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Im bunten Wunderland von Amazon ist immer viel los. Ständig werden neue Produkte vorgestellt, Features gelauncht und fantastische Pläne geschmiedet. Doch das schillernde Bild, das der Online-Konzern nach außen repräsentiert, fängt an zu bröckeln. Der Börsenverein hat nun Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. Der Grund: Amazon soll hierzulande seine Marktmacht missbrauchen und auf andere Firmen erpresserisch eingewirkt haben.
Amazon ist der Erz-Konkurrent vieler Online-Händler – soviel ist bekannt. Doch auch gegenüber der Öffentlichkeit scheint sich das Bild langsam zu trüben, denn die rechtlichen Auseinandersetzungen häufen sich: So mussten sich kürzlich einige Subunternehmen von Amazon wegen tödlicher Unfälle in Logistikzentren verantworten. Und auch im Fall des Prime-„Test“-Buttons gab es einen herben Rückschlag für das Unternehmen von Jeff Bezos.
Börsenverein sieht Gefahr für alle Anbieter und Vertreiber
Das i-Tüpfelchen auf dem Berg rechtlicher Probleme dürfte nun eine Beschwerde sein, die der Börsenverein beim Bundeskartellamt eingelegt hat. Der Online-Gigant soll seit Anfang Mai die Lieferungen von Printausgaben aus dem Hause Bonnier verzögert haben. Ziel dieser Taktik sei es, Druck gegen die Verlagsgruppe aufzubauen und im Zuge von E-Book-Einkäufen höhere Rabatte zu erzielen (oder besser gesagt, zu erzwingen). In dieser Verhaltensweise sieht der Börsenverein eine Ausnutzung der Macht Amazons auf dem digitalen Buchmarkt.
„Amazon verstößt mit seinem erpresserischen Vorgehen gegenüber Verlagen gegen das Kartellrecht“, kommentiert Alexander Skipis vom Börsenverein. „Das Geschäftsgebaren Amazons hat nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Verlage, sondern stellt eine Gefahr für alle Anbieter und Vertreiber von E-Books in Deutschland dar. Wir fordern das Bundeskartellamt auf, seine Untersuchungen aufzunehmen und das Vorgehen von Amazon zu unterbinden.“
Laut einer ersten Prüfung des Falls durch Kartellrechtsanwälte liegt hier ein Missbrauch der Marktstellung „in besonders eindeutiger Weise“ vor: Amazon will im E-Book-Segment mithilfe der verzögerten Lieferungen der Printausgaben Rabatte von 40 bis 50 Prozent herausschlagen. Üblich sind hingegen lediglich rund 30 Prozent. Wie wir bereits berichteten, gab es bereits öffentliche Stellungnahmen diverser brancheninterner Parteien, die dem Über-Konkurrenten Erpressung vorwerfen. Der Börsenverein spricht von Mitteln, „die der Nötigung“ gleichkommen.
Börsenverein: Amazon nutzt überragende Marktmacht aus
Obwohl Amazon auf dem deutschen Nachfragemarkt für E-Books keine absolute Mehrheit für sich beanspruchen kann, so ist hier jedoch von einer „relativen Marktmacht“ bzw. einer „marktstarken Position“ auszugehen. Im Zuge dieser Definition sind nicht die eigentlichen Marktanteile ausschlaggebend, sondern der Fakt, dass verschiedene Teilnehmer des Marktes in bestimmter Weise eine Abhängigkeit von einem Unternehmen vorweisen.
Da Amazon eine schier übermächtige Stellung innehat, ist es Verlagen somit kaum möglich andere Absatzkanäle bzw. –portale zu nutzen, ohne dass erhebliche Wettbewerbsnachteile zu befürchten wären. Betrachtet man die Bedeutung des US-Riesen in Bezug auf gedruckte UND digitale Bücher, so geht der Verband der Versandbuchhändler von einem Marktanteil in Höhe von etwa 70 Prozent aus. Eine überragende und marktbeherrschende Stellung ist damit nicht zu verleugnen.
Der Börsenverein schlägt mit seiner Beschwerde einen rechtlichen Weg ein, der die Branche wahrscheinlich noch länger beschäftigen wird.
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