Software-Verkauf: Entfernen einer Verpackung verletzt keine Markenrechte

Veröffentlicht: 24.07.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 01.07.2022

Über Online-Händlern von Markenwaren schwebt immer das Damoklesschwert der markenrechtlichen Abmahnung. Verändert man das Produkt, in dem man beispielsweise ein eigenes Design einbringt oder Veränderungen an der Verpackung vornimmt, kommt bereits eine Markenrechtsverletzung in Betracht.

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Der Erschöpfungsgrundsatz

Der Inhaber einer Marke darf einem Händler die Benutzung der Marke nicht untersagen, wenn die Ware unter dieser Marke von ihm im Inland, in einem EU-Staat oder in einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht worden ist, sog. Erschöpfungsgrundsatz. Zusammengefasst drückt dieser Grundstz aus, dass der Markeninhaber seine Rechte nicht unbeschränkt geltend machen kann, sie können "erschöpfen".

Die betroffene Markenware muss also zunächst innerhalb der EU oder im Gebiet der Nicht-EU-Mitglieder Island, Liechtenstein oder Norwegen an den jeweiligen Händler übergeben worden sein. Dem muss der Markeninhaber auch zugestimmt haben, sofern er nicht selbst die Ware vertreibt. Eine solche Zustimmung wird regelmäßig schon vorab vertraglich erteilt, indem ein bestimmter Händler eine Vertriebsberechtigung für das jeweilige Gebiet erhält.

Dieser oben angesprochene Erschöpfungsgrundsatz hat seinen Ursprung in der Wettbewerbspolitik: Der Markeninhaber soll den Vertrieb der von ihm hergestellten und einmal mit seiner Billigung in den Verkehr gebrachten Produkte nicht weiter behindern oder steuern können. Auf diese Art und Weise soll zum einen der Weitervertrieb der Neuwaren auf den weiteren Handelsstufen, zum anderen aber auch der Zweitmarkt für den Handel mit gebrauchten Produkten ermöglicht werden.

Was meint „Veränderung“ bzw. "Verschlechterung"?

Dieser Erschöpfungsgrundsatz soll jedoch nicht unbegrenzt gelten. Er findet keine Anwendung, wenn sich der Markeninhaber der Benutzung seiner Marke im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren "aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert" ist.

Der Veränderung oder der Verschlechterung der Ware selbst kann schon die Veränderung oder Verschlechterung ihrer Verpackung sein. Eine Veränderung ist also auch das völlige oder teilweise Entfernen einer Umverpackung sowie die Entfernung des Kartons.

Weitere Voraussetzung: „berechtigte Gründe“ des Markeninhabers

Eine Veränderung oder Verschlechterung einer Markenware führt aber nicht stets zu einer Markenrechtsverletzung, sondern nur dann, wenn davon eine Gefahr für den Ruf der Marke ausgeht. Das ist anzunehmen, wenn die Ware ohne Verpackung nicht mehr vorgeschriebene Kennzeichnungspflichten erfüllt oder durch den Weitervertrieb in veränderter Form das Prestige oder der Ruf der Marke beeinträchtigt wird. Für kosmetische Mittel liegt es auf der Hand, dass die Originalverpackung eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der Herkunftsfunktion oder Qualitätsfunktion der Marke spielen kann. Umgekehrt kann die Entfernung der Verpackung eines solchen Erzeugnisses dessen Image und den Ruf der Marke schädigen.

Ein Entfernen einer Softwareverpackung sollte jedenfalls in einem Urteil vom Landgericht Hamburg (Urteil vom 21.01.2015, Az.: 408 HKO 41/14) nicht zu einer Verletzung des Markenrechtes führen. Es konnte vor allem kein Nachweis erbracht werden, dass das Entfernen von Unterlagen in irgendeiner Weise Einfluss auf den Ruf der Marke oder die Funktionalität der Software gehabt hätte.

Hinzu kam, dass die Markeninhaberin ihre Software selbst nicht nur in Form einer Box, sondern auch im „abgespeckten" Umfang als CD-ROM bzw. lediglich zum Download anbot. Letztendlich scheiterte damit die markenrechtliche Abmahnung und der Weiterverkäufer bekam vor Gericht Recht.

Das Urteil zeigt, wie unterschiedlich die Fälle liegen können. Eine pauschale Faustregel gibt es leider nicht, nach welcher stets auch eine Markenrechtsverletzung vorliegt.

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