Mysterium Markenrecht: Wann und wie können Onlinehändler Markenprodukte bewerben II

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Peter Zahn | Letzte Aktualisierung: 01.07.2022

Zweiter Teil: Ersatzteile und Zubehör für Markenprodukte
In der vergangenen Woche haben wir im ersten Teil unserer Serie aufgezeigt, welche markenrechtlichen Rahmenbedingungen es bei der Bewerbung von Kombinationsprodukten und Set-Angeboten, die u.a. Markenprodukte beinhalten, zu beachten gilt. Diese Woche widmen wir uns den Ersatzteilen und dem Zubehör.

 „282 Ergebnisse gefunden für handysocke iphone“
 Dies ist das Resultat einer heute durchgeführten Suche mit den vorgenannten keywords bei ebay. Ob sämtliche angezeigten Angebote aus dem Hause Apple stammen oder zumindest  von dem Inhaber der Marke „iPhone“ lizenziert sind, lässt sich jedoch stark bezweifeln. Das Gros der aus der Suchergebnisübersicht ersichtlichen Artikelbezeichnungen hilft hier auch nicht weiter, wenn man dieser Frage nachgehen will. Da steht dann zum Beispiel „Apple iphone 3G Handysocke“. Entsprechende Gestaltungen sind keine Seltenheit. Auch nicht als Grund für Abmahnungen.

Der rechtliche Hintergrund:
Aus wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten ist es sinnvoll, den Herstellern von Zubehör oder Ersatzteilen für Markenprodukte einen gewissen Schutz vor den Markeninhabern zu gewähren. Diesen muss es erlaubt sein, diejenigen Waren konkret  zu benennen, für die ihre Waren bestimmt sind. Das Monopol, welches dem Markeninhaber bzgl. des zu seinen Gunsten geschützten Zeichens vom Staat gewährt wird, wird zur Erhaltung eines freien Wettbewerbs auf dem Markt für ergänzende Produkte wieder eingeschränkt. Aus diesem Grund hält das Markengesetz (MarkenG) mit seinem § 23 Nr. 3 eine Ausnahmevorschrift bereit. Diese lautet wie folgt:

Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr
...
3. die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist,
sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.“

Notwendigkeit der Bestimmungsangabe
Betrachtet man die oben beschriebenen Fälle nun im Lichte der Vorschrift des § 23 Nr. 3 MarkenG, kommt man zu dem Ergebnis, dass eine solche Bewerbung der Handysocken von Drittanbietern, die in keiner wirtschaftlichen Verbindung zum Markeninhaber Apple stehen, in der Regel unzulässig sein dürfte. Liest man den vorstehend wiedergegebenen Paragraphen des Markengesetzes bis zu dem Wort „benutzen“ sieht es zwar eigentlich ganz gut aus. Denn sofern man tatsächlich ein iPhone in die so angepriesene Handysocke stecken kann, klingt es danach, als wäre die Artikelbezeichnung aus markenrechtlicher Sicht in Ordnung. Denn mit dieser Aussage wird eine der möglichen Bestimmungen der Ware im Sinne des § 23 Nr. 3 MarkenG erläutert. Wohlgemerkt aber nur eine! Problematisch ist vorliegend nämlich die Tatsache, dass man jedes andere Handy/Smartphone mit nahezu identischen Maßen ebenfalls in die zumeist dehnbare Handysocke stecken können wird. Damit ist die Nennung der Marke „iPhone“ jedoch nicht notwendig. Denn notwendig bedeutet im Zusammenhang mit dieser Vorschrift eigentlich: alternativlos. Und mindestens eine Alternative gibt es in unserem Fall sehr wohl. Man könnte nämlich genauso gut auch allgemeiner zum Beispiel von „Smartphones“ sprechen und die entsprechend passenden Maße (ggf. mit einer von ... bis Angabe), welche die jeweiligen Smartphones haben dürfen, nennen.

Selbst wenn eine solche Benennung grundsätzlich alternativlos ist, kann jedoch die konkrete Form der Werbung an der Grenze der Notwendigkeit scheitern. Dies hat das Landgericht Düsseldorf (Aktenzeichen: 2a O32/06) für den Fall angenommen, dass ein Ersatzteilhändler die Marke des Hauptproduktes in seine Second-Level-Domain aufnimmt. Konkret ging es um die Domain „cat-ersatzteile.de“. Das Gericht sagt zwar ausdrücklich, dass die Verwendung der Marke „CAT“ im Internetauftritt zulässig gewesen wäre, weil die so beworbenen Ersatzteile tatsächlich nur für die Produkte dieser Marke passten. Eine Verwendung in der Domain ist jedoch unzulässig, weil hierdurch der – sofern dies nicht zutreffen sollte – unrichtige Eindruck einer besonderen vertraglichen Beziehung zwischen Markeninhaber und Händler entstehen kann.

