Kartellrecht: Was Sie bei Vereinbarungen mit Wettbewerbern beachten müssen

Veröffentlicht: 06.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 19.07.2022

Unternehmen genießen grundsätzlich unternehmerische Handlungsfreiheit. Dabei ist entgegen der allgemeinen Wahrnehmung auch eine Zusammenarbeit von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen unter bestimmten Bedingungen unbedenklich. Aber Achtung: Hierbei gibt es kartellrechtlich Einiges zu beachten.

Bild mit Justizia zum Thema KartellrechtHorizontale Vereinbarungen

Die Zusammenarbeit, also Kooperationsvereinbarungen zwischen Wettbewerbern nennt man horizontale Vereinbarungen. Horizontal, da die Wettbewerber auf derselben Stufe der Wertschöpfungskette stehen (über vertikale Vereinbarungen haben wir kürzlich berichtet).

Die Kooperation von Unternehmen kann unterschiedlichste Formen annehmen, so z.B. bezüglich der Produktion, Vermarktung und Forschung bzw. Entwicklung. Ziel dabei kann z.B. sein, den eigenen Wettbewerb zu erhöhen, aber auch einen Synergieeffekt zu erzielen. Vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen können von horizontalen Vereinbarungen mit ihren zum Teil marktstärkeren Wettbewerbern profitieren, indem sie so die Größen- und Verbundvorteile nutzen, und das ohne ihre Eigenständigkeit und Flexibilität einzubüßen.

Doch diese Handlungsfreiheit der Unternehmen hat ihre Grenzen. Kartellrechtliche Verstöße gehören zur Standardberichterstattung der alltäglichen Nachrichtenwelt, so z.B. immer wieder in der Energiebranche durch (angebliche) Preisabsprachen zwischen großen Energiekonzernen.

Wann spricht man von einem Kartellrechtsverstoß?

Das Kartellrecht verbietet gem. § 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschänkungen (GWB) sämtliche Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.

Kriterium für grundsätzlich erlaubte Verhaltensweisen ist also, dass sie den Wettbewerb nicht beschränken. Allerdings ist es möglich, von diesem Verbot freigestellt zu sein.

Freistellung vom Kartellverbot

Die Voraussetzungen für eine Freistellung vom Kartellverbot sind auf der nationalen Ebene in § 2 GWB geregelt. Auf europäischer Ebene sind die Freistellungsvoraussetzungen in Art. 101 Absatz 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) () zu finden.

Dabei muss grundsätzlich zwischen zwei Formen von Kartellverstößen unterschieden werden: den unbedenklichen, also freigestellten Verstößen und den bedenklichen, also verbotenen Verstößen.

Unbedenkliche Verstöße

Unbedenklich sind Kartellverstöße, wenn die Kooperation der beteiligten Unternehmen die Herbeiführung von auch für Verbraucher profitablen Vorteilen zum Ziel hat („Verbrauchervorteil“).
Auch sogenannte Bagatellkartelle, das heißt Vereinbarungen zwischen Unternehmen des Mittelstands, werden kartellrechtlich nicht geahndet. Hierbei gilt ein Marktanteil von gemeinsam unter 5% als Kriterium für die Zuordnung zu den Bagatellkartellen.
Zusammenfassend sind Kartelle unbedenklich, wenn ihre Vereinbarungen entweder nicht gegen das Kartellverbot verstoßen, also die Marktverhältnisse nicht spürbar beeinflussen, oder aber von der Kartellbehörde freigestellt sind.

Achtung: Es besteht kein grundsätzlicher Anspruch auf die Freistellung einer Vereinbarung durch das Bundeskartellamt!

Die allgemeinen Freistellungsvoraussetzungen sind Transparenz, Verbrauchervorteil, keine Marktabschottung und keine Einschränkung der Innovation.

Bedenkliche Verstöße

Vor allem eindeutige Fälle wie Preisabsprachen und die Marktaufteilung sind bedenkliche Kartellrechtsverstöße und werden von den Kartellämtern geahndet. Uneindeutige Fälle müssen in der Einzelfallbetrachtung an den Kriterien Wettbewerbsbedingungen und Marktauswirkungen der betreffenden Maßnahme gemessen werden. In der Vergangenheit wurde so z.B. ein Kartell von Herstellern von Selbstdurchschreibpapier für unzulässige Vereinbarungen zu hohen Geldstrafen verurteilt. Sie hatten geheime Absprachen über die Preise der Papiere getroffen und damit gegen das Kartellverbot des Art. 101 AEUV verstoßen.

Fazit: Selbsteinschätzung durch Prüfung der horizontalen Vereinbarungen wichtig

Das Kartellrecht ist vor allem dann für Online-Händler von Bedeutung, wenn sie Kooperationen mit anderen Händlern eingehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte sich mit dem Kartellrecht auseinandergesetzt werden, da Unternehmen selbst ihre Vereinbarungen auf kartellrechtliche Konformität überprüfen müssen. Bei durch die Kartellämter geahndeten Verstößen drohen empfindliche Bußgelder – zum Teil im mehrstelligen Millionenbereich.

Als Hilfe für die Prüfung von Kooperationen veröffentlichte die Kommission Anfang 2011 die Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit („Horizontallleitlinien“). Das Dokument erleichtert Unternehmen mit ausführlichen Erläuterungen die Selbsteinschätzung ihrer horizontalen Vereinbarungen.

Achtung: Die Horizontalleitlinien binden lediglich das Ermessen der EU-Kommission. Es besteht gegenüber nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichten keine Verbindlichkeit. Die Leitlinien dienen ihnen jedoch zur Orientierung.

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