Die Mehrheit der Amazon-Mitarbeiter in Bessemer will nicht der Gewerkschaft beitreten, diese wirft Amazon „illegale Aktivitäten“ vor und will nach der verlorenen Wahl vor Gericht weiterkämpfen.
738 Stimmen dafür, aber 1.798 dagegen – so das offizielle Endergebnis der viel beachteten Wahl. Somit wird es im Logistiklager Bessemer keine Vertretung durch die US-Gewerkschaft RWDSU (Retail, Wholesale and Department Store Union) geben, wie TechCrunch berichtet. Auffällig ist, dass von den insgesamt 5.876 Wahlberechtigten im Lager nur 3.041, also rund 52 Prozent, abgestimmt haben. Die Wahl wird als richtungsweisend für das Verhältnis zwischen Amazon und dem Umgang mit seinen Logistik-Mitarbeitern angesehen.
Kritik der US-Gewerkschaft: „Amazons Verhalten war verabscheuungswürdig“
Die Gewerkschaft will die verlorene Abstimmung jedoch bei der zuständigen Behörde, dem National Labor Relations Board (NLRB), anfechten und wirft Amazon mit markigen Worten vor, die Wahl beeinträchtigt und die Mitarbeiter im Vorfeld beeinflusst zu haben. „Wir werden Amazons Lügen, Täuschung und illegale Aktivitäten nicht unwidersprochen lassen, weshalb wir formell Anklage gegen alle ungeheuerlichen und offenkundig illegalen Aktionen von Amazon während der Gewerkschaftsabstimmung erheben.(...) Amazons Verhalten war verabscheuungswürdig“, erklärt Stuart Appelbaum, Präsident der RWDSU.
Amazon hatte im Vorfeld eine Anti-Gewerkschaftskampagne gefahren, unter anderem mit einer eigenen Website. Die Gewerkschaft wirft Amazon sogar vor, die Mitarbeiter „mit Textnachrichten und Anrufen bombardiert“ zu haben. Besonders kurios: Amazon verkürzte sogar die Wartezeit an den Ampeln vor dem Lager – mutmaßlich, um zu verhindern, dass Gewerkschaftsvertreter die Angestellten ansprechen.
Das sagt Amazon zur Gewerkschaftsabstimmung in den USA
Amazon selbst weist die Vorwürfe zurück. „Amazon hat nicht gewonnen - unsere Mitarbeiter haben die Entscheidung getroffen, gegen den Beitritt zu einer Gewerkschaft zu stimmen. Unsere Mitarbeiter sind das Herz und die Seele von Amazon, und wir haben immer hart daran gearbeitet, ihnen zuzuhören, ihr Feedback anzunehmen, kontinuierliche Verbesserungen vorzunehmen und stark zu investieren, um großartige Gehälter und Leistungen an einem sicheren und integrativen Arbeitsplatz zu bieten“, heißt es auf dem Unternehmensblog.
Verdi: „Für Amazon kein Grund zum Feiern“
Auch bei der deutschen Gewerkschaft Verdi wird das bisherige Ergebnis kritisch aufgenommen. „Der sich abzeichnende Ausgang ist für die Gewerkschaften keine Niederlage und für den Konzern kein Grund zum Feiern.(...) Amazon wird das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen können. Alabama war und ist nur ein weiterer Schritt, der Macht des Konzerns und der extremen Gewinnmaximierung auf Kosten der Beschäftigten Grenzen zu setzen“, erklärt Orhan Akman, Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel auf Anfrage von Amazon Watchblog.
Auch in Italien, Indien und Deutschland wachse die Unzufriedenheit der Mitarbeiter. Verdi wolle die Vernetzung der gewerkschaftlichen Aktivitäten bei Amazon weltweit vorantreiben.
Kommentar schreiben