Kommentar: Die CSU verplant die Digitalisierung

Veröffentlicht: 23.01.2018 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 23.01.2018

Die CSU hat jüngst große Pläne veröffentlicht. Ihr 10-Punkte-Plan für Bayern behandelt diverse Aspekte, um die sich die Partei kümmern will. Doch beim Thema Digitalisierung offenbart die CSU, wie wenig sie von der Welt verstanden hat.

Smartphone ohne Netz
© Georgejmclittle – Shutterstpck.com 

Der designierte Bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat einen 10-Punkte-Plan für Bayern vorgelegt. Dieser Plan soll die Regierungsarbeit der CSU umreißen. „Wir kümmern uns um Bayern und das Land“, heißt es in der offiziellen Mitteilung der Partei. Doch beim Thema Digitalisierung fährt die Partei den Karren in den Dreck und wird ihn wohl dort stecken lassen. Denn für die Digitalisierung in Bayern will man sich Zeit lassen.

„Bis 2050 soll es eine Digitalisierung der Infrastruktur, eine einheitliche Tarifstruktur sowie abgestimmte Fahrpläne geben“, heißt es beim vierten der zehn Punkte. „Der Ausbau von WLAN läuft bereits: Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 insgesamt 20.000 Hotspots in allen Bussen und Regionalbahnen einzurichten.“

Ursprüngliche Formulierung: WLAN bis 2050

Mit WLAN bis 2020 hinken wir (bzw. die Bayern) dem Rest der Welt zwar immer noch weit hinterher, aber immerhin hat die Partei diesen Zeitplan gestrafft. In einer ursprünglichen Version des 10-Punkte-Plans war noch von „WLAN bis 2050“ die Rede. Auf Twitter finden sich noch einige Screenshots dieser ursprünglichen Version. Die CSU hat inzwischen klargestellt, dass das WLAN bis 2020 kommen soll. Dass man hier schneller agieren will, verbuche ich jetzt mal als gut – dass man sich mit der Digitalisierung dennoch bis 2050 Zeit lassen will, ist aber absurd.

Vom Eisernen Vorhang bis zu selbstfahrenden Autos

Wir sprechen hier schließlich von einem Zeitraum von 32 (!) Jahren. Das ist für die Digitalisierung nicht nur nicht praktikabel, das ist allgemein für das Leben in der Welt kaum praktikabel. 32 Jahre entspricht einer Generation. Dass die Welt bis 2050 anders aussehen wird, steht außer Frage. Zum Vergleich, hier einmal einige Entwicklungen der letzten 32 Jahre (1986 – 2018):

  • Ich werde geboren
  • Die Berliner Mauer fällt, die Sowjet-Union zerbricht
  • Tim Berners-Lee erfindet das Internet
  • Ich werde eingeschult
  • Amazon, Ebay, Google, Facebook, YouTube etc. werden gegründet
  • Die Anschläge vom 11. September
  • Dritter Golf-Krieg
  • Der Euro wird eingeführt
  • Apple stellt das iPhone vor
  • Ich mache mein Abi
  • Die Bitcoin wird erfunden
  • Ich beende meine Studium
  • Amazon stellt den Echo und Alexa vor
  • Selbstfahrende Autos sind im Straßenverkehr unterwegs

Die CSU wird die Welt in 32 Jahren nicht mehr wiedererkennen. Die Digitalisierungspläne der Partei sind mit diesem Zeitraum also zum Scheitern verurteilt – oder anders gesagt: Die Partei will der Welt geplant 32 Jahre hinterherlaufen. Dass Söder dann auch noch großspurig betont, dass die Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs „nicht allein eine kommunale, sondern auch eine staatliche Aufgabe“ sei, grenzt da schon an Lächerlichkeit.

Die CSU ist zweifellos nicht die einzige Partei, die ein Problem mit der Digitalisierung hat – aber dieser 10-Punkte-Plan zeigt überdeutlich, wie wenig die Partei von der Materie versteht.

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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