E-Books, Smartphone, Video- und Musik-Streaming: Amazon ist kein reiner Online-Händler mehr. Kürzlich hat das Unternehmen mit einem Kartenlesegerät ein Endgerät für stationäre Händler auf den Markt gebracht. Was hat Amazon auf diesem Gebiet vor?


Warum stößt Amazon in den stationären Handel vor? Das Unternehmen, welches von einigen Menschen als Verkörperung des Online-Handels und damit Erzfeind des stationären Handels angesehen werden mag, hat kürzlich ein Kartenlesegerät für Einzelhändler auf den Markt gebracht. Damit können vor allem kleinere Händler nicht nur Kartenzahlungen akzeptieren, sondern erhalten auch ein Reporting-Tool zum Ausbau ihres Geschäftes an die Hand.

Jason Del Rey von Re/Code hat mit ehemaligen Angestellten gesprochen. Die meisten betonten, dass Amazon zwei Ziele verfolge: Stationäre Händler sollen leichter auf Amazon.com verkaufen können, während Kunden des Online-Händlers ihre Ware am selben Tag der Bestellung erhalten können. „Dieser Zug würde Amazons Einflussbereich weit über den virtuellen Checkout hinaus auf die realen in deiner Nachbarschaft erweitern“, so Del Rey.

Amazon braucht Daten über den Lagerbestand

Dafür müsse Amazon aber vor allem eines schaffen: genug Händler überzeugen, das Kartenlesegerät Local Register zu nutzen. Dann könnte eine große Zahl kleinerer Einzelhändler, die sich den Verkauf über Amazon bisher noch nicht leisten konnten, seine Waren auf der Online-Plattform anbieten. Dazu müsste die Beziehung zwischen den Einzelhändlern und Amazon weit über die Nutzung von Local Register hinausgehen, urteilt Del Rey. Amazon müsse den Händlern Tools zur Verfügung stellen, mit denen sie ihre Lagerbestände kontrollieren können.

In einem nächste Schritt plane Amazon, die stationären Geschäfte als Abholstationen und Knotenpunkte für die Same-Day-Delivery zu nutzen. Einige der Einzelhändler könnten ihre Waren auf Amazon zum Verkauf bieten und Amazon auch das Fulfilment überlassen – gesetz dem Fall, dass sie genug Ressourcen haben, um einen Teil ihrer Lagerbestände an den Online-Händler zu übergeben.

Local Register muss erweitert werden

Eine andere Option: Amazon ermöglicht es Kunden, Waren online zu bestellen oder zu reservieren und anschließend im stationären Geschäft abzuholen. Eine weitere Möglichkeit wäre die Lieferung direkt aus dem Geschäft an die Kunden – vorzugsweise noch am selben Tag der Bestellung. Aber ganz gleich wie Amazons Pläne aussehen: Die Einzelhändler müssten dem Unternehmen Informationen über ihre Lagerbestände zukommen lassen.

Ansonsten könnte es passieren, dass ein Kunde etwas online bestellt und die Ware bei der Abholung dann nicht im Geschäft verfügbar ist. Del Rey kann daraus nur einen Schluss ziehen: „Das bedeutet, dass Amazon die Features seines derzeitigen POS-Systems erweitern und Inventar-Management oder Tracking-Tools integrieren muss.“ Ob die Einzelhändler dem Unternehmen diese Daten aber zur Verfügung stellen wollen, ist eine ganz andere Frage.