Das Verbot der irreführenden Werbung - Teil 2

Veröffentlicht: 26.06.2013 | Geschrieben von: Christian Barz | Letzte Aktualisierung: 26.06.2013

Von „reinem Kaffee“ bis zu „Bio“ - Begriffliche Stolperfallen in der Werbung

Die Präsentation von Waren und Dienstleistungen erfordert häufig kreative Formen der Vermarktung. Jedoch verstößt diese häufig gegen das Verbot der irreführenden Werbung. Wir stellen Ihnen an dieser Stelle einige dieser rechtlichen Stolperfallen vor.

Gesetz

Werbung stellt für die meisten Online-Händler einen wesentlichen Bestandteil Ihres Geschäftsfeldes dar. Um Waren und Dienstleistungen zu präsentieren und bekannt zu machen, werden häufig kreative Werbemaßnahmen und Slogans verwendet. Doch nicht alle von diesen sind erlaubt. Sehr oft wird daher - zum Teil auch unbewusst - gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstoßen. Teil 2 der Beitragsreihe über das Verbot der irreführenden Werbung soll Ihnen daher einen kleinen Überblick hinsichtlich einzelner relevanter Aspekte vermitteln.

Auf die richtige Beschreibung kommt es an!

In vielerlei Hinsicht muss der Unternehmer die angebotenen Waren zutreffend beschreiben. Dies gilt auch für die Angaben zur sog. stofflichen Beschaffenheit eines Produkts. Denn diese Angaben sind für den Verkehr von großer Bedeutung, da anhand der Auskunft über die stoffliche Substanz eines Produkts Rückschlüsse auf bestimmte Eigenschaften oder Wirkungen gezogen werden können, die auch deren Güte beeinflussen können. Die Information über die stoffliche Beschaffenheit einer Ware kann daher einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung des Kunden haben. Beschreibt der Unternehmer seine Produkte daher im Hinblick auf deren stoffliche Substanz nicht wahrheitsgemäß, so stellt dies einen Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung dar.

Seide ist nicht gleich Seide

Im Bereich der Textilien ist die Bezeichnung „Seide“ für Produkte aus Kunstseide sowie die Bezeichnung „Leinen“ für Waren aus Halbleinen ein Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung.

Werden Möbel, die tatsächlich nur mit einer Kunststofffolie überzogen sind, mit den Bezeichnungen „Buche Dekor“ oder „Kirschbaum Dekor“ angepriesen, so stellt dies eine Irreführung über die stoffliche Substanz dar.

Nicht erlaubt ist auch eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten. So stellt die Bezeichnung eines Kaffees als „reiner Kaffee“ einen Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung dar, weil es sich hierbei um eine Werbung mit einer Selbstverständlichkeit handelt, da sich diese Eigenschaft bereits aus dem Reinheitsgebot des § 3 Nr. 2 KaffeeV ergibt.

Die Qualität ist entscheidend

Die Eigenschaften und die Güte einer Ware bestimmen maßgeblich die Wertschätzung eines Produkts. Wird der Kunde über derlei Informationen getäuscht, so erfüllt dies den Tatbestand der irreführenden Werbung. Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Überprüfbarkeit von Qualitätsangaben, da der Übergang zu nur wenig aussagekräftigen Anpreisungen nahezu fließend ist. Es muss daher zwischen den Angaben unterschieden werden, die nur auf subjektiver Basis beruhen und denen, die objektiv nachprüfbar sind.

„Bio“ ist nicht immer „Bio“

Wird ein Produkt als „Spitzenerzeugnis“ beworben, so muss es in der Gattung dieser Waren tatsächlich in der Spitzengruppe vertreten sein. Ebenso kann ein Produkt nur dann als „Weltmarke“ bezeichnet werden, wenn dieses tatsächlich auf zahlreichen europäischen und außereuropäischen Märkten verkauft wird.

Der Zusatz „Bio“ kann in jedem Fall zulässigerweise für pflanzliche Lebensmittel verwendet werden, wenn das jeweilige Produkt nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus gewonnen wurde. Es kann für die Verwendung der Bezeichnungen „bio-“ oder „biologisch“ jedoch bei anderen Lebensmitteln schon ausreichend sein, wenn diese lediglich frei von Rückständen und Schadstoffen sind. Im Zusammenhang mit Gebrauchsgegenständen stellt die Verwendung der Bezeichnung „bio-“ dann zumindest keinen Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung dar, wenn von der Ware keine Gesundheitsgefahren ausgehen und sie aus natürlichen Stoffen hergestellt wurde.

