Amazon bündelt Artikel selbstständig: Händler fürchten Mehrkosten

Veröffentlicht: 18.09.2025
imgAktualisierung: 18.09.2025
Geschrieben von: Hanna Behn
Lesezeit: ca. 4 Min.
18.09.2025
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ca. 4 Min.
Amazon-Pakete gestapelt
Oleksandr_UA / Depositphotos.com
Händler:innen können Ware bei Amazon auch als Bündel, z. B. mit Rabatt, versenden. Doch jetzt stellt Amazon solche Bündel selbst zusammen.


Amazon erstellt jetzt selbstständig Bundles aus Produkten – also ohne, dass Händler:innen diese eigentlich selbst gebündelt verkaufen. Für diese sogenannten virtuellen Multipacks hat der Marktplatz in den USA jetzt ein Pilotprogramm für FBA-Verkäufer:innen gestartet. Entsprechende Angebote werden bis zum 26. September durch Amazon erstellt und sollen ab dem 13. Oktober online gehen und zum Verkauf stehen.

Wenn Händler:innen Bundles anbieten, kombinieren sie mehrere zusammenhängende Produkte und verkaufen sie dann als ein einheitliches Paket auf dem Marktplatz, oft mit einem Preisvorteil für die Kundschaft. Es gibt sowohl von den Händler:innen vorgepackte Bundles als auch virtuelle Varianten mit Artikeln unterschiedlicher ASINs, die Amazon erst im Logistikzentrum zusammenpackt und versendet. Bislang legen Händler:innen fest, was und wie viel in ein Bundle kommt. Bei den neuen virtuellen Multipacks aber bestimmt Amazon, welche Produkte wie kombiniert werden.

Amazon übernimmt Zusammenstellung der Verkaufspakte

Virtuelle Multipacks gibt es schon länger für Angebote von Vendoren – also Amazon-eigene Produkte direkt vom Hersteller. Jetzt aber werden sie zusätzlich auch für Drittanbieter eingeführt, wie die Fachportale myamazonguy.com und ChannelX berichten.

Ein Multipack fasst mehrere Einheiten eines bestehenden FBA-Einzelpack-Produkts in einem einzigen, neuen Angebot zusammen. Es werden also die Mehrfachangebote direkt aus dem bestehenden FBA-Einzelartikelbestand der Händler:innen erstellt. Im Multipack werden – anders als in den Bundles – mehrere Einheiten derselben ASIN verkauft. Sie erhalten zudem eine ganz eigene, eindeutige ASIN und SKU (Lagerhaltungseinheit). Sie werden auch als Variante auf der ursprünglichen Einzelpack-Detailseite angezeigt. Falls keine Variantenfamilie vorhanden ist, erstellt Amazon diese.

So funktioniert die Multipack-Erstellung und -Verwaltung

Für das Pilotprojekt erstellt Amazon den Berichten zufolge bis zum 26. September automatisiert virtuelle Multipack-Angebote. Diese werden im Namen von Händler:innen erstellt. Der Fokus soll auf FBA-Marken-ASINs mit starker Kundennachfrage und Mehrfachkäufen liegen. Eine manuelle Teilnahme mit Produkten am Pilotprojekt sei derzeit nicht möglich.

Verkäufer:innen können ihre virtuellen Multipack-Angebote jederzeit auffinden: Sie tragen das Präfix „VMP“ und sind unter „Gesamten Bestand verwalten“ als Multipacks gekennzeichnet.

Die Angebote lassen sich auch bearbeiten. Editierbar sind:

  • Preis
  • Titel
  • Bilder
  • Beschreibung.

Nicht anpassbar ist hingegen die Packungsgröße.

Wichtig: Die rechtliche Seite sollte beim Bearbeiten der Angebote nicht außer Acht gelassen werden. Erfahrungsgemäß bergen solche Änderungen stets auch Gefahrenpotenzial, indem Darstellungen verschlimmbessert werden. Unter anderem sollte darauf geachtet werden, dass Preisangaben stets transparent und korrekt erfolgen. Bei Änderungen der Grundpreise sind diese unverzüglich anzupassen. Auch die Produktbilder müssen den tatsächlichen Inhalt des jeweils ausgewählten Angebots widerspiegeln, um irreführende Darstellungen zu vermeiden.

Die Angebote lassen sich auch löschen. Werden Multipacks während des Pilotprojekts gelöscht, können sie aber später nicht mehr reaktiviert werden.

Multipacks: Mehrkosten für Händler:innen?

Die Neuerung ist auch mit veränderten Gebühren verbunden. Zwar fallen für das Pilot-Programm keine zusätzlichen Gebühren an. Doch die Standard-Gebühren werden pro verkaufter Einheit berechnet, d. h. für ein 2er-Pack ist auch die doppelte Gebühr zu zahlen. Amazon gewährt keinen Rabatt auf die Gebühren.

Händler:innen betrachten dies mit Sorge. Zwar sei es aktuell mehr Aufwand, selbst Einzelprodukte in Bundles umzupacken und zu versenden, aber es lohne sich „in der Regel“, erklärt ein Händler in Amazons Sellerforum. Das Multipack biete jedoch „nichts davon“, kritisiert er. „NICHT kundenorientiert, nicht hilfreich für Verkäufer, NUR hilfreich für Amazon, da es mehr Gebühren erhält, ohne dass den Kunden ein Mehrwert geboten wird“, kritisiert ein anderer Händler. Der Grund: Wenn Kund:innen Amazons gefälschte Multipacks kaufen, erhalten sie keinen Rabatt, weil der Händler selbst keinen Gebührenrabatt bekommt, den er weitergeben könnte.

… oder Chance?

Aus Agentursicht wiederum könnten die Multipacks Händler:innen auch einen Mehrwert bieten.

„Das richtige Multipack-Set sollte für zufriedenere Kunden sorgen, den Umsatz steigern, den Konsum anregen und die Produktionskosten senken, indem es die Produktkannibalisierung innerhalb von Multipacks begrenzt. Die Optimierung des Multipack-Portfolios ist eine Win-Win-Situation.“

Erwin Chang, Quirk's Media

Auch Noah Wickham von My Amazon Guy rät deshalb zu Anpassungen: „Die strategische Bündelung bestehender ASINs eröffnet Verkäufern neue Möglichkeiten, in stark umkämpften Kategorien zu konkurrieren“, heißt es auf dem Blog. Nützlich sind:

  • aussagekräftige Bilder, um alle gebündelten Artikel deutlich zu zeigen
  • wettbewerbsfähige Paketpreise, um größere Bestellungen zu fördern
  • Kombinationen testen, um besonders beliebte Packs zu identifizieren.

Zudem könne eine durchdachte Preisstrategie die Kaufentscheidung positiv beeinflussen. Verbraucher:innen seien verkaufspsychologischen Erkenntnissen nach eher bereit, eine Mehrfachpackung zu kaufen, wenn sich der Gesamtpreis gleichmäßig durch die Anzahl der Einheiten teilen lässt: Kostet eine Verpackung 16 Euro sei dieser Preis attraktiver als 15,30 Euro, weil man den Stückpreis (4 Euro für eine Einzelpackung) leichter berechnen könne. „Diese einfache Preisstruktur trägt dazu bei, eine wichtige Hemmschwelle für Großeinkäufe zu überwinden“, so Wickham.

Das Pilotprojekt soll voraussichtlich bis zum Jahresende 2025 laufen.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Veröffentlicht: 18.09.2025
img Letzte Aktualisierung: 18.09.2025
Lesezeit: ca. 4 Min.
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Hanna Behn

Hanna Behn

Hanna analysiert Trends im digitalen Handel und beleuchtet Leadership-Themen sowie persönliche Geschichten aus dem Alltag von Händler:innen.

KOMMENTARE
3 Kommentare
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Martin
19.09.2025

Antworten

ja, keine Frage. Dummheit, Willkür, KI und natürlich immer nur das Beste für sich = Amazon. In meinem Angebotsbereich ist es das "aus" für jeden kalkulierenden Händler. Übrig bleiben die viele Chinesen mit gefälschten Produkten (gibt es reichlich in meinem Segment) und die Geldwäsche-Jungs (gibt es auch einige). Gut das ich per 31.10.2025 aufhöre mit Amazon, wird allerhöchste Zeit!
Alexander
19.09.2025

Antworten

Sollen sie hier in DE mal probieren. Da hagelt es Klagen bis zum umfallen. Die sind zu doof mit Ihrer KI einen Artikel vom anderen zu unterscheiden aber meinen sie wissen was besser ist für den Kunden.
cf
19.09.2025

Antworten

Wäre es nicht für amazon noch besser, wenn sie wahllos aus Artikeln Sets zusammenstellen dürften, für die sie dann auch selber den Preis über den Kopf der Anbieter hinweg festlegen und die Händler bekommen halt einen Entschädigungsbetrag bei Verkauf. Dann könnte amazon auch die Produktseiten für diese Sets selber gestalten, wobei jeder Händler der einen der Artikel in dem Set anbietet natürlich rechtlich für die Produkt(Set)seiteninhalte verantwortlich ist und abgemahnt werden kann. So würde amazon immer die billigsten Preise anbieten können und hätte keine rechtlichen Probleme mit Produktseiten.