Die Produktsicherheitsverordnung gilt als die größte Veränderung seit Jahren, die auf den E-Commerce zukommt. Das kommt auch nicht von ungefähr, denn: Alle Händler:innen sind betroffen, egal ob Marktplatz oder eigener Online-Shop. Jedes Angebot ist laut Verordnung mehr oder weniger stark betroffen. Und auf Amazon wird es sogar noch einen Zacken schärfer gehandhabt: Hier muss jedes Angebot – unabhängig davon, ob die Produkte bereits vor dem Stichtag (13. Dezember 2024) angeboten wurden – die neuen Informationspflichten erfüllen. Ein Überblick.
Produktsicherheitsverordnung: Das steckt dahinter
Umreißen wir für den Anfang noch mal kurz, was hinter der Produktsicherheitsverordnung – kurz GPSR – überhaupt steckt. Bereits am 25. April 2023 wurde die Verordnung vom Rat der EU verabschiedet. Ab dem 13. Dezember 2024 soll sie nun gelten. Dabei kommen folgende Pflichten auf den Handel zu:
- In jedem Angebot müssen die Daten der Hersteller:innen angegeben werden, also: der Handelsname, die Postanschrift und die elektronische Adresse (beispielsweise E-Mail oder Homepage).
- Handelt es sich um Importware von außerhalb der EU, muss außerdem der Importeur angegeben werden. Hier gibt es unterschiedliche Ansichten, ob diese Angabe statt der oder zusätzlich zu den Herstellerdaten angegeben werden muss. Der Händlerbund empfiehlt beide Angaben.
- Es muss eine Produktabbildung – in den meisten Fällen ist dies das Produktfoto – geben.
- Es müssen alle relevanten Informationen zum Produkt bereitgestellt werden.
- Die Art des Produktes und sonstige Produktidentifikationen müssen angegeben werden, also zum Beispiel: „Outdoor-Jacke, grün, Größe S“
- Warn- und Sicherheitshinweise müssen angegeben werden. Diese finden sich in aller Regel auf der Produktverpackung und müssen einfach übernommen werden.
- Hersteller:innen müssen außerdem eine Risikobewertung durchführen.
Stichtag 13. Dezember 2024 – Auf Amazon nur ein theoretisches Problem
Welche Bedeutung genau der 13. Dezember als Stichtag zu bedeuten hat, wird heiß diskutiert, denn: Die Verordnung ist nicht eindeutig, ob ab dem 13. Dezember für alle Produkte die neuen Informationspflichten erfüllt werden müssen. In der Verordnung heißt es lediglich, dass Mitgliedstaaten den Verkauf dieser Produkte, die bereits vor dem 13. Dezember auf dem Markt zum Verkauf bereitgestellt wurden, nicht behindern dürfen. Daraus kann mit guten Gründen abgeleitet werden, dass die Informationspflichten nur für Produkte erfüllt werden müssen, die ab dem Stichtag bereitgestellt werden. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine Auslegung, denn Urteile zur Verordnung gibt es noch nicht.
Allerdings müssen sich Amazon-Händler mit dieser juristischen Spitzfindigkeit nicht herumschlagen. Amazon verlangt, dass die Informationspflichten in allen Angeboten erfüllt werden, und zwar unabhängig vom Stichtag.
Früher Hinweis an Händler
Amazon selbst scheint die GPSR ernst zu nehmen. Bereits früh wies der Marktplatz seine Händler:innen auf die anstehenden Pflichten hin. Bereits im April informierte das Unternehmen wie folgt:
„Guten Tag!
Es gibt ein neues Widget, um Ihnen bei der Compliance mit der Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR) für die meisten Nicht-Lebensmittelprodukte zu helfen, die in den Amazon Stores in der EU zum Verkauf angeboten werden.
Das Widget unterstützt Sie dabei, die verantwortliche Person in der EU bzw. den Namen und die Kontaktdaten des Herstellers für jede Ihrer Marken anzugeben.
Wenn Sie in mehr als einem EU-Store verkaufen, müssen Sie die Informationen für jeden Store separat angeben, auch wenn die Informationen identisch sind.
Nachdem die Daten für die verantwortliche Person überprüft wurden, werden diese Informationen innerhalb von 24 Stunden auf den entsprechenden Produktdetailseiten angezeigt.
Ab dem zweiten Halbjahr 2024 werden wir auch Herstellerinformationen anzeigen, sobald diese überprüft wurden.
Ihre Angebote werden möglicherweise entfernt, sobald die Verordnung zum 13. Dezember 2024 in Kraft tritt, wenn sie nicht über die erforderlichen Informationen zur verantwortlichen Person und zum Hersteller verfügen.
Weitere Informationen zum Widget finden Sie unter Übermittlung von Informationen zu verantwortlicher Person und Hersteller.
Weitere Informationen zu dieser Verordnung finden Sie unter Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR).
Amazon Services Europe“
Vor kurzem konkretisierte das Unternehmen die Umsetzung noch einmal und schrieb im Sellercentral, dass auf der Produktdetailseite der Abschnitt Sicherheit und Produktressourcen hinzugefügt wurde. Mit der Einführung dieses neuen Abschnitts kommt Amazon der Regulierung für Marktplätze aus der GPSR nach. Diese verlangt, dass Online-Marktplätze dafür sorgen müssen, dass Händler:innen ihren Informationspflichten ordnungsgemäß nachkommen können.
Gleichzeitig machen diese Nachrichten klar, dass Händler:innen auf keinen Fall Zeit verlieren sollten. Zum einen räumt sich Amazon Zeit zur Überprüfung der Informationen ein. Es reicht also nicht aus, diese erst am Stichtag selbst einzupflegen. Zum anderen sind Anbieter:innen gezwungen, die Angaben bei allen Produkten zu hinterlegen.
Was Händler:innen schon jetzt tun können
Wer auch nach dem 13. Dezember 2024 überhaupt noch auf Amazon verkaufen will – schließlich drohen neben Abmahnungen insbesondere auf dem Marktplatz auch Sperren – sollte das alles nicht auf die lange Bank schieben. Amazon bietet schon jetzt die Möglichkeit, die Daten einzupflegen. Diese Möglichkeit sollte auch genutzt werden. Im gleichen Zug sollte kontrolliert werden, ob die Produkte selbst den Anforderungen entsprechen, denn die Herstellerinformationen müssen auch am Produkt selbst angebracht sein. Diese Pflicht ist zwar nicht neu, sondern bereits seit einigen Jahren im Produktsicherheitsgesetz geregelt; Abmahnungen der Vergangenheit zeigen aber, dass auch hier bei einigen Händlern Nachholbedarf besteht.
Mehr zur Produktsicherheitsverordnung findest du in unserer umfangreichen Themensammlung:
- Produktsicherheitsverordnung: Unsere Antworten auf eure Fragen
- Gilt die Produktsicherheitsverordnung auch für den stationären Handel?
- Produktsicherheitsverordnung: Was muss ich angeben, wenn es den Hersteller nicht mehr gibt?
- Produktsicherheit: Was Händler:innen schon jetzt tun können
- Produktsicherheitsverordnung: Welche Warnhinweise müssen in den Shop?
- Produktsicherheitsverordnung: Das muss die Handmade-Branche wissen
- Produktsicherheitsverordnung: Müssen Händler:innen alle Produktbeschreibungen anpassen?!
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