„Verletzung der Privatsphäre und Vertrauensbruch“ – ein Amazon-Fahrer kritisiert das neue Hightech-Überwachungssystem im Fahrzeug, mit dem das Unternehmen seinen Lieferanten eigentlich mehr Schutz bieten will. Aber was passiert mit den Daten?
Amazon rüstet derzeit einen Teil seiner Lieferfahrzeuge in den USA mit einem neuen Hightech-Kamerasystem der Firma Netradyne aus: Die Kamera soll die Fahrer unter anderem bei möglichen Gefahrensituationen, etwa im Straßenverkehr, warnen und mögliche Vorfälle dokumentieren. Doch die Amazon-Lieferanten und Datenschützer sorgen sich eher um den Umgang des Unternehmens mit den Daten, wie ein anonymer Fahrer dem Portal news.trust.org berichtet.
Vic, so der fiktive Name, sei seit 2019 als Fahrer bei Amazons Lieferprogramm Flex und nach eigener Aussage „der beste Fahrer seiner Zentrale“ in Denver. Bei seinem Lieferunternehmen wurde das Überwachungssystem vor rund einem Jahr getestet, jetzt soll es für alle Fahrer kommen. Die Kameras, die auch mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, sind unter anderem mit Sensoren ausgestattet, die erkennen sollen, ob ein Fahrer gähnt, ohne Sicherheitsgurt fährt oder abgelenkt wirkt, heißt es. Die Kamera zeichne dann auf und leite den Vorfall weiter.
Neues Überwachungssystem für Amazon-Fahrer: „Verletzung der Privatsphäre und Vertrauensbruch“
Vic habe schon damals das geplante Kamera-Überwachungssystem in der Kabine kritisiert, nun hat der Amazon-Flex-Fahrer seinen Job deswegen gekündigt: „Es war sowohl eine Verletzung der Privatsphäre als auch ein Vertrauensbruch – und das wollte ich nicht hinnehmen.“ Amazon führt das System derzeit an mehreren Standorten in den USA ein, die Fahrer müssen demnach ein Formular unterschreiben, das Amazon erlaubt, sie zu filmen und ihre biometrischen Daten zu sammeln und zu speichern. Dabei könne Amazon die entsprechenden Daten auch mit Drittanbietern von Dienstleistungen und Amazon-Konzernpartnern teilen, wie es im entsprechenden Dokument heißen soll.
Was in Deutschland in Sachen Mitarbeiterüberwachung im Rahmen der DSGVO erlaubt ist, hat OnlinehändlerNews zusammengefasst.
Wie geht Amazon mit den Daten der Fahrer um?
Nicht nur die Fahrer, auch Datenschützer sind alarmiert. Albert Fox Cahn von der Datenschutzorganisation Surveillance Technology Oversight sieht Amazons Fahrer-Überwachung als Teil eines besorgniserregenden, neuen Trends. „Da Kameras immer billiger werden und künstliche Intelligenz immer leistungsfähiger wird, werden diese invasiven Tracking-Systeme zunehmend zur Norm“, kritisiert der Datenschutzexperte. „Amazon behält sich im Grunde das Recht vor, mit diesen Daten so ziemlich alles zu tun, was sie wollen.“ Auch die US-Politik hat bereits reagiert: Fünf demokratische Senatoren fordern von Amazon, „alle Drittparteien zu identifizieren, mit denen Amazon die Aufnahmen geteilt hat oder zu teilen plant“, heißt es in dem Brief.
Das sagt Amazon zu der Datenschutz-Kritik
Amazon selbst hat auf die Kritik zum Datenschutz nicht geantwortet oder weitere Informationen dazu bekannt gegeben. Das Unternehmen verweist in einem allgemeinen Statement nur auf die Intention des Projekts: „Diese Technologie wird den Fahrern Echtzeit-Warnungen liefern, um ihnen zu helfen, in Sicherheit zu sein, wenn sie auf der Straße sind.“ Vic sieht das anders: „Wenn Amazon die Sicherheit verbessern wollte, gäbe es eine Menge anderer Dinge, die sie tun könnten.“
In Sachen Überwachung seiner Flex-Fahrer machte Amazon schon einmal Negativ-Schlagzeilen, denn das Unternehmen kontrollierte auch die Social-Media-Aktivitäten seiner Lieferanten.
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