Spuk im KI-Generator

Seltsame Frau sucht digital erschaffene Kunstwerke heim

Veröffentlicht: 15.09.2022 | Geschrieben von: Ricarda Eichler | Letzte Aktualisierung: 15.09.2022
Gruseliges digitales Gesicht lacht

Um durch eine künstliche Intelligenz (KI) ein Bild erzeugen zu lassen, füttert man diese meist zunächst mit Referenzmaterial oder bestimmten Begriffen. Dem Künstler Supercomposite fiel beim Experimentieren ein wiederholt auftauchendes Motiv auf: eine traurig aussehende Frau mit roten Wangen und braunen Haaren. Wieder und wieder tauchte sie auf und löste aus, dass die Bilder um sie herum zunehmend zu verstörenden Horrorszenarien wurden. Doch wie genau kommt es dazu, dass Frau, die der Künstler „Loab“ taufte, in praktisch jedem neuen Bild auftaucht?

Das Gegenteil von Marlon Brando

Bereits im April trat Loab zum ersten Mal in Erscheinung. Doch erst jetzt, im September, erzählte der Digital-Künstler Supercomposite in einer Reihe von Tweets ihre Geschichte. So experimentierte er im April mit der KI-Technik „negative prompts“ herum.

Ein „negative prompt“ ist dabei praktisch ein umgekehrter Suchbegriff. Die KI versucht nach Eingabe, das absolute Gegenteil des Begriffes zu erzeugen. Als der Künstler dies mit dem Schauspieler Marlon Brando versuchte, erzeugte die KI eine Art Logo, welches Gebäudeumrisse und den Schriftzug „DIGITA PNTICS“ enthielt.

Die logische Schlussfolgerung schien zu sein, dass ein erneuter „negative prompt“ des Schriftzuges ihm zwangsläufig eine Art Bildnis von Brando ausspielen sollte. Stattdessen erhielt er eine Reihe von Bildern, welche wiederholt die gleiche Frau zeigte.

(Content Note: Bilder einer bekümmert aussehenden Frau mittleren Alters)

Künstliche Intelligenz zeigt ihre Abgründe

Das Bildnis der Frau zog sich durch die weiteren Werke, welche der unbekannte KI-Generator ausspielte. Supercomposite kombinierte die vorhandenen Bilder mit weiteren Suchbegriffen und anderem Bildmaterial. Heraus kamen dabei Bilder, wie man sie sonst nur aus harten Horrorfilmen kennt. Wie es jedoch dazu kommt, dass die Kombination von „Loab“ und Bildern, auf denen Engel den Himmel betreten, zu blutigen Szenerien führen, lässt sich nur schwer erklären.

„Da Loab mit Hilfe der negative-prompt-Gewichtung erzeugt wurde, ist ihr Bildnis eine Sammlung von Merkmalen, die jeweils gleichermaßen das extreme Gegenteil der jeweiligen Eingabe sind. Für die KI sind ihre kombinierten Eigenschaften dennoch ein zusammenhängendes Konzept. Deswegen enthalten praktisch alle davon abstammenden Bilder eine erkennbare Loab“ schrieb Supercomposite in einem der Tweets (Content Note: Der Tweet enthält Bildmaterial, welches verstörend wirken kann). 

Was uns der digitale Horror über KI verrät

Die gesamte Tweet-Reihe liest sich wie eine Neuauflage des japanischen Horror-Klassikers „The Ring“ in welchem ein gruseliges Mädchen die Opfer nach dem Abspielen einer VHS-Kassette jagte. Wie der Künstler gegenüber dem Portal CNET bestätigte, betonte er dabei auf Twitter absichtlich die gruselig anmutenden Aspekte der Geschehnisse. Inhaltlich trugen diese sich aber genau so zu. 

Fakt scheint zu sein, dass künstliche Intelligenz deutlich mehr ist, als ein Bildgenerator, der wild Material zusammenmischt. Durch Funktionen wie „negative prompts“ denkt die KI in eine Richtung, die sich von außen oft nicht erkennen lässt. Die Richtung ist dabei jedoch bestimmt durch die Erfahrungen, welche die KI zuvor sammeln konnte. Die KI lernt automatisch dazu und lässt, wie auch ein Mensch, Erlerntes in neue Werke einfließen.

Über die Autorin

Ricarda Eichler
Ricarda Eichler Expertin für: Nachhaltigkeit

Ricarda ist im Juli 2021 als Redakteurin zum OHN-Team gestoßen. Zuvor war sie im Bereich Marketing und Promotion für den Einzelhandel tätig. Das Schreiben hat sie schon immer fasziniert und so fand sie über Film- und Serienrezensionen schließlich den Einstieg in die Redaktionswelt.

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