Gastbeitrag von T.R. Newcomb

KI in der Betrugsprävention: Chancen und Limitationen

Veröffentlicht: 16.05.2023 | Geschrieben von: Gastautor | Letzte Aktualisierung: 23.06.2023
KI

Mit KI-Systemen können wir heute Millionen von Datenpunkten in nur wenigen Sekunden analysieren. Es gibt hierbei aber auch tote Winkel. Die menschliche Komponente ist bei der Betrugsprävention daher unumgänglich, um neue Betrugsmuster erkennen und auf diese reagieren zu können. 

Früher: Künstliche Intelligenz in den Kinderschuhen

1956 schafften Allen Newell, Herbert A. Simon und Cliff Sha einen Meilenstein im Bereich der Künstlichen Intelligenz, kurz KI. Sie entwickelten den Logic Theorist, ein frühes KI-System, das seinen Einsatz in der Lösung mathematischer Probleme fand. Zu dieser Zeit standen viele Mathematiker vor der Herausforderung, komplexe mathematische Theorien zu beweisen. Indem sie verschiedene Schritte manuell durchführten, konnten sie mühsam Beweise für ihre Annahmen finden und zusammenstellen. 

Mit der Einführung des Logic Theorists änderte sich das. Der Mathematiker gab dem Logic Theorist das mathematische Theorem und die zugrunde liegenden Regeln der mathematischen Logik. Das Künstliche Intelligenzsystem begann daraufhin, die verschiedenen logischen Schritte zu analysieren und Möglichkeiten zur Beweisführung zu erkunden. Es durchlief dabei systematisch verschiedene Pfade des logischen Denkens und prüfte, ob sie zu einer Lösung führten. Dabei nutzte es eine Reihe von Regeln und Heuristiken, um potenzielle Beweisstrategien zu entwickeln. Das System konnte verschiedene Ansätze ausprobieren und analysieren, um den besten Weg zum Beweis zu finden. Nach einiger Zeit präsentierte der Logic Theorist dem Mathematiker dann einen vollständigen Beweis für das gegebene Theorem. 

Diese ersten Versuche mit dem Logic Theorist verdeutlichten die Anwendungsmöglichkeiten der Künstlichen Intelligenz in der Praxis. Das System konnte mathematische Denkprozesse automatisieren und effizienter gestalten, was sowohl Mathematikern als auch anderen Forschern neue Möglichkeiten und Perspektiven eröffnete. Es war ein bedeutender Schritt in der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz und legte den Grundstein für weitere Fortschritte in diesem Bereich. Heute, fast 70 Jahre später, wird KI eingesetzt, um nahezu jeden Aspekt des modernen Lebens zu verbessern: Von der automatischen Korrektur unserer Textnachrichten über virtuelle Assistenten bis hin zur Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Zudem hat KI mittlerweile auch großen Einfluss auf Bereiche, die bislang von menschlichen Fähigkeiten dominiert wurden, wie beispielsweise kreatives Schreiben und die Malerei.

Heute: KI als wichtiger Bestandteil der Betrugsprävention

Einer der wohl größten Vorteile von Künstlicher Intelligenz ist, dass durch sie heute Millionen von Datenpunkten in Sekunden verarbeitet und kategorisiert werden können – und zwar auf eine Art und Weise, die das menschliche Gehirn niemals erreichen kann. Und trotzdem: Den Punkt, an dem die maschinelle die menschliche Intelligenz vollständig ersetzen kann, haben wir in den meisten Bereichen noch nicht erreicht. Wirft man beispielsweise einen Blick auf das Thema Betrugsprävention, wird schnell klar, dass es sich dabei um ein offenes System handelt, das in KI-Systemen und -algorithmen unvermeidliche tote Winkel erzeugt.

Wie genau KI lernt, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören beispielsweise die Daten, mit denen sie gefüttert wird, sowie der Umfang und die Art der Merkmale, die das System bei der Analyse berücksichtigen soll. Darüber hinaus kann eine KI nur auf verfügbare Informationen reagieren, was bedeutet, dass sie nur auf Basis von in der Vergangenheit Gelerntem und daraus ableitbaren Mustern Vorhersagen treffen kann. In die Zukunft schauen kann sie aber nicht. Das bedeutet wiederum, dass man in der Betrugsprävention durch die Nutzung von KI viele Möglichkeiten hat, aber auch mit Limitationen rechnen muss.

