Seller genervt: Das Problem mit Kleinstbestellungen auf Amazon

Veröffentlicht: 20.09.2024
imgAktualisierung: 20.09.2024
Geschrieben von: Ricarda Eichler
Lesezeit: ca. 3 Min.
20.09.2024
img 20.09.2024
ca. 3 Min.
Genervter Amazon Seller sieht zahlreiche verlorene Sendungen im SellerCentral.
Erstellt mit Dall-E
Wer kleinpreisige Waren auf Amazon verkauft, versendet oft einfach im Maxibrief. Die fehlende Sendungsverfolgung wird dabei schnell zum Verhängnis.


Die Sendungsverfolgung von Waren ist im Online-Handel an vielen Ecken ein wichtiges Instrument, um einen eindeutigen Nachweis über eine Zustellung zu erhalten. Auf dem Marktplatz von Amazon sind Seller ab einem Warenwert von 20 Euro verpflichtet, eine Zustellart mit Trackingoption zu nutzen. Doch nicht jeder Artikel rechtfertigt den Versand mit den oft deutlich teureren Zustellarten.

Im Amazon Sellerforum machten einige Seller darauf aufmerksam, dass dies zu einer deutlichen Benachteiligung führen kann. So soll Amazon bei einer unsicheren Zustellung der Kundschaft schnell nahelegen, die Sendung könnte doch verloren gegangen sein. Im Rahmen seiner ausgesprochenen Kundenfokussierung bietet der Marktplatz dann an, man könne sich doch sein Geld zurückholen – auch wenn die Ware möglicherweise schon längst angekommen ist. 

Selbstversuch – Wie schnell kommt meine Kleinstbestellung an?

Um die Sache genauer beurteilen zu können, startete ich einen Selbstversuch. Der Kindergeburtstag steht an, bunte Streusel benötige ich ohnehin, also schnell auf Amazon bestellt. Bestellt am Donnerstag, dem 29. August, landete der Maxibrief bereits am Montag, dem 02. September, in meinem Briefkasten. Status bei Amazon: ausstehend.

Ich gab der Angelegenheit ein paar Tage Zeit. Doch selbst am 09. September stand in meinem Amazon-Konto nach wie vor, dass eine Zustellung weiterhin „erwartet“ würde. Am 10. September dann der Wechsel: plötzlich hieß es, die Bestellung sei möglicherweise verloren gegangen. Dabei wurde angeboten, den Seller zu einer Klärung zu kontaktieren. Im Fließtext über dem Button dazu wird jedoch auch gleich nahegelegt, dass eine Erstattung zustehen könnte.

Screenshot von Amazon, Ricarda Eichler, 10.09.2024

Ebenfalls im Kunden-Konto wird mir übrigens auch eine Sendungsnummer der Deutschen Post genannt. Da die Zustellung per Maxibrief versendet wurde, handelt es sich hierbei jedoch um die sogenannte „Basis-Sendungsverfolgung“. Über diese gibt die Post lediglich Auskunft darüber, wann eine Sendung im Start- sowie im Zielbriefzentrum eintrifft. Die finale Zustellung wird dagegen nicht erfasst.

Täglich sechs bis zehn „verlorene“ Sendungen

Selbstverständlich interessierte mich jetzt natürlich auch die andere Seite, weswegen ich den Händler, bei welchem ich die Streusel erworben hatte, kontaktierte. Im Telefonat bestätigte mir Christian Droste vom Hellweg Handelsbetrieb, dass das Problem mit Kleinstbestellungen bekannt sei. „Seit sicher vier bis fünf Monaten nehmen die Anfragen rapide zu. Täglich kommen hier sechs bis zehn Kunden auf uns zu und geben an, die Ware sei nicht angekommen“, so Droste.

Auch im Sellerforum von Amazon sind die Menschen genervt. Eine Person beschreibt dabei sogar, dass in sozialen Medien entsprechende Aufrufe kursieren, diesen Umstand gezielt auszunutzen. Beiträge mit Titeln wie „Wer was umsonst will, macht einen A-Z auf Amazon auf - Verkäufer wollen den Fall schnellstmöglich schließen und Amazon diskutiert nichtmal. Ware darf behalten werden!“ würden dabei über 5.000 Likes erzielen. 