Entgegenstehende Interessen des Markeninhabers
Doch selbst für den Fall, dass eine Bestimmungsangabe dem strengen Kriterium der Notwendigkeit tatsächlich genügen sollte, gibt es noch eine weitere Einschränkung für die Verwendung der Marke des Hauptproduktes: Man darf bei der Gestaltung des entsprechenden Hinweises den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderhandeln. Zur Verdeutlichung auch hier ein Beispiel: Ein Hersteller von Staubsaugerfiltertüten wurde wegen der Beschriftung einer solchen Tüte durch die Inhaberin der Marke „VORWERK“ auf Unterlassung verklagt. Der Hersteller hatte auf eine seiner von ihm hergestellten Staubsaugertüten u.a. den Schriftzug „Filtertüte passend für VORWERK KOBOLD 130“ aufgedruckt. Darüber war jedoch in deutlich größerem Schriftbild die eigene Marke des in Anspruch genommenen, bestehend aus dem Schriftzug "EURO“ „PLUS" zwischen denen eine Weltkugel und ein "®" abgebildet war, auf der Filtertüte zu sehen.

Quelle: BGH Entscheidung vom 20.01. 2005, Aktenzeichen:I ZR 34/02 – Staubsaugerfiltertüten, zu finden unter:www.bundesgerichtshof.de

Obgleich die Filtertüte tatsächlich nur für den angegebenen  Typ der Marke „VORWERK“ zu verwenden war, sah sich die Inhaberin der Marke „VORWERK“ in ihrem Markenrecht verletzt. Sie argumentierte, dass die konkrete Gestaltung der Filtertüte deren anderweitige Herkunft nicht hinreichend deutlich gemacht habe. Der Hersteller der Filtertüten hätte nach Ihrer Ansicht noch deutlicher darauf hinweisen müssen, dass nicht die Inhaberin der Marke „VORWERK“ die Filtertüten herstelle, sondern er. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: I ZR 34/02) erteilte dieser Ansicht jedoch eine Absage. Die Verwendung der eigenen Marke ist nach seiner Auffassung vielmehr gut dazu geeignet, darauf aufmerksam zu machen, dass die so gekennzeichnete Zubehörware eine andere Herkunft als die Hauptware hat.

Tatsächlich ist es daher wichtig, neben dem eindeutig als solchen erkennbaren Bestimmungshinweis auch den Hinweis anzubringen, wer der wirkliche Hersteller ist. Denn anderenfalls könnte der Vorwurf einer unlauteren Ausnutzung das Berufen auf die Ausnahme des § 23 Nr. 3 MarkenG  abschneiden. Um beim iPhone-Zubehör zu bleiben: Eine maßgeschneiderte Hülle für das iPhone dürfte man zwar auch als solche bezeichnen, wenn die Hülle tatsächlich für kein anderes Smartphone oder Handy passt. Dennoch wäre angesichts des Vorstehenden in diesem Fall die Artikelbezeichnung „Smartphone-Hülle für iphone“ nicht ausreichend. Es müsste vielmehr noch in der Artikelbezeichnung mindestens der Name des Herstellers genannt werden, um sich tatsächlich auf die Ausnahme berufen zu dürfen.

Fazit:
Gehen Sie bei der Bewerbung von Zubehör oder Ersatzteilen auf Nummer sicher und prüfen, ob die Verwendung der Marke des Hauptproduktes zum einen wirklich die einzige Möglichkeit ist, auf sämtliche  Verwendungsmöglichkeiten des Zusatzproduktes hinzuweisen. Verwenden Sie für den Fall, dass Sie dies tatsächlich bejahen sollten unbedingt Formulierungen wie „passend für“ oder „kompatibel mit“ und machen damit deutlich, dass es sich eben nicht um ein vom Markeninhaber selbst verantwortetes Produkt handelt. Geben Sie ferner unbedingt zumindest den Hersteller des Produktes an einer deutlich wahrnehmbaren Stelle an; ggf. auch weitere ergänzende Hinweise, mit denen Sie deutlich machen, dass dieser vom Markeninhaber verschieden ist und mit diesem auch nichts zu tun hat.

Sollten Sie zu diesem Thema Fragen haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung!

Kommentare  

#2 Redaktion 2016-11-30 14:14
Hallo Andre Krause,

wir raten - wie im Fazit erwähnt - nur zu Begriffen wie "passend für" oder "kompatibel", da sich diese in der Rechtsprechung durchgesetzt haben.

Viele Grüße!
Die Redaktion
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#1 Andre Krause 2016-11-29 23:17
Ich danke Ihnen Vorab für diesen Interessanten Artikel.
Würde ein Hinweis: "ähnlich wie Artikel X" ausreichen?
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