Chancen durch Datenanalyse und Echtzeiterkennung

Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz eröffnet der Betrugsprävention eine Vielzahl von Chancen und Möglichkeiten. Eine der Hauptvorteile liegt darin, dass KI-Algorithmen in der Lage sind, große Datenmengen zu analysieren und dabei Muster betrügerischen Verhaltens zu erkennen, die für menschliche Analysten äußerst schwer zu identifizieren wären. Durch Echtzeitanalysen können KI-Systeme verdächtige Aktivitäten schnell erkennen und umgehend Maßnahmen ergreifen, um Betrugsversuche abzuwehren. Darüber hinaus ist KI in der Lage, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und neue Betrugsmuster zu erkennen. Durch maschinelles Lernen und die Analyse von Daten kann die KI ständig dazulernen und sich an veränderte Taktiken der Betrüger anpassen. Dies ermöglicht eine proaktive und adaptive Betrugserkennung, die fortlaufend aktualisiert wird, um den neuesten Bedrohungen einen Schritt voraus zu sein.

Ein weiterer Vorteil von KI liegt in der Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge und versteckte Muster in den Daten zu erkennen. KI kann zahlreiche Variablen und Merkmale berücksichtigen, die für die Betrugserkennung relevant sind und von menschlichen Analysten möglicherweise übersehen werden. Dadurch können präzisere Vorhersagen und Entscheidungen getroffen werden, um Betrugsversuche frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. Durch den Einsatz von KI in der Betrugsprävention können Unternehmen auch den Kundenservice verbessern. KI-basierte Systeme können verdächtige Aktivitäten automatisch erkennen und Benutzer in Echtzeit benachrichtigen. Dadurch wird der Schutz vor Betrug für die Kunden gestärkt und das Vertrauen in die Online-Dienste gesteigert.

Tote Winkel der Technologie

Trotz der Vorteile gibt es beim Einsatz von KI in der Betrugsprävention auch bestimmte Limitationen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass KI-Systeme auf Basis historischer Daten trainiert werden. Das bedeutet, dass es einige Zeit dauern kann, bis das System neue Betrugsmethoden erlernt und erkennt, da es sich auf vergangene Muster stützt. Wenn sich Betrugstaktiken ändern, kann es zu einer gewissen Verzögerung kommen, bis die KI entsprechend reagiert.

Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass KI-Algorithmen den Kontext nicht immer vollständig verstehen können. Dies kann dazu führen, dass legitime Transaktionen fälschlicherweise als betrügerisch eingestuft werden, wenn bestimmte Muster oder Merkmale erkannt werden, die von der üblichen Verhaltensweise abweichen. Solche Fehlalarme können zu unnötigen Komplikationen für rechtmäßige Kunden führen. KI kann zudem keine künftigen Entwicklungen oder bisher unbekannte Betrugsmuster prognostizieren. Daher ist es wichtig, dass Unternehmen ihre KI-Systeme regelmäßig aktualisieren und mit neuen Daten trainieren, um auf aktuelle Bedrohungen reagieren zu können.

Das maximale Potenzial ausschöpfen

In der Betrugsprävention ist der Faktor Mensch immer noch unverzichtbar. Maschinelles Lernen ermöglicht moderne Ansätze zur Betrugsprävention, doch allein reicht es nicht aus. Selbst die leistungsstärkste KI benötigt menschliche Eingaben, um eine umfassende Betrugsprävention zu gewährleisten. Menschen sind nach wie vor besser darin, menschliches Verhalten zu verstehen. Gute Betrugsanalysten haben das Wissen darüber, wie Betrüger denken, kennen die sich ständig ändernden Trends auf dem Markt und wissen, welche Vorgehensweisen in bestimmten Branchen typisch sind.

T. R. Newcomb

Die entscheidende Komponente, um das volle Potenzial der Künstlichen Intelligenz auszuschöpfen, liegt in der Kombination von maschinellem Lernen und menschlicher Expertise. Es ist daher wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der Überwachung und Entscheidungsfindung durch Menschen in den Prozess integriert, um vom Einsatz der KI voll profitieren zu können. 

Im Onlinehandel kann beispielsweise ein gut aufgebautes Datennetzwerk, in dem alle relevanten Informationen zu Betrugsmethoden und -mustern anonymisiert gesammelt werden, in Verbindung mit Experten, die diese Methoden kontinuierlich und gründlich analysieren, ein unschlagbarer Vorteil sein. Während KI in der Lage ist, Betrugsmuster zu identifizieren, können die Experten die gesamte Komplexität der Situation berücksichtigen und dabei zusätzliche Faktoren einbeziehen, die für die Systeme allein schwer zu erkennen sind.

Die Bedeutung von KI wird in der Betrugsprävention künftig weiter wachsen, denn Betrüger arbeiten tagtäglich gezielt an Taktiken und Methoden, um ihre Opfer möglichst gut zu täuschen. Es liegt an uns, die vorhandenen Systeme zur Erkennung und Abwehr von Betrug zu nutzen und uns so bestmöglich auf all diese neuen Herausforderungen vorzubereiten. Nