Sorgen um Aktienkurse sollen im Gespräch mit Betonung auf den langfristigen Mehrwert ausgemerzt werden.
Bei Amazon laufen aktuell die jährlichen Gehaltsgesprächsrunden. In Anbetracht von Inflation, Kostendruck und wankender Aktienkurse stellen diese Manager:innen im Unternehmen vor eine gewisse Herausforderung. Zur Unterstützung hat das Unternehmen Gesprächsrichtlinien bereitgestellt, welche Business Insider (Paywall) jüngst veröffentlichte. Die Richtlinien geben einen spannenden Einblick, wie die Hierarchien im Unternehmen funktionieren.
So sollen Manager:innen den Gesprächsfokus lenken
Während hierzulande Gespräche über Gehaltsvergleiche und Gender Pay Gap immer lauter werden, möchte man im Hause Amazon das Thema Vergleiche eher klein halten. So sollen Führungskräfte, die von Mitarbeitenden im Gespräch um eine Einordnung ihrer Leistung gebeten werden, das Gespräch zurück auf die individuelle Leistung lenken. Dazu heißt es beispielsweise in den Richtlinien: „‚Gut' ist ein relativer Begriff und könnte das Gespräch auf den Vergleich mit dem Kollegium lenken. Verschieben Sie den Gesprächsfokus auf den einzelnen Mitarbeitenden und seine individuelle Vergütung. Vermeiden Sie Gehaltsvergleiche und sprechen Sie nicht über die Vergütung anderer Mitarbeitende.“
Sollte es doch dazu kommen, dass eine Person konkret fragt, wie Amazon das Thema Gehaltsgleichheit angeht, werden Manager:innen dazu angehalten, auf aktuelle Marktdaten sowie unterschiedliche Aufgabenbereiche hinzuweisen, welche eine Individualisierung der Gehälter bedingen sollen.
Die Krux mit dem Aktienkurs
Das Gehaltsmodell von Amazon besteht aus einer verhältnismäßig niedrigen Geld-Komponente, welche durch Aktienanteile ergänzt werden. Im letzten Jahr schwankte der Aktienkurs des Unternehmens stark und liegt mittlerweile knapp 30 Prozent unterhalb des Vorjahreswertes. Das bedeutet für viele Mitarbeitende deutliche Gehaltseinbußen. Doch auch auf dieses Gesprächsthema, welches sich in den Verhandlungen sicher schwer umgehen lässt, bereiten die Richtlinien vor: Sollten Angestellte also danach fragen, warum das Gehaltsmodell so ist, wie es ist, sind die Manager:innen dazu angehalten, die zukunftsträchtige Stellung von Eigentum zu betonen. Wer also Eigentum (wie in diesem Falle die Aktienanteile) habe, gehöre zur Führungsriege. Und echte Führungskräfte verstünden nun einmal, dass langfristige Ziele zielführender als kurzfristige Erfolge sind – so die Argumentation.
Die Aktienkurse betrachtet das Unternehmen dabei stets auch auf lange Sicht. Auf direkte Nachfrage von Business Insider kommentierte ein Sprecher hierzu: „Dieses Gehaltsmodell birgt von Jahr zu Jahr ein gewisses Risiko, da der Aktienkurs schwanken kann. Aber in der Vergangenheit hat sich dieses Modell für Leute, die langfristig denken, sehr bewährt“.
Amazon lässt Beschäftigte im Dunkeln über deren Leistung
Als ein wichtiger Faktor für die Höhe des Gehalts gilt die individuelle Leistung der Mitarbeitenden. Um diese zu erheben, nutze Amazon ein streng geheimes Bewertungssystem. Wo konkret man steht, erfährt man jedoch nicht. Sollte Angestellte eine Frage in diese Richtung stellen, sind die Führungskräfte dazu angehalten, auf eine vage „Leistungszusammenfassung“ zurückgreifen.
Diese ordnet die betreffende Person eine von drei Kategorien zu: „übertrifft hohe Erwartungen“, „trifft hohe Erwartungen“ oder „Verbesserungsbedarf“. Sobald das Gespräch hier oder an deren Stellen in Richtung eines Vergleichs abdriftet, sei es das erklärte Ziel, den Mitarbeitenden vor allem ein gutes Gefühl zu vermitteln.
Den vollständigen Gesprächsleitfaden stellt Business Insider exklusiv für Premium-Mitglieder des Portals zur Verfügung.
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