Auch Domainnamen können in Einzelfällen der irreführenden Werbung zuzuordnen sein, wenn mit dieser eine Alleinstellungsbehauptung verbunden ist. Eine solche wurde beispielsweise bei der Domain „www.tauchschule-dortmund.de“ oder „www.DerProzeßfinanzierer.de“ festgestellt. Problematisch erscheinen in diesem Zusammenhang häufig Gattungsbegriffe als Domainnamen, obwohl diese von den Gerichten zum Teil auch als zulässig erachtet werden, wie etwa bei den Internetauftritten von „www.drogerie.de“, „www.autovermietung.com“ oder „www.buecher.de“.

Was kann mein Produkt wirklich?

Ein Fall der irreführenden Werbung kann auch dann vorliegen, wenn eine Täuschung über die Zwecktauglichkeit und die Verwendungsmöglichkeit eines Produkts vorliegt. Gleiches gilt bei irreführenden Angaben hinsichtlich der Ergebnisse der Verwendung und in Bezug auf bestimmte Wirkungsaussagen. Diese Fallgruppe der irreführenden Werbung betrifft zum überwiegenden Teil Sachverhalte, welche der Gesundheits- und Lebensmittelwerbung entstammen.

Umwandlung von Fett in Energie? Das klappt nicht immer!

Hinsichtlich der Werbung für Produkte, die mit einem gesundheitsförderlichen Charakter beworben werden, wird die Irreführung selbiger bereits dann angenommen, wenn kein wissenschaftlicher Nachweis der Gesundheitsförderung erbracht werden kann.

Die Werbeaussage, dass die Funktion eines Mittel gegen Zellulitis auf der dritten von insgesamt drei Stufen „Umwandeln von Fett in Energie“ sei, stellt sich als ein Fall der irreführenden Werbung dar. Denn hierdurch wird fälschlicherweise der Eindruck hervorgerufen, dass der angesprochene Fettabbau mit Sicherheit zu erwarten sei.

Wird eine Armbanduhr mit der Aussage „30m wasserdicht“ beworben, so muss diese nicht lediglich eine Wassersäule von 30 Metern aushalten, sondern auch zum Tauchen in 30 Metern Tiefe geeignet sein, bei welchem aufgrund der Strömung und der Bewegung des Tauchers weitaus höhere Drücke auftreten können. Kann die Uhr dieses Kriterium nicht erfüllen, so stellt dies einen Fall der irreführenden Werbung dar.

Neu muss nicht immer besser sein

Die Form der Irreführung über die Art und Weise der Herstellung bezieht sich im Wesentlichen auf das Herstellungsverfahren und den Herstellungszeitpunkt. So können etwa bei bestimmten Produkten wie Whiskey oder Wein ältere Herstellungszeitpunkte einen wertsteigernden Charakter besitzen. Bei anderen Waren wie Fahrzeugen oder Haushaltsgegenständen ist meist ein jüngeres Herstellungsdatum gewünscht. Hinsichtlich der Herstellungsart liegt häufig dann eine irreführende Werbung vor, wenn für industriell oder fabrikmäßig gefertigte Produkte die Bezeichnung „Handwerk“ oder „handwerklich“ verwendet wird.

Eine Fabrik ist kein Gutshof

Eine besondere Rolle spielt die Alterswerbung beim Verkauf von Antiquitäten, da bei diesen das Alter einen wertsteigernden Charakter haben kann. Mit der Bezeichnung „Antiquität“ darf daher grundsätzlich erst ab einem Mindestalter von 100 Jahren geworben werden.

Wird ein Arzneimittel, dessen Inhaltsstoffe gleich geblieben sind und bei dem sich nur der Name geändert hat, mit „neu“ beworben, so liegt ebenfalls ein Fall der irreführenden Werbung vor, da aus medizinisch-pharmakologischer Sicht keine Neuerung gegeben ist.

Auch die Werbung mit dem Slogan „Gutes vom Gutshof“ bei Dosengerichten, die fabrikmäßig hergestellt wurden, ist in diesem Zusammenhang nicht zulässig.

Fazit zu den Beispielsfällen der irreführenden Werbung

Werbung für Waren und Dienstleistungen kann aus vielerlei Gründen einen Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung darstellen. Zumeist beruhen diese Verstöße auf Täuschungen, welche den Kunden zu einer positiven Kaufentscheidung bewegen sollen. In zahlreichen anderen Fällen kann aber auch deshalb von einer irreführenden Werbung gesprochen werden, weil etwa fahrlässig Begriffe wie „bio“ unberechtigt verwendet werden. Um solche Verstöße gegen das Verbot der irreführenden Werbung zu vermeiden, sollte daher in Grenzfällen und bei Unsicherheiten ein Anwalt zu Rate gezogen werden.

 

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