E-Zigaretten: Konsum und Handel verboten oder erlaubt?

Veröffentlicht: 06.03.2013 | Geschrieben von: Redaktion | Letzte Aktualisierung: 12.01.2016

Der deutsche Online-Handel mit sogenannten E-Zigaretten - also elektrischen Geräten, mit welchen nikotinhaltige, aber auch nikotinfreie Flüssigkeiten („Liquids“) zur Inhalation verdampft werden können - boomt derzeit. Allerdings besteht sowohl bei Online-Händlern als auch bei Kunden eine große Verunsicherung, ob Handel und Konsum überhaupt erlaubt sind und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen.

 

Bisher sind nur die folgenden Punkte als gesicherte Erkenntnisse anzusehen:

  •  Die E- Zigaretten sind als Elektrogeräte nach dem ElektroG zu registrieren – primär vom Hersteller, wenn dieser dies unterlässt, dann vom „Vertreiber“, also vom Händler.
  • Wenn die Produkte/Liquids nach Gewicht oder Volumen angeboten werden, ist in unmittelbarer  Nähe der Endpreise auch der Grundpreis anzugeben. Zur korrekten Grundpreisangabe sehen Sie bitte die weiterführenden Hinweisblätter.
  • Der Verkauf von E-Zigaretten bei eBay ist nicht zulässig. Der Verkauf über Amazon ist nicht zulässig, wenn die Produkte rechtlich als Arzneimittel einzustufen sind.

Die rechtliche Einordung der E-Zigarette ist jedoch nach wie vor nicht einheitlich geklärt. Und von dieser rechtlichen Einordnung hängt entscheidend ab, ob der Konsum/die Abgabe/die Einfuhr/der Handel etc. speziell reglementiert bzw. sogar verboten sind.

Die E-Zigarette, welche nikotinhaltige Liquids verdampft, kann eingeordnet werden

  • als Tabakprodukt oder
  • als Medizinprodukt oder
  • als Arzneimittel oder
  • als Genussmittel.

Es würden jeweils unterschiedliche rechtliche Vorschriften aus unterschiedlichsten Bundes- bzw. Landesgesetzes gelten (z.B. Medizinproduktegesetz, Arzneimittelgesetz, Jugendschutzgesetz, einzelne Nichtraucherschutzgesetze der Bundesländer).

1. E-Zigarette als Arzneimittel

Wenn Produkte wie E-Zigaretten bzw. die nikotinhaltigen Liquids rechtlich als Fertigarzneimittel einzustufen sind, dann besteht in Deutschland gemäß § 21 des Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) die Pflicht, die Produkte vor dem Inverkehrbringen durch die zuständige Bundesoberbehörde zuzulassen.

Welche Stoffe und Zubereitungen als sog. Fertigarzneimittel gelten, regeln die §§ 2, 4 AMG.

§ 2AMG:
„...Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind...“

§ 4 AMG:
„...Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden...“

Dass es sich bei Produkten wie E-Zigaretten bzw. den nikotinhaltigen Liquids um zulassungsbedürftige Arzneimittel handelt, wird derzeit z. B. vom Ministerium für Gesundheit, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) vertreten.

 Die zuständige Ministerin Steffens hierzu unter:

„...Verboten sind der Handel und die Abgabe von nicht zugelassenen nikotinhaltigen Liquids an Verbraucherinnen und Verbraucher. Nikotinhaltige Liquids fallen nach Auffassung des Landesgesundheitsministeriums unter das Bundesarzneimittelgesetz und sind deshalb zulassungspflichtig. Eine Zulassung existiert aber nicht...“

Laut dem Gesundheitsministerium NRW sollen die Behörden vor Ort, also die Aufsichten der Bezirksregierungen, Kreise und kreisfreien Städte für die Durchsetzung des Verbotes zuständig sein.

Nach Aussage des Gesundheitsministerium NRW existiert auch bereits eine bundesweite Einstufung des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit dem Inhalt, dass es sich bei den Produkten um Arzneimittel handelt:

 „...Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat bereits im Juli 2009 eine nikotinhaltige E-Zigarette mit bundesweiter Verbindlichkeit als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel eingestuft...“

Dieser Bericht vom Juli 2009 ist auf den Seiten des BfArM , aber unseres Wissens nach, nicht öffentlich einzusehen. Einsehbar ist dort lediglich ein Bericht vom 13.01.2009, in welchem die E-Zigarette erwähnt wird, aber noch keine rechtliche Einstufung erfährt. Dort heißt es auszugsweise:

„...Das BfArM erreichten in den letzten Monaten mehrfach Anfragen, ob die E-Zigaretten als Arzneimittel einzustufen sind und ob es zugelassene Produkte zur inhalativen Anwendung gibt. Dabei ist die Anwendung des Nicorette inhaler deutlich von dem Gebrauch einer E-Zigarette abzugrenzen. Für den Nicorette inhaler wurden Wirksamkeit und Sicherheit im Rahmen einer Raucher-Entwöhnungsbehandlung belegt. Die Freistellung von der Verschreibungspflicht erfolgte bereits 2002. Die E- Zigarette wird derzeit als Genussmittel vertrieben. Die Abgrenzungsfrage, ob dies zulässig ist, liegt nicht im Verantwortungsbereich des BfArM...“

Das BfArM hat sich über einen Sprecher laut einem Bericht der Ärzte Zeitung.de vom 16.12.2011 zum Thema weiter wie folgt geäußert:

„...Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn hieß es, bei der Beurteilung der E-Zigaretten gebe es derzeit keine Grundsatzentscheidung.Dem BfArM liegen mehrere Anträge von Landesbehörden vor, in denen es um die Überprüfung einzelner E-Zigaretten-Produkte geht. In einem ersten Fall sei eine E-Zigarette als zulassungspflichtiges Arzneimittel eingestuft worden, sagte BfArM-Sprecher Maik Pommer. Dieses Produkt sei in Deutschland aber bisher nicht in den Verkehr gebracht worden. Jedes Liquid müsse im Einzelfall geprüft werden. Pommer erklärte: "Bei der E-Zigarette wird Nikotin verdampft - und Nikotin wirkt pharmakologisch. Da liegt zunächst die Vermutung nahe, dass es sich um ein Arzneimittel handelt. Aber um das zu ermitteln, bedarf es immer einer sorgfältigen Einzelfallentscheidung." Zu den Prüfkriterien gehört, wie hoch der Nikotinanteil ist oder welche Substanzen noch inhaliert werden...“

Eine Einstufung der Produkte als zulassungspflichtige Arzneimittel befürworten bzw. vertreten wohl auch die Länder Bayern, Thüringen und Bremen sowie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.

2. E-Zigarette als Medizinprodukt

Wenn die E-Zigaretten bzw. nikotinhaltigen Liquids rechtlich als Medizinprodukte im Sinne des Gesetzes über Medizinprodukte (MPG) eingestuft werden würden, dürften sie nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit der CE-Kennzeichnung versehen sind. Die CE-Kennzeichnung darf jedoch nur dann angebracht werden, wenn die Produkte das vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen haben und die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind.

Nach § 3 Nr. 1 MPG sind Medizinprodukte:

"...alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände ...., die ..... zum Zwecke

  1. der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
  2. der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
  3. der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
  4. der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann...“

Im europäischen Ausland, wie z.B. in Österreich, werden die E-Zigaretten zum Teil als Medizinprodukte eingestuft.

Würden die Medizinprodukte auch in Deutschland als Medizinprodukte eingestuft werden, müssten die Anforderungen für den Handel mit Medizinprodukten wie aus dem Hinweisblatt ersichtlich, beachtet werden. Ein Verkauf von Produkten, die kein Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben und entsprechend gekennzeichnet sind, wäre dann nicht mehr möglich.

3. E-Zigarette als Tabakprodukt

Eine rechtliche Einstufung als Tabakprodukt wird derzeit allenfalls von einer Mindermeinung befürwortet, da weder die E-Zigaretten noch die nikotinhaltigen Liquids Tabak enthalten und sie somit nicht ohne weiteres unter den gesetzlichen Begriff der „Tabakwaren“ fallen.

 4. E-Zigarette als Genussmittel

Sofern man der Ansicht ist, dass die E-Zigaretten bzw. die nikotinhaltigen Liquids rechtlich gesehen keine Tabakprodukte sind, da sie keinen Tabak enthalten, und auch keine Arzneimittel oder Medizinprodukte sind, da sie Krankheiten und Leiden nicht verhindern, heilen, lindern oder diagnostizieren helfen, verbleibt lediglich die Einstufung als Genussmittel. Es wäre dann am Gesetzgeber spezielle Regelungen zum Konsum und Handel mit diesen Produkten zu schaffen.

5. Nichtraucherschutzgesetze der Länder

Wirrwarr herrscht auch bei der Frage, in welchen Grenzen der Konsum erlaubt ist - derzeit scheiden sich an der Frage, ob auch das „Dampfen“ mittels E-Zigarette von den Nichtraucherschutzgesetzen der Länder erfasst wird, noch die Geister.

Laut dem Ministerium für Gesundheit, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) müssen sich die Konsumenten von E-Zigaretten an dieselben landesrechtlichen Vorschriften und Verbote halten wie die Raucher:

„....Das Bundesgesundheitsministerium hat vor kurzem klargestellt, dass im Bundesnichtraucherschutzgesetz ein allgemeines Rauchverbot geregelt wird ohne Unterscheidung bestimmter Produktgruppen wie Zigarren, Zigaretten oder E-Zigaretten. Dementsprechend ist auch in Nordrhein-Westfalen überall dort, wo ein gesetzliches Rauchverbot gilt, die Nutzung der E-Zigarette nicht zulässig....“

Entsprechend handhabt es z.B. auch die Stadt Köln:

„...Das nordrhein-westfälische Nichtraucherschutzgesetz hat zum Ziel, vor Gesundheitsgefahren durch das Rauchen zu schützen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist die Verwendung von E-Zigaretten keineswegs gesundheitlich unbedenklich. Damit finden die Bestimmungen des Nichtraucherschutzgesetzes auf diese elektrischen Zigaretten uneingeschränkt Anwendung, so Stadtdirektor Guido Kahlen...“

Laut einer Sprecherin des saarländischen Gesundheitsministeriums (im Bericht der Saarbrücker Zeitung vom 06.06.11)  fällt das „Dampfen“ hingegen nicht in den Anwendungsbereich des saarländischen Nichtraucherschutzgesetzes:

„...Beim Gebrauch der E-Zigarette handelt es sich um ein Inhalieren. Das Verdampfen von Lösungen zum Zwecke des Inhalierens fällt nicht unter das Nichtraucher-Schutzgesetz des Saarlandes....“

Ob der Konsum von Produkten wie E-Zigaretten bzw. nikotinhaltige Liquids reglementiert ist, hängt derzeit also maßgeblich davon ab, in welchem Bundesland der Konsument wohnt. Ob der Handel mit Produkten wie E-Zigaretten bzw. nikotinhaltige Liquids zulässig ist, hängt davon ab, in welchem Bundesland der Händler sitzt und in welche Bundesländer er die Waren verkauft bzw. abgibt.

Fazit:

Online-Händlern kann in Anbetracht der derzeit noch unübersichtlichen Rechtslage nur weiterhin empfohlen werden, sich bei den zuständigen Länderbehörden zu erkundigen, ob und wie in ihrem Zuständigkeitsbereich E-Zigaretten bzw. nikotinhaltige Liquids vertrieben werden dürfen, um die Verhängung eines Vertriebsverbot und/oder eines Bußgeldes zu vermeiden.

Kommentare  

#2 Nudel 2012-03-19 22:35
Besonders ärgerlich finde ich die Geschäftspoliti k der Firma Trusted Shops, die in ihren Ausnahmekatakog folgende Formulierung aufgenommen hat: "E-Zigare tten und Liquids, sofern nicht der Händler den Nachweis erbringt, dass diese frei verkäuflich sind" Mit einem solchen Vorgehen, werden Existenzen kleiner Händler gefährdet. Bei Rakuten hingegen, ebenfalls ein Trusted Shop Siegel führender Shop, werden weiterhin diese Produkte vertrieben. Ein "Siegelbetreibe r" klärt die Lage? Ich finde so ein Vorgehen unverantwortlic h.
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#1 Anke 2012-03-15 20:37
Genauso irrwitzig wie die Argumentationen unserer Befürworter für das Rauchverbot...b eweist sich auch die Argumentation unserer E-Zigaretten Gegner. Auch sollte unseren Gesetzgebern schon klar sein...welche.. .rechtliche Einstufung nun gilt! Aber einträglicher für die Staatskasse ist gewiss die willkürliche Vorgehensweise unserer Staatsgewalt, um "ebenso" ahnungslose Händler-die natürlich mehr wissen müssen, als zuständige Behörden...irge ndwie auf Verdacht zu belangen . Sicher werden hier großzügig wieder einmal Rechtsanwälte und Gerichte beschäftigt, um dem Händler über das "Arzneimittelge setz" als vorsätzlichen Strafttäter zu belangen...um.. .dem zu Folge dessen Umsätze einzukassieren. ..weil Gewinne aus solch "eindeutigem" Verstoss...als unrechtmäßiger Erwerb gilt. ...CLEVE R...
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