Schmuck für maximal 8 Dollar, ein Sofa für maximal 20 Dollar oder eine Gitarre für maximal 13 Dollar? Mit diesen Dumping-Preisen in einem neu geplanten Billig-Segment versucht Amazon offenbar, besonders preissensible Kundinnen und Kunden zu locken und den Höhenflug des Konkurrenten Temu zu unterbrechen.

Händler wurden über strenge Preisgrenzen informiert 

Dem Online-Marktplatz Temu war es auf Basis extremer Niedrigpreise und einer aggressiven Werbestrategie innerhalb weniger Monate gelungen, den E-Commerce-Markt aufzumischen und sich beachtliche Anteile zu sichern. Dass Amazon als Reaktion darauf ebenfalls eine eigene Billig-Sparte plant, wurde bereits im Sommer offengelegt. Die nun bekannt gewordenen Preisgrenzen geben weitere Einblicke in das Vorhaben.

Händlerinnen und Händler, die ihre Produkte in der neuen Billig-Sparte vertreiben wollen, müssen sich demnach an die strengen Preisobergrenzen von Amazon halten, schreibt Reuters und verweist auf die Branchenplattform The Informationen. Diese Einzelheiten habe der Konzern gegenüber seinen Sellern bereits kommuniziert. Für insgesamt 700 Produkte gebe es entsprechende Preislimits.

„Sollten die Preisobergrenzen eingeführt werden, würde dies einen Strategiewechsel für Amazon bedeuten“, heißt es in dem Bericht weiter. Denn in der Vergangenheit habe der Marktplatzbetreiber „keine strengen Grenzen für Verkäufer auf seiner Plattform gesetzt“.

Keine Marken, kein Branding für Seller

Im Zentrum von Amazons neuem Billig-Shop stehen markenlose Produkte, die nicht über das reguläre Sortiment, sondern ausschließlich über den speziellen Billig-Shop verfügbar sind. Keines darf dabei mehr als 20 Dollar kosten, sonst wird es deaktiviert, berichtet MarketplacePulse.

Dass ausschließlich markenlose Waren gehandelt werden, habe für den Konzern einen entscheidenden Vorteil: Amazon ist dann nämlich die einzige Marke, mit der Kundinnen und Kunden im Zuge ihres Kaufs in Kontakt kommen und an die sie sich potenziell binden. Für Seller ist das Vorgehen hingegen ein entscheidender Nachteil, da sie nicht in der Lage sind, sich starke und nachgefragte Eigenmarken aufzubauen.

„Da es keine Möglichkeit zum Markenaufbau und keine Vorteile gegenüber Händlern in China gibt, ist der neue Marktplatz nichts für US-Händler, auch wenn Amazon sie nicht explizit ausschließt“, urteilt MarketplacePulse weiter. Grundsätzlich sei es nach aktuellem Stand nicht gewiss, ob das Programm ausschließlich für Marktplatzpartner aus China geboten wird oder etwa auch Sellern aus dem Heimatmarkt USA offensteht.

Versand durch chinesisches Amazon-Lager

Darüber hinaus sollen die verkauften Waren direkt über ein Logistikzentrum abgewickelt werden, das Amazon in China, genauer gesagt in Dongguan in der Provinz Guangdong, betreibt. Ein eigenständiger Versand durch die Händlerinnen und Händler sei demnach nicht möglich. 

Auch in Sachen Retouren gibt es Infos, die aufhorchen lassen: Für die Rückgabe von Produkten sei eine Frist von 15 Tagen ab dem Lieferdatum anberaumt. Von einer Rückgabe ausgeschlossen seien hingegen Produkte, die einen Wert von weniger als drei US-Dollar haben – allein dieses Vorgehen wäre mit Blick auf den Verbraucherschutz in Deutschland schon gar nicht möglich. Retournierte Produkte sind für die jeweiligen Händler überdies verloren: Sie werden nicht an die Seller überstellt, sondern je nach Fall liquidiert beziehungsweise entsorgt oder gespendet.

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