Amazons KI hat eigene Auffassung von Markenrecht

Veröffentlicht: 08.04.2025
imgAktualisierung: 08.04.2025
Geschrieben von: Ricarda Eichler
Lesezeit: ca. 3 Min.
08.04.2025
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Ein Clownfisch erblickt einen Monitor mit einem Online-Shop, der unter Wasser steht.
Erstellt mit Dall-E
Mit der Amazon KI sollen Markenrechtsverstöße bekämpft werden. Doch die KI trifft teils fragwürdige Entscheidungen.


Kürzlich veröffentliche Amazon seinen bereits fünften Brand Protection Report. Darin rühmte sich der Konzern einer enorm hohen Erfolgsrate. Vor allem dank des Einsatzes von künstlicher Intelligenz (KI) konnten demnach 99 Prozent aller Markenrechtsverstöße blockiert werden – noch bevor die Markeninhaber:innen selbst tätig werden mussten. Klingt toll … oder?

Jein. Denn verlässt man sich rein auf die KI, kommt es hin und wieder zu eher fragwürdigen Produktsperrungen. Wir sprachen mit einem Händler, dessen Sperrung ganz besonders skurril erscheint. So war Amazons KI der Ansicht, Clownfische seien Fantasiewesen, deren Markenrechte ganz klar beim Disney-Konzern liegen. Ein Sticker, der einen Clownfisch zeigt? Klarer Verstoß.

Findet den Fehler …

Im Jahr 2003 erschien der Animationsfilm „Findet Nemo“, damals noch im Studio Pixar Animation, welches zwischenzeitlich durch Disney aufgekauft wurde. Der bis dahin eher nur Aquaristik-Enthusiast:innen bekannte Clownfisch erlangte durch den Film internationale Berühmtheit. Konkret zu sehen ist im Film die Gattung Amphiprion percula, der sogenannte „Echte Clownfisch“.

Die Filmvariante, der namensgebende Nemo, gleicht bis auf die kindlich großen Augen dem Original. Die vermeintlich abkupfernden Sticker zeigen ihn dagegen in einer natürlicheren Variante mit kleinen schwarzen Punktaugen. Ebenso enthielt das Listing keinerlei Keywords, die einen Bezug zum Film nahegelegten. Und trotzdem wurde der Artikel gesperrt.

Zur Lösung reichte der Amazon-Händler eine eigens erstellte Übersicht ein, welche sowohl Nemo, den beanstandeten Sticker sowie ein Foto eines echten Clownfisches gegenüberstellte. Das führte zwar zum Erfolg – der war jedoch von kurzer Dauer. Die KI mahnte das Produkt künftig regelmäßig alle paar Monate ab.

Die Mär von der allwissenden KI

Das Problem betrifft nicht mehr nur den orangen Fisch. Allein dieser Händler vertreibt beispielsweise auch Tassen mit Motiven aus der deutschen Ortschaft Jettingen-Scheppach. Da Scheppach aber auch ein Markenname eines Herstellers von Garten- und Handwerksgeräten ist, werden die Produkte regelmäßig gesperrt.

Noch gefährlicher wird es teilweise auf ausländischen Amazon-Marktplätzen. Hier wird uns berichtet, dass die automatische Übersetzung und „Verbesserung“ durch KI teilweise einfach Begriffe dazu dichtet, welche tatsächlich markenrechtlich bedenklich seien. Ein Artikel mit Raumfahrtbezug? Warum nicht mal eben „Star Trek“ dazu schreiben?

In einer idealen Welt wäre es nun so, dass die KI dazu lernt. Dass Entscheidungen von Mitarbeitenden dazu beitragen, dass die KI künftig erkennt, welche Merkmale einen Clownfisch zu einem Nemo machen, und dass Scheppach nun mal keine Tassen herstellt. Dem scheint jedoch so nicht zu sein. Denn wie der Händler mutmaßt, macht es fast den Eindruck, als würden sich die Mitarbeitenden davor scheuen, der unschlagbaren KI zu widersprechen.

Wie sieht das Ganze rechtlich aus?

Generell gilt, dass natürliche Motive, wie beispielsweise das Foto eines Fischs, als solche im deutschen Markenrecht nicht schutzfähig sind. Anders sieht es dagegen mit bestimmten Stilisierungen aus. In diesem Falle könnte man beim Disney-Fisch Nemo auf Abbildungen mit den großen, kindlichen Augen verweisen, welche einen klaren Bezug zum Charakter darstellen. Dies ist bei den Stickern jedoch nicht der Fall gewesen. Theoretisch ist das Recht hier also aufseiten des Shops.

In der Praxis können wiederholte „Markenrechtsverstöße“ (auch wenn diese rein rechtlich nicht zutreffen) auf einem Marktplatz wie Amazon aber durchaus Konsequenzen mit sich bringen. Einerseits bedeuten sie natürlich einen massiven Arbeitsaufwand, gerade wenn sie häufiger und bei mehreren Produkten auftreten. Andererseits kann durch so etwas gerade bei Amazon schnell das Verkaufskonto eingeschränkt werden.

Veröffentlicht: 08.04.2025
img Letzte Aktualisierung: 08.04.2025
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Ricarda Eichler

Ricarda Eichler

Expertin für Nachhaltigkeit

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