Kolumne: Alle Daten sind gleich, aber manche sind gleicher

Veröffentlicht: 15.12.2017 | Geschrieben von: Julia Ptock | Letzte Aktualisierung: 15.12.2017

Netzneutralität ist in den USA Geschichte. Die amerikanischen Telekommunikationsaufsicht Federal Communications Commission (FCC) hat sich bei einer Entscheidung am Donnerstag mit drei von fünf Stimmen für die Aufweichung der Netzneutralität entschieden. Damit werden in den USA Daten im Internet nicht mehr gleich behandelt.

Sorgt das Ende der Netzneutralität für mehr Investitionen?

In den USA können Telekommunikationskonzerne wie AT&T, Verizon oder Comcast nun bestimmte Daten blockieren oder eben auch bevorzugen. Giganten wie Amazon, Netflix oder Facebook dürften mit Entscheidung zwar auch nicht zufrieden sein, doch die dicken Portmonees und der Einfluss der Giganten dürfte dafür sorgen, dass die eigenen Dienste zumindest nicht gedrosselt werden. Anders sieht es hingegen für die kleinen Unternehmen aus. Aber auch die Bevorzugung eigener Content-Angebote der Telekommunikationskonzerne ist damit leider nicht mehr so unwahrscheinlich.

Interessanterweise sehen die Befürworter der Abschaffung der Netzneutralität in der Entscheidung einen Sieg für die Bewahrung der Freiheit des Internets. Laut t3n argumentiert beispielsweise FCC-Chef Ajit Pai, der von Donald Trump in das Amt gehievt wurde, dass die Netzneutralität zu sinkenden Investitionen bei der Infrastruktur und die Online-Services geführt habe. Durch die Entscheidung soll sich dies jetzt ändern. Anders sieht das hingegen Jessica Rosenworcel. Wie bei Spiegel Online zu lesen, hat die FCC-Demokratin, die für den Erhalt der Netzneutralität gestimmt hat, bereits im Vorfeld der Entscheidung gewarnt, Pais Plan würde Breitband-Anbietern „die Macht geben, zu entscheiden, welchen Stimmen sie mehr Gehör verschaffen und welche Websites wir besuchen können“. 

Netzneutralität in Europa?

Wie sich am Ende die Entscheidung, gegen die im Vorfeld in den USA viel protestiert wurde, auf die Realität auswirken wird, ist noch nicht abzusehen. Allerdings stellt sich zwangsläufig die Frage, ob sich die Abschaffung der Netzneutralität in den USA auch auf Europa und Deutschland auswirken wird. In der Süddeutschen Zeitung zeigt sich Alexander Sander, Geschäftsführer des Bürgerrechtsvereins „Digitale Gesellschaft“ recht unbeeindruckt. Er sieht in der Entscheidung keinen direkten Einfluss auf Europa. Er merkt jedoch an, dass der Lobbydruck durch Provider auch in Berlin und Brüssel zunehmen könnte.

Und hier wird es gefährlich. Denn auch die EU ist nicht der größte Fan der Netzneutralität. Im September 2013 gab es bereits einen Vorschlag für eine EU-Verordnung zum Telekommunikationsbinnenmarkt, bei der es auch um die Netzneutralität ging. Allerdings hat das EU-Parlament im April 2014 den Vorschlag mit erheblichen Änderungen versehen und klargestellt, dass Netzneutralität ein Grundsatz ist, „nach dem der gesamte Internetverkehr ohne Diskriminierung, Einschränkung oder Beeinträchtigung und unabhängig von Absender, Empfänger, Art, Inhalt, Gerät, Dienst oder Anwendung gleich behandelt wird“. Wenn Europa weiter auf eine umfassende Netzneutralität besteht, könnte die Entscheidung aus dem USA sogar zum Vorteil für Europa werden, da sich vielleicht das ein oder andere Unternehmen aus der Digital- und Tech-Branche nach anderen Standorten umsieht.

Das Thema ist noch nicht vom Tisch

Doch noch ist das letzte Wort in den USA zur Entscheidung der Federal Communications Commission nicht gesprochen. Vor der Entscheidung gab es viele Proteste von Verbrauchern. Und man kann zu 100 Prozent davon ausgehen, dass die FCC sich in den kommenden Wochen und Monaten mit vielen Klagen von Netzneutralitätsverfechtern beschäftigen werden muss. Es wird also spannend bleiben, wie sich die Situation entwickelt. Und am Ende, so die Hoffnung, sind vielleicht doch alle Daten einfach gleich und nicht einige gleicher.

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