Wer sich vor Amazon stellt, bekommt es mit dem Buchhandel zu tun. Das erlebt gerade der kleine Berliner Seitenstraßen Verlag.

Ist Amazon doch nicht so böse wie oftmals behauptet wird? Ein kleiner Buchverlag aus Berlin, der Seitenstraßen Verlag, sorgt derzeit mit einem Blogeintrag für Diskussionen. Darin schildern die Geschäftsführer des Verlags ihre Erfahrungen als Verlag und haben durchaus Positives über Amazon zu berichten.

Amazon sei nicht schlechter, als die Konkurrenz

Üblicherweise hört man von Buchautoren und gerade kleinen Verlagen nicht unbedingt Positives über die Zusammenarbeit mit Amazon. So gingen zum Beispiel im August vergangenen Jahres bekannte Buchautoren wie Stephen King, John Grisham oder Suzanne Collins auf die Barrikaden. Sie warfen Amazon vor, für bessere Preiskonditionen in der Zusammenarbeit mit den Verlagen verschiedene Druckmittel einzusetzen. Wochenlang wurde zum Beispiel im vergangenen Jahr über den Streit zwischen dem Verlag Hachette und Amazon berichtet. Auch wir hatten das Thema ausführlich verfolgt.

 

Umso erstaunlicher, dass nun gerade ein kleiner Buchverlag über die positive Zusammenarbeit mit Amazon berichtet. In einem ausführlichen Blogeintrag schreiben Manuela Thieme und Chris Deutschländer zum Beispiel, dass man dank der Hilfe von Amazon mehr Bücher verkauft habe. Man hätte ohne Amazon bei Weitem nicht so viele Bücher verkauft wie mit Amazon, schreibt Chris Deutschländer. „Als kleiner Verlag können wir nach über zehn Jahren Vertragspraxis mit Amazon sagen: Uns ergeht es da nicht schlechter als im übrigen Buchhandel“, so die Geschäftsführer weiter.

 

Amazon würde dem Verlag die Möglichkeit der Präsenz bieten, was bei kleineren Buchhändlern nicht der Fall sei. „Amazon hat all unsere Bücher im Angebot und bestellt auf Lager, damit sie jederzeit lieferbar sind“, schreiben die Geschäftsführer.

Amazon sei aber auch kein Wohltäter

Ein weiteres Argument, dass aus Sicht des Berliner Seitenstraßen Verlag auch nicht gegen Amazon spricht: Zwar kassiere Amazon für jedes verkaufte Buch 50 Prozent des Preises, aber das würden auch die großen Zwischenhändler des stationären Buchhandels wie KNV, Libri und Umbreit tun. Die Kritik des Berliner Verlags richtet sich in diesem Fall nicht gegen Amazon, sondern gegen die Zwischenhändler. Diese behielten nämlich zu Unrecht 15 Prozent des Preises ein. „Sie tun oft nichts für das Buch bis auf den einen Anruf oder die eine Mail, um zu hinterlassen: Hier hat ein Leser verbindlich bestellt“, so die Kritik.

 

Mit denen im Blogeintrag beschriebenen Einstellungen, scheint der Berliner Seitenstraßen Verlag offenbar relativ allein dazustehen. Medienberichten zufolge, hätten bereits kleine Händler zum Boykott des Verlages aufgerufen. Doch davon lassen sich Chris Deutschländer und Manuela Thieme offenkundig nicht beeinflussen: „Dann müssen wir unsere Bücher eben künftig nur noch über Amazon verkaufen. Das ist auch nicht perfekt, aber wir würden es überleben.“