Der Amazon Dash-Button ist ein kleines Gerät, das die Gemüter spaltet – und das nicht zu Unrecht. Als der Bestellknopf im Jahr 2015 in den USA auf den Markt kam, hielten ihn viele für einen verspäteten Aprilscherz, zumal er gerade auch am 1. April vorgestellt wurde. Auch in der Redaktion des Amazon Watchblogs schwankten die Reaktionen zwischen skeptischem Unglauben, freudiger Begeisterung und tiefer Unentschlossenheit.
Vom Sinn oder Unsinn der Amazon Bestellknöpfe
„Kann es wirklich sein, dass ein digitaler Koloss wie Amazon einen schlichten, schmucklosen Button aus Plastik auf den Markt wirft, mit dem man Dinge wie Toilettenpapier und Hundefutter auf einen Knopfdruck bestellen kann?“, fragten sich viele. Gespeist wurden solche Zweifel von dem Fakt, dass man mit jedem Knopf immer nur ein spezielles Produkt ordern kann. Theoretisch müsste man sich also eine ganze Armada in die eigenen vier Wände hängen, um viele notwendigen Produkte aus den Bereichen Drogerie, Haushalt und Lebensmittel zu bestellen.
Die Zerrissenheit der User, die sich auch in den sozialen Medien niederschlug, hatte sich übrigens auch noch nicht gelegt, als der Dash-Button im August 2016 auf dem deutschen Markt startete. Damals wie heute gibt es Verfechter in beiden Lagern, die erbittert um die Daseinsberechtigung des Buttons diskutieren.
Amazon konterte solche Zweifel übrigens mit der einfachen Nutzung und dem hohen Komfort für Kunden. „Dash Buttons sind eine komfortable, einfache und zuverlässige Möglichkeit, die Favoriten des Alltags immer wieder nachzubestellen – und Kunden lieben sie“, schrieb das Unternehmen etwa ein Jahr nach dem Deutschland-Start und nachdem die Auswahl der Knöpfe bereits rapide angestiegen war.
Rechtliche Sicherheit wurde früh angezweifelt
Von den vielen Diskussionen und Sinnfragen mal abgesehen… Bereits in den frühen Stadien der Vermarktung ließen einige Brancheninsidern Zweifel hören, nach denen sich die Prozesse der Dash-Button-Bestellungen nicht an geltendes Recht halten.
Grundlage dieser Zweifel ist eine Regelung, die vielen Online-Händlern reichlich bekannt sein dürfte: die sogenannten Buttonlösung aus dem Jahr 2012. Diese legt fest, dass Händler die Kunden im Online-Handel genau über die Produkte informieren müssen – und zwar vor dem Kauf. Das heißt, potenzielle Käufer müssen über die grundlegenden Eigenschaften des Produktes, den Preis und Grundpreis, die Steuer etc. informiert werden. Und genau daran scheitert der Knopfdruck auf den Amazon Dash-Button.
Hier kann nämlich jeder auf den Kopf drücken, ohne zu wissen, ob sich am Preis/Grundpreis oder den Eigenschaften des Produkts vielleicht etwas geändert hat. Auch über die Versandkosten, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder die Widerrufsmöglichkeiten werden sie in diesem Moment nicht unterrichtet. Von ungeschickten Kinderhänden und verspielten Haustierpfötchen mal ganz abgesehen...
Aus diesem Grund hat das Oberlandesgericht München jüngst auch entschieden, dass Amazon den Dash-Button in seiner bestehenden Form nicht weiter vertreiben darf. In der Öffentlichkeit wird diese Entscheidung unterdessen – wie sollte es anders sein – zwiespältig aufgenommen.
Kritik am Urteil: Kunden werden entmündigt und der technische Fortschritt eingestampft
In aktuellen Tweets und Social Media-Beiträgen findet sich viel Kritik zum Urteil. Die Stimmen bemängeln häufig, dass den Nutzern im Rahmen des Urteils ihre Mündigkeit abgesprochen wird, selbstständig zu entscheiden, WIE sie ihre Produkte online kaufen wollen.
Danke @vznrw, dass ihr mich davor beschützt, mein Waschpulver so zu kaufen, wie ich es will. #freierWille #DankeFürNichts https://t.co/G1WMJpz9ct
— Adrian Smiatek (@AdrianSmiatek) 11. Januar 2019
Auch über eine potenzielle Rückschrittlichkeit Deutschland entbrennen derweil Gespräche: Das aktuelle Recht würde den digitalen Fortschritt hemmen und neuen Prozessen und Möglichkeiten aus der Hightech-Welt würde bereits frühzeitig der Garaus gemacht werden, so die Kritik vonseiten einiger Kunden:
#DashButton Fortschritt in Deutschland? Nein, Danke!
— Enrico R (@enn1e1) 10. Januar 2019
#Dashbutton Wieder mal ein bürgerfernes Urteil aus dem Justizelfenbeinturm!
— Rannklötzer! (@Cyclonos) 10. Januar 2019
Es gibt jedoch auch durchaus Branchenplayer, die den Schritt aus rechtlicher Sicht begrüßen, zum Beispiel der Verband Technischer Handel e.V.. Hauptgeschäftsführer Thomas Vierhaus ließ via Twitter verlauten:
Das OLG München hat Amazons Dash-Button verboten. Ich meine, vollkommen zu Recht. Intransparente Bestellungen ohne klare Informationen zu Inhalt, Preis und ohne klaren Hinweis auf eine zahlungspflichtige Bestellung verstoßen gegen geltendes Recht.
— Thomas Vierhaus (@technikhandel91) 11. Januar 2019
Ist dies das endgültige Aus für den Dash-Button? Nicht unbedingt!
Wer nun glaubt, dass die Dash-Buttons zwangläufig in Deutschland Geschichte sind und hierzulande nicht mehr vertrieben und verwendet werden dürfen, der könnte sich eventuell irren. Denn das Urteil des Oberlandesgerichts München bezieht sich lediglich auf die aktuelle Form und Funktionsweise der Dash-Buttons. Darauf verwies nun auch noch einmal die Verbraucherzentrale NRW, die den Prozess gegen Amazon angestrengt und Klage erhoben hatte:
☝️ Zur Klarstellung in Sachen #Dashbutton: Niemand zwingt Amazon, die Geräte vom Markt zu nehmen. Wir haben das auch nicht vor. Eine Anpassung der Funktionsweise (Button>Warenkorb>App-Bestätigung) ist unseres Erachtens völlig ausreichend. Auch nach dem Urteil des OLG München.
— Verbraucherrecht (@vznrw_recht) 11. Januar 2019
Wir werden also sehen, ob Amazon die Funktionsweise für den deutschen Markt anpassen und somit den Erhalt der Bestellknöpfe sicherstellen wird.
Kommentar schreiben