Wettbewerbszentrale warnt vor Bestellabbrecher-Mails

Veröffentlicht: 04.02.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 04.02.2015

Sucht man im Internet Worte wie „Bestellabbrecher“ oder „Warenkorb“ und „Erinnerung“ findet man zahllose Tipps und Tricks von Marketingexperten, wie man abgebrochene Käufe und verwaiste Warenkörbe in eine Bestellung umwandelt. Doch bei all diesen Tipps ist Vorsicht geboten, denn die rechtlichen Aspekte werden meist außer Acht gelassen. Auch die Wettbewerbszentrale hat das Phänomen „Bestellabbrecher-Mails“ längst bemerkt und warnt Online-Händler vor dieser Methode.

Schild Please come back
(Bildquelle Come back!: Happy Together via Shutterstock)

Bestellabbrecher: 15 Prozent springen während Zahlungsprozess ab

Viele Online-Händler können ein Lied davon singen: Kunden legen den virtuellen Warenkorb voller Artikel, jedoch wird nichts davon bestellt. In Zahlen belegt bedeutet dies, dass nahezu jeder siebte Kunde seine Online-Bestellung während des Zahlungsvorgangs abbricht, wie eine Studie des ECC Köln bestätigt.

Besonders verlockend scheint es in dieser Situation zu sein, den Bestellabbrecher und künftigen Kunden nach einem Kaufabbruch eine Mail zuzusenden und ihn mit Rabatten und weiteren Vorteilen doch noch zum Kauf zu bewegen. Wer den Shop einmal betreten und Ware in den Warenkorb gelegt hat, scheint immerhin nicht ganz abgeneigt von einem Kauf zu sein. Doch die E-Mail ist sowohl aus datenschutzrechtlicher als auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht als unzulässig zu bewerten.

Die Wettbewerbszentrale hat dieses rechtliche Problem aufgrund zahlreicher Verbraucher-Beschwerden zum Anlass genommen, Online-Händler vor der Versendung dieser sog. Bestellabbrecher-Mails zu warnen.

Unbestellt zugesendete E-Mail-Werbung

Auch eine Bestellabbrecher-Mail wird als E-Mail-Werbung einstuft, da sie einzig den werblichen Zweck hat, den Kunden in den Shop zurück zu holen, wo er im Anschluss im besten Falle eine Bestellung tätigt. Hat der Kunde seine E-Mail-Adresse im Rahmen des Registrierungsvorganges angegeben, bedeutet dies jedoch keinesfalls, dass dieser "einfach so" angeschrieben werden darf.

Ein Händler darf mit den vom Webseitenbesucher eingegebenen Kundendaten arbeiten, um bezüglich der abgeschlossenen Bestellung zu kommunizieren. Eine Bestellung bzw. ein Vertragsverhältnis liegen aber gerade nicht vor. Zudem hat die E-Mail nicht die Abwicklung eines Vertrags zum Gegenstand (z.B. Bestellbestätigung, Erfüllung der nachvertraglichen Informationspflichten), sondern einen reinen werblichen Hintergrund. Hier gilt vielmehr der Grundsatz der Zusendung von E-Mail-Werbung: Die eingegebenen Kundendaten dürfen nur dann für eine E-Mail-Werbung verwendet werden, wenn der potentielle Kunde bei Eingabe seiner Daten sein ausdrückliches Einverständnis erteilt hat.

Hat der Online-Händler keine Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung vom Kunden erhalten, liegt in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht ein Fall der unzulässigen und belästigenden E-Mail-Werbung vor. Die Wettbewerbszentrale führt dazu näher aus, dass der Verbraucher sich in solchen Fällen üblicherweise bewusst gegen eine Bestellung entscheidet und deshalb auch nicht an den Bestellabbruch erinnert werden möchte. Ihm steht es frei, ob er den Bestellvorgang erneut durchlaufen will.

Bestellabbrecher-Mails kein Fall der Direktwerbung

Ausnahmsweise ist die vorherige, ausdrücklich erteilte Einwilligung des Adressaten für den Erhalt von E-Mail-Werbung entbehrlich, wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse bereits erhalten hat (sog. Bestandskunden) und der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet. Diese Möglichkeit scheitert bereits daran, dass die Adressaten der Bestellabbrecher-Mails schon gar keine Bestands- sondern eben nur zukünftige Kunden sind.

Datenschutz problematisch

Auch in puncto Datenschutz können die Bestellabbrecher-Mails Ärger bringen, denn der Online-Händler, der in Besitz der E-Mail-Adresse ist, nutzt diese ohne Einwilligung. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten wie der E-Mail-Adresse sind nur zulässig, soweit eine gesetzliche Vorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. Mit der Eingabe der Daten beim Durchlaufen des Bestellvorgangs gibt der Kunde jedoch nicht automatisch eine Einwilligung in die Verarbeitung und Nutzung seiner Daten. Durch den Abbruch des Bestellvorgangs muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass keinerlei geschäftlichen oder anderweitigen Kontakt mit dem Unternehmen gewünscht werden, so die Wettbewerbszentrale. Die Zusendung späterer Bestellabbrecher-Mails ist daher auch datenschutzrechtlich mehr als bedenklich.

Tipp

Für Online-Händler ist es Alltag: Kunden legen den virtuellen Warenkorb voller Produkte – der Kauf wird aber nicht abgeschlossen. Dennoch sollten Online-Händler auf das Versenden derartiger Bestellabbrecher-Mails verzichten und lieber auf andere Maßnahmen setzten, damit der Kunde eine Bestellung beim ersten Besuch abschließt.

Laut der erwähnten ECC Köln-Studie wollen 55 Prozent den Einkauf im Warenkorb für einen späteren Zeitpunkt aufbewahren. 50 Prozent gaben an, ihr Einkaufswert sei nicht hoch genug gewesen, um einen freien Versand der Waren zu bekommen. Vielleicht haben Sie die Möglichkeit, diese Kunden mit einem niedrigeren Bestellwert für die kostenfreie Lieferung vom Kauf zu überzeugen?

Kommentare  

#1 Homero 2015-02-05 19:28
Wir versandten auch Abbruch-Emails,
das lassen wir jetzt nach.
Weit über 50 % aller Abbrecher sandten uns die Email mit einer Bestellung zurück.
Unser Text war ca.
"Sehr geehrte(r) Kundenname,
Ihr Bestellvorgang wurde nicht abgeschlossen, Sie hatten folgende Artikel im Warenkorb.
Wen Sie diese bestellen wollten bitte dies Email anfach mit dem Zusatz - Bestellen - an den Absender zurück.
Wenn Sie den Vorgang absichtlich nicht abgeschlossen haben, wären wir über eine Nachricht über den Grund sehr verbunden."
Die meisten sind also offenbar dankbar dafür.
Die schreiben nur nicht an die Wettbewerbszentrale.
Die meisten Gründe sind wohl, -Computer hatte sich aufhängt, Verbindung war unterbrochen, wollte noch mehr bestellen und hab es auf morgen verschoben, ich hab wohl den Kaufen-Button übersehen. (Da muss man sich aber schon Mühe geben ;) ),
Ganz, ganz selten kommt mal, "die Versandkosten waren mir zu hoch", meist Schweizer.
Und Abbrecher sind in der Regel keine Bestandskunden gewesen.
Tragisch, das gesetzliche Vorschriften echten Kunden-Service unterbinden.
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