Demnächst fängt wieder die Zeit des Jahres an, in der ein Schnäppchenevent das nächste jagt. Verbraucher:innen werden dabei oft hohe Rabatte geboten. Doch mittlerweile ist bei vielen auch angekommen, dass man sich nicht auf jeden vermeintlichen Rabatt verlassen sollte. Denn oft werden Referenzpreise im Vorfeld künstlich in die Höhe getrieben oder einfach direkt verfälscht, um die Ersparnis maximal verlockend erscheinen zu lassen.
Einem Mann im US-Bundesstaat Washington ging dies jetzt zu weit. Er startete eine Sammelklage gegen Amazon, da der Marktplatz offensichtlich falsche Referenzpreise angab.
Künstlicher Rabatt auf Amazon Fire-TV
Anlass der Klage ist dabei im Konkreten der Verkauf von Amazons hauseigenen Fernsehgeräten, dem Amazon Fire-TV. Wie Heise unter Berufung auf die Klageschrift berichtet, wurde beim Verkauf der Geräte ein Referenzpreis angegeben, welcher so bereits seit Jahren nicht mehr für das Produkt abgerufen wurde. Konkret werden die Geräte zu einem Preis von 299,98 US-Dollar angeboten, was gegenüber des angeblichen Referenzpreises von 499,99 US-Dollar eine Ersparnis von 33 Prozent darstellen soll.
Zudem baue Amazon hier künstlichen Druck auf, indem ein Hinweisbanner suggeriert, dass es sich um ein zeitlich begrenztes Angebot handele. Neben der moralischen Fragwürdigkeit dieser Taktiken steht hier jedoch in Kritik, dass sich Amazon mit dem Vorgehen vor allem selbst widerspreche. So weist ein Informationskasten neben dem Referenzpreis darauf hin, dass der genannte Referenzpreis den Preis darstellt, zu welchem das Produkt innerhalb der letzten 90 Tage üblicherweise verkauft worden sei.
Doch die besagten Geräte wurden nachweislich zuletzt im Jahr 2023 für einen Preis von 499,99 US-Dollar gehandelt. Folglich werden hierbei nicht nur Verbraucher:innen hinters Licht geführt, sondern auch Seller im Wettbewerb benachteiligt, da Amazon sich von den selbst aufgestellten Regeln für seinen Marktplatz ausnimmt.
Nicht die erste Klage gegen Amazons Preispolitik
Die Sammelklage wurde von Antragsteller David Ramirez am 12. September vor dem United States District Court von Washington eingereicht. Bereits im März 2021 forderte ein Urteil des Superior Court des US-Bundesstaates Kalifornien Amazon dazu auf, die Angabe von irreführenden Referenzpreisen im Zusammenhang mit Rabattaktionen zu unterlassen. Die dabei ausgesprochene einstweilige Verfügung lief im April dieses Jahres aus – das überschneidet sich jedoch mit den in der aktuellen Klage betrachteten Zeiträumen, in welchen der vermeintliche Rabatt geboten wurde.
Besonders dieser Umstand könnte Amazon jetzt zum Verhängnis werden, denn dadurch steht der Vorwurf im Raum, das Unternehmen hätte „wiederholt“ und „vorsätzlich“ gehandelt. Für seine Sammelklage sucht Ramirez derzeit noch Mitstreiter:innen. Eine Teilnahme kann sich lohnen, denn als Ziel steht eine finanzielle Entschädigung aller Personen, welche innerhalb der geltenden Feststellungsfrist ein oder mehrere Fire-TV-Geräte zu den „künstlichen“ Preisen erworben haben.
Würde eine solche Klage auch in Deutschland funktionieren?
In Deutschland sieht die Lage tatsächlich etwas anders aus. So hält sich Amazon hier bei der öffentlichen Information zum Referenzpreis etwas bedeckter. Schaut man beispielsweise in ein Listing eines der Fire-TV-Geräte so wird zwar auch hier mit einem hohen Rabatt geworben (beim Fire-TV der Serie 2 in 32 Zoll sind es zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung satte 57 Prozent) – doch definiert Amazon hier keinen konkreten Zeitraum, in welchem der Referenzpreis gegolten haben soll.
Allerdings wäre natürlich auch zu prüfen, ob dieser Streichpreis wirklich und ernsthaft über einen gewissen Zeitraum verlangt wurde und nicht nur ein künstlich aufgeblasener Mondpreis ist. Dann wäre es auch nach deutschem Recht unlauter. Ist dem nicht so und die Aktion startet immer wieder neu, handelt es sich auch hier um Irreführung.
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