Der Markt an Lebensmittellieferdiensten ist inzwischen gut besiedelt. Doch während Gorillas, Knuspr und Co. gut wachsen, scheint Amazon Fresh auf der Stelle zu treten.
Nach ganzen fünf Jahren auf dem deutschen Markt hat es der Lebensmittellieferdienst aus dem Hause Amazon immer noch nicht über die Grenzen von Berlin, Potsdam, München und Hamburg hinausgeschafft. Wie das Portal Supermarktblog analysiert, hatte der Dienst damit hierzulande mehr Chefs als er Liefergebiete betreut. Doch die ausbleibende Expansion sei bei weitem nicht das einzige Problem, mit dem man hierzulande zu kämpfen habe.
Amazon Fresh: International läuft es besser
In den USA und UK verlässt sich Amazon nicht nur auf das Geschäft mit den Lieferungen, sondern baut stattdessen auch eine Reihe von stationären Fresh-Filialen auf. Das bietet im Lebensmittelgeschäft deutliche Vorteile, denn auf diese Weise kann man auch Menschen, die sonst nicht online bestellen würden, erreichen und sich zunächst als Marke etablieren.
Diese Entwicklung gibt es hierzulande gar nicht, was wiederum auch dazu führt, dass Amazon Fresh vielen potenziellen Kunden weniger bekannt ist. Das liegt dabei aber auch an einem deutlich leiseren Marketing. Ohne stationäre Läden oder auffallende Kampagnen geht Amazon Fresh unter den hiesigen Mitbewerbern einfach unter.
Amazon Fresh – nur für Prime-Kunden relevant?
Ein Grund, der darüber hinaus noch Kunden abschrecken könnte, ist der Zwang zu einem Prime-Abonnement, um über Amazon Fresh bestellen zu können. Für Kunden, welche auch die anderen Vorteile des Prime-Abos nutzen, stellt Fresh damit einen netten zusätzliche Dienst dar. Wirkliche Vorteile, wie günstige Preise dank Eigenmarken oder einen kostenlosen Versand, bringt einem das kostenpflichtige Abonnement jedoch nicht.
Das Prime-Abo ist letztlich so etwas wie eine kostspielige Eintrittskarte zum Online-Supermarkt – eine Eintrittskarte, die man bei anderen Lieferdiensten jedoch nicht benötigt. Da installiert man sich einfach eine App oder geht auf die Website, bestellt und bekommt eine zeitnahe Lieferung – ohne weitere Verpflichtungen.
Lebensmittellieferungen durch Flex-Fahrer
Eine weitere Schwachstelle ist, dass Amazon keine designierte Logistik für die Lebensmittelzustellungen aufgebaut hat. So hatte das Unternehmen zu seinem Auftakt in Deutschland im Jahr 2017 zunächst eine Kooperation mit DHL geschlossen. Diese wurde jedoch 2019 durch DHL wieder beendet. Als Grund hatte der KEP-Dienstleister dabei auch die komplexen Prozesse der Lieferung mit frischen Lebensmittel angegeben.
Denn um Hygiene und Qualität zu erhalten, müssen viele Lebensmittel einer konstanten Kühlung unterliegen. Umso erstaunlicher ist es, dass Amazon aus DHLs Rückzug offenbar keine großen Rückschlüsse gezogen zu haben scheint. Denn inzwischen liefert Fresh seine Waren nicht nur über die eigene Logistik, sondern auch teilweise mittels des Flex-Programms, so der Supermarktblog,.
Dabei fahren Privatpersonen im privaten PKW Lieferungen aus und erhalten die entsprechenden Aufträge über eine App. Dass die Einhaltung der Kühlkette so unmöglich gewährleistet werden kann, steht außer Frage. Hinzu kommt auch hier die mangelnde Marken-Repräsentanz oder -Gebundenheit. Unternehmen mit eigenen Fahrern können diese dagegen entsprechend schulen und darüber hinaus auch an der Kundenbindung arbeiten.
Wo will Amazon hin?
Ob Amazon Fresh in Deutschland noch eine Chance hat, ist fragwürdig. Zwar lieferte das Unternehmen zum fünften Geburtstag einige nett aufgearbeitete Zahlen, die von guten Erfolgen sprechen. Jedoch sind das ja letztlich nur die Ergebnisse aus gerade einmal vier Städten. Die bereits mehrfach angesprochene Expansion ist binnen fünf Jahren nicht erfolgt.
Mittlerweile sind es Kunden, die Lebensmittel online bestellen, gewohnt, diese entweder in kürzester Zeit oder mindestens ordnungsgemäß gekühlt geliefert zu bekommen. Vor einer weiteren Expansion hat Amazon Fresh also noch deutlichen Nachholbedarf. Lebensmittel sind eben keine Produkte wie Zahnpasta, Bücher oder Co und bedürfen entsprechend einer höheren Sorgfalt. Diese lässt sich nicht mal eben neben Büchern und Haushaltsartikeln aus dem Ärmel schütteln.
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