Wie positioniert sich Amazon zum Problem?

Die Sache ist alles in allem verzwickt. So ist es ja generell so, dass auch der Marktplatzbetreiber, hier Amazon, natürlich keine magische Zauberkugel besitzt, mittels derer er eine Zustellung bestätigen kann, für welche keine Zustellbestätigung vorliegt. Mit der Regelung, erst ab 20 Euro zwingend einen verfolgbaren Versand nutzen zu müssen, kommt Amazon hier theoretisch bereits den Sellern entgegen. Denn damit ist sichergestellt, dass höherpreisige Artikel gesichert versendet werden, aber Seller von günstigeren Waren können trotzdem auch beim Versand sparen.

Wir haben folglich auch Amazon dazu befragt, wie sie die Problematik bewerten und erhielten hierzu die folgende Rückmeldung: „Wir arbeiten jeden Tag intensiv daran, ehrliche Verkaufspartner zu schützen und ihnen zu helfen, ihr Geschäft auszubauen. In dieser Hinsicht bieten wir eine Vielzahl an Services. Verkäufer:innen können sich auch dafür entscheiden, viele dieser Logistikleistungen selbst zu übernehmen und wir hören immer auf Feedback unserer Verkaufspartner, um unseren Service zu verbessern.“

Was können Seller jetzt tun?

Wie man seine Waren versendet, sollte weiterhin jedem Seller selbst überlassen bleiben. Seller, welche das beschriebene Problem jedoch verstärkt zu spüren bekommen, sollten abwägen, ob ein Wechsel der Zustellart oder gar die Nutzung von Fulfillment by Amazon (FBA) eine Option für sie sein kann. Mit letzter Option gibt man zwar ein Stück weit die Kontrolle über den eigenen Versand ab, jedoch auch einiges an Arbeit.

Wer dies nicht möchte, kann versuchen, bei Anfragen zu vermeintlich verlorenen Paketen mittels der Basis-Sendungsverfolgung zu prüfen, ob die Ware denn im Zielbriefzentrum einging. Der Hinweis auf diesen erfolgreichen Reiseschritt soll, so bestätigten es mir diverse Seller, in manchen Fällen bereits wahre Wunder bewirkt haben. 

Veröffentlicht: 20.09.2024
img Letzte Aktualisierung: 20.09.2024
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Ricarda Eichler

Ricarda Eichler

Expertin für Nachhaltigkeit

KOMMENTARE
9 Kommentare
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Langjähriger amazon Seller
23.09.2024

Antworten

Moin. Es wird immer schlimmer mit amazon. Bekomme auch regelmäßig die o.g. Nachrichten, obwohl ich Briefe mit Sendungsnummern bzw. Prio verschicke. Trotzdem nehmen viele Kunden gerne die Rückerstattung des Kaufbetrages in Anspruch. Erst gestern wieder zwei Nachrichten von Kunden bekommen. Dann sind auch mal wieder Kunden dabei die z.B. folgendes schreiben: "Hallo ich habe angezeigt bekommen dass das Paket verloren gegangen ist aber ich habe es bereits erhalten vielen Dank" Mit dem Satz, dass der Kunde eine Ersttung anfordern kann, wird hier seitens amazon eindeutig dem Betrug Vorschub geleistet ! Unfassbar, was amazon sich hier in Deutschland alles leisten kann, ohne dafür rechtlich belangt zu werden.
Ralf
23.09.2024

Antworten

Und wieder lügt Amazon: „Wir arbeiten jeden Tag intensiv daran, ehrliche Verkaufspartner zu schützen und ihnen zu helfen, ihr Geschäft auszubauen. In dieser Hinsicht bieten wir eine Vielzahl an Services." Wenn das so wäre, warum macht dann Amazon so etwas? Also um das richtig zu verstehen mal als Metapher: Ich hetze jemanden einen blutrünstigen Löwen auf den Hals und biete diesem gleichzeitig gegen Entgelt Schutz vor diesem Löwen an.
K.I
23.09.2024

Antworten

Meinung: Aussage Amazon - und wir hören immer auf Feedback unserer Verkaufspartner, um unseren Service zu verbessern. Das ist ein sehr sehr sehr lustiger Start in die Woche! Wir kennen keinen Händler auf Amazon der diese Aussage bestätigen kann!
Der
24.09.2024
BINGO ! Genau so ist es.
Matze
23.09.2024

Antworten

Guten Tag zusammen, wir können das bestätigen! Seitdem Amazon es den Kunden auch noch vorschlägt, das Geld einfach zurückzuverlangen, weil die Sendung angeblich nicht angekommen ist, haben bei uns die Anfragen extrem zugenommen. Da wir zwei Firmen haben die online verkaufen, können wir öfters nachvollziehen, dass einige der Kunden, die sich über angeblich nicht zugestellte Briefsendungen beschweren, die Nummer auch schon einmal bei unserer anderen Firma abgezogen haben. Fazit: Wir haben den Briefversand fast komplett abgeschafft (für alle Amazoner), nun ist es halt eine Warenpost, die doppelt so viel kostet. Auf anderen Marktplätzen wie eBay usw. existiert das Problem nahezu nicht.
Amazon Seller
23.09.2024

Antworten

Die Antwort von Amazon ist der blanke Hohn. Die Kunden werden regelrecht dazu gedrängt, uns zu betrügen. Alleine die Anzeige „könnte verloren gegangen sein“ ist eine Einladung. Aber dann noch die Frage „möchten Sie eine Erstattung erhalten?“ Das ist fast schon Beihilfe zum Betrug. Ich verwende ein Formschreiben, wo die Leute unterschreiben müssen, dass sie wissen, dass es sich bei unwahrer Aussage um Betrug handelt. 9 von 10 melden sich dann nie wieder, weil sie sich ertappt fühlen. Von dem Rest sind ein paar, wo man merkt, dass es wirklich nicht angekommen ist, denn sie wollen den Artikel wirklich haben und unterschreiben auch sofort. Und dann gibt es noch die ganz schlimmen, die dann anfangen zu diskutieren („sonst wurde doch auch nicht nachgefragt“ ). Diese Leute bestehen nicht nur auf die Erstattung, sondern schieben noch eine schlechte Bewertung nach und nutzen die A-Z Garantie, ist ja schließlich alles so schön einfach und anonym. Hinzu kommen dann noch die, die eine Rücksendung beantragen, die ich teuer bezahlen muss und dann gerne mal der Teil, den man brauchte, abgeschnitten wird (ich verschicke Stoffe und Bänder). Amazon erstattet dann einfach das komplette Geld. Selbst ein von mir eingeschicktes Video von der Öffnung der Retoure hat nichts geändert. Ich musste der Kundin dann selbst mit einer Anzeige drohen, um mein Geld zu bekommen. Wir gaben schon richtig Angst vorm Weihnachtsgeschäft. Bei uns sind 80% der Bestellungen mit Warenwert unter 10€. Darüber senden wir bei Amazon im Gegensatz zu unseren anderen Shops sowieso schon versichert. Bestraft werden am Ende die ganzen ehrlichen Kunden, die dadurch viel höhere Versandkosten bezahlen müssen.
Langjähriger amazon Seller
23.09.2024
Hallo Amazon Seller. Kannst Du bitte diese Formschreiben hier mal einstellen ? Wäre sicherlich für viele Seller sehr hilfreich ! Danke.
Amazon Seller
23.09.2024
Hallo 😊 Ich habe meine AGB von der „Konkurrenz“. Die stellen uns ein Musterschreiben zur Verfügung. Vielleicht gibt es sowas auch vom Händlerbund? Inhalt ist ungefähr: „Tut uns leid, dass die Sendung vom xy verloren gegangen ist. Für den Nachforschungsauftrag benötigen wir Ihre Mithilfe.“ Dann ein Satz, dass natürlich die Käuferrechte auch gelten, wenn man nicht unterschreibt. Unten dann nochmal genau den Artikel eintragen und als Abschluss „Mir ist bekannt, dass die Abgabe dieser Erklärung der Wahrheit zuwider unter dem Gesichtspunkt des Betruges gem P. 263 StGB strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Redaktion
24.09.2024
Hallo,
natürlich hat der Händlerbund da auch ein passendes Musterschreiben parat! :)
Hier findest du sämtliche Vorlagen rund um Zustellprobleme (Link)
Gruß, die Redaktion