Amazon soll Verletzungen „als Geschäftskosten“ hingenommen haben

Veröffentlicht: 17.12.2024
imgAktualisierung: 17.12.2024
Geschrieben von: Christoph Pech
Lesezeit: ca. 3 Min.
17.12.2024
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Amazon Lagerhaus im Nebel
MikeMareen / Depositphotos.com
Einem Bericht zufolge ignoriert Amazon interne Empfehlungen, die Arbeitsbelastung zu verringern, um Verletzungen einzudämmen.


Wegen der Arbeitsbedingungen in den Lagerhäusern steht Amazon immer wieder in der Kritik und immer wieder wehrt sich der Konzern vehement dagegen. Doch interne Untersuchungen legen nahe, dass sich Amazon der Gefahren vor allem aufgrund der hohen Arbeitsbelastung durchaus bewusst ist – und diese ignoriert. Aus einem neuen Bericht eines US-Senatsausschusses unter Leitung von Bernie Sanders geht hervor, dass Amazon interne Empfehlungen abgelehnt habe, die Produktivitätsquoten der Lagerarbeiter:innen zu senken, um Verletzungen zu reduzieren.

Amazon habe demnach selbst dokumentiert, dass ein Zusammenhang zwischen Quoten und höheren Verletzungsraten bestehe. So habe der Konzern intern zwei Untersuchungen über die Ursachen von Verletzungen durchgeführt, nachdem es im Jahr 2019 zu einem starken Anstieg kam. Gesundheits- und Sicherheitspersonal haben danach empfohlen, Produktivitätsquoten zu lockern, um das Verletzungsrisiko zu senken. Leitende Angestellte des Konzerns hätten diese Empfehlungen abgelehnt. Amazon habe Verletzungen der Mitarbeiter:innen „als Kosten des Geschäftsbetriebs“ in Kauf genommen, heißt es in dem 160-seitigen Bericht des Senatsausschusses.

Amazon weist Vorwürfe zurück

Amazons Führungskräfte hätten sich wiederholt dafür entschieden, „Gewinne über die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu stellen, indem sie Empfehlungen ignorierten, die die Zahl der Verletzungen erheblich reduzieren würden“, wird Bernie Sanders in der New York Times zitiert.

Nachdem der Bericht am Sonntag veröffentlicht wurde, reagierte Amazon am Montag in einer Stellungnahme und wies die Vorwürfe entschieden zurück. „Obwohl wir Senator Sanders und seine Arbeit als Vorsitzender des Senatsausschusses für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Renten respektieren, hat der Senator einen weiteren Bericht herausgegeben, der sich auf falsche Fakten stützt und selektive, veraltete Informationen enthält, denen der Kontext fehlt und die nicht auf der Realität beruhen“, heißt es von Amazon.

Die Hauptaussage des Berichts sei „grundlegend fehlerhaft“. Wenn die Aussagen zutreffen würden, dann würde mit steigender Produktivität auch die Zahl der Verletzungen steigen. „In den letzten fünf Jahren ist jedoch genau das Gegenteil passiert: Wir haben unsere Zustellungsgeschwindigkeit erhöht und gleichzeitig die Verletzungsrate in unserem gesamten Netz gesenkt“, erklärt Amazon.

Neue Gesetze gegen Amazon? Trump könnte das torpedieren

In dem Bericht des Senatsausschusses wird außerdem kritisiert, dass Mitarbeiter:innen verwarnt werden, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Aufgaben pro Stunde nicht schaffen. Zudem erschwere es Amazon Beschäftigten, bei Verletzungen angemessene medizinische Versorgung zu erhalten. Amazon weist diese Vorwürfe ebenfalls zurück. Der Senatsausschuss empfiehlt mehrere Gesetzesentwürfe, die Amazon u. a. zu mehr Transparenz verpflichten würden, etwa indem vorgeschrieben wird, Produktivitätsquoten offenzulegen und Befugnisse der Aufsichtsbehörden zu stärken.

Das Timing des Berichts könnte allerdings besser sein. Denn Donald Trump könnte solche Vorstöße im Keim ersticken, sobald er im Amt ist. Da sowohl der US-Senat als auch das Repräsentantenhaus in Republikaner-Hand sind, wäre das ein Leichtes. Zwar war das Verhältnis zwischen Trump und Amazon lange angespannt, das hat sich aber mittlerweile komplett ins Gegenteil gewendet. Ex-Amazon-Chef Jeff Bezos ist ein offener Befürworter des designierten Präsidenten und Amazon selbst hat zuletzt erklärt, eine Million US-Dollar für die Amtseinführung von Trump zu spenden. Ob dieser es sich mit solventen Geldgebern durch restriktive Gesetze verscherzt, darf bezweifelt werden.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 17.12.2024
img Letzte Aktualisierung: 17.12.2024
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Christoph Pech

Christoph Pech

Experte für Digital Tech

KOMMENTARE
1 Kommentare
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Ralf
18.12.2024

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Tja so ist das. Große Konzerne können sich praktisch Gesetze "kaufen". Da sich Amazon gut mit Trump versteht, passt das auch auch zu meiner moralischen Vorstellung von Amazon. Ist ja in Europa auch nicht viel anders.