Kaum ein anderes Unternehmen hat den digitalen Handel so weit perfektioniert wie Amazon. Und das ist natürlich längst nicht alles: Auch hauseigene Hightech-Geräte, Streaming- und Clouddienste, eigene Marken und Kinofilme, Treueprogramme, weitere Plattformen oder Forschungseinrichtungen kann der Konzern sein Eigen nennen. Doch müde ist Amazon noch lange nicht. Die nächsten Ziele, die in Angriff genommen werden sollen, sind die eigenen vier Wände der Kunden und der stationäre Handel. Und das mit wehenden Fahnen.

(Bildquelle Amazon's front door: Robert Scoble via Flickr, keine Änderungen, bestimmte Rechte vorbehalten)

Dash – Amazons Vorstoß in den Haushalt

Deutsche Kunden durften Amazons Haushalt-Wunderwaffe nie in den eigenen Händen halten. Den Stick namens Amazon Dash hatte das Unternehmen vor einigen Monaten gelauncht, um Kunden den Einkauf alltäglicher Produkte zu erleichtern: Ob nun das Toilettenpapier alle ist, die Cornflakes zur Neige gehen oder noch Milch-Bedarf besteht – mit dem integrierten Mikrofon können die Nutzer ihre Wünsche einfach in den Stick sprechen oder den entsprechenden Barcode abscannen. Das jeweilige Produkt wird dann automatisch in den eigenen Amazon-Warenkorb gelegt, wo er dann auf die Bestellfreigabe des Nutzers wartet.

 

 

 

Dieses Konzept klingt, als könnte Amazon tatsächlich noch tiefer in die Welt seiner Kunden vordringen. Doch anscheinend fokussiert sich das Unternehmen vorerst nicht weiter auf den Stick, sodass auch eine baldige Deutschland-Einführung nicht als wahrscheinlich gilt.

Der Dash Haushalts-Stick ist out. Es lebe der digitale Knopf!

Vielmehr scheint das Unternehmen nun eine andere Variante der Haushaltshilfe zu testen: den Amazon Dash-Button. Dabei handelt es sich um einen echten Schalter-Knopf, der an ein bestimmtes Produkt gekoppelt ist – beispielsweise an Waschmittel. Da der Knopf darüber hinaus auch mit dem eigenen Amazon-Konto verbunden ist, kann der Kunde den Wunsch-Artikel mit nur einem Finger-Druck einfach nachbestellen, sobald sich das Produkt dem Ende neigt.

 

 

Amazon verweist darauf, dass der Knopf so klein ist, dass er schnell und einfach an jedem beliebigen Gerät oder Ort befestigt werden kann. Der Waschmittel-Knopf an der Waschmaschine, der Toilettenpapier-Knopf im Badezimmer und so weiter. Aus Sicht der Verbraucher könnte nun die Frage entstehen, wieviele Knöpfe er sich denn eigentlich zulegen muss, um rundum ausgestattet zu sein.

Und diese Frage wäre nicht ganz unbegründet! Ein oder vielleicht zwei Allround-Geräte wie der Dash-Stick erscheinen im Haushalt wesentlich sinnvoller. Und so stellt sich auch die Frage, ob es sich bei dem Knopf nicht doch um einen April-Scherz des Konzerns handelt. Sollte der Dash-Knopfdruck tatsächlich ernst gemeint sein, so hat er – meines Erachtens – noch Verbesserungsbedarf und müsste weiter optimiert und funktionstechnisch verbessert werden. Ansonsten droht das eigene Heim in den Amazon-Knöpfen zu ersticken.

Amazon will auch stationär durchstarten

Soweit also zu den Ambitionen, das Zuhause der Kunden zu „amazonisieren“. Nun zu den Plänen, den kompletten Handel zu erobern. Mit der jahrelangen Erfahrung, dem massiven Kapital und einer Armada an professionellen Experten im Rücken, kann Amazon so schnell niemand was vormachen. Und da der Konzern bereits den Online-Handel in die Perfektion geführt hat, sollen nun auch die stationären Gefilde folgen.

Und Amazon wäre nicht Amazon, wenn es auch für den Einzelhandel nicht neuartige, gar radikale Änderungsvorschläge hätte. Wie Recode berichtet, gibt es Patentanmeldungen, die Hinweise geben, in welche Richtung die Zukunft führt: So will der Konzern offenbar Läden eröffnen, die vollkommen ohne Kassenbereiche auskommen. Wie das geht? Durch hochkomplexe Systeme von Kameras, Sensoren und Lesegeräte, die miteinander vernetzt sind und genau registrieren, welcher Kunde sich für welche Produkte entscheidet. Die Einkäufe könnten dann mittels Rechnung bezahlt werden.

Stationär mit Hightech-Füllung: Amazon träumt von der Allmacht

Ein solches autonom-digitalisiertes Geschäft könnte darüber hinaus beispielsweise als Abholstation für Online-Bestellungen dienen. Auch der Einsatz shopping-bezogener Apps, spezieller Gesichtserkennungs-Programme oder eine Online-Bestellung vor Ort wäre denkbar. Berücksichtigt man die Technologien, die aktuell schon im Einsatz sind, scheint ein solches Szenario gar nicht unwahrscheinlich. Zudem würde Amazon durch die Einsparungen im Personalbereich enorme Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Einzelhandel genießen.

Natürlich erleichtert ein Netz stationärer Geschäfte auch den Service einer taggleichen Lieferung und weiterer kundenorientierter Angebote. Die Möglichkeiten, die mit solchen Läden verbunden sind, beherbergen ein unglaubliches Potenzial. Alles in allem rückt ein solches Konzept Amazon näher an die ultimative Handelsmacht.

Neben dem On- und Offline-Handel ist Amazon mit seinen Drohnen natürlich auch in der Logistik aktiv, bietet Web- bzw. Cloudservices für Unternehmen, Konzerne und Institutionen, engagiert sich in der Vernetzung von Häusern (#SmartHome) und tut grundsätzlich alles, um die Kunden so fest wie möglich in das eigene Amazon-Universum zu integrieren.  Man kann ja viel gegen Amazon sagen, aber Innovationen hat das Unternehmen noch nie gescheut. Ein umfassendes Einkaufserlebnis on- und offline dürfte dabei das erklärte Ziel sein.