig sind.

Kartellrechtliche Vorgaben für vertikale Vertriebsbeschränkungen

Das Kartellrecht setzt Herstellern und Lieferanten Grenzen bei Vertriebsbeschränkungen. Andernfalls wäre es möglich, kleine und mittelständische Händler durch Vertriebsverbote in den Ruin zu treiben.

EU-kartellrechtlich ist jede spürbare Wettbewerbsbeschränkung gem. Art. 101 Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) ( verboten. Genaue Bestimmungen über die praktische Anwendung des Art. 101 Absatz 3 AEUV finden sich in der Gruppenfreistellungsverordnung Vert-GVO.

Die Voraussetzung für eine zulässige Beschränkung setzt demnach einerseits einen maximalen Marktanteil der beteiligten Unternehmen von 30% voraus, zum anderen darf keine schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung vorliegen (sogenannte Kernbeschränkung). Wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, muss der Hersteller beweisen, dass es im konkreten Fall zu keiner Wettbewerbsbeschränkung führt bzw. diese aus Effizienzgründen gerechtfertigt ist. Bei Kernbeschränkungen wie "Preisbindung der zweiten Hand" (=Beschränkung bzgl. Konditionen des Verkaufs durch Händler) oder die Befähigung des Händlers ist die Zulässigkeit in der Regel schwer zu erreichen. Das betrifft auch den Vertrieb über das Internet. Allerdings kann eben auch hier der Hersteller eine Ausnahme beweisen, indem er erläutert, dass die Beschränkung zugunsten der Verbraucher der Qualitätssicherung dient.

Fazit

Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Derzeit prüft das Bundeskartellamt verschiedene Vertriebsbeschränkungen bzgl. offener Plattformen wie eBay und Co., da z.B. auch der Sportartikelhersteller Asics seine Produkte hier verbieten lassen möchte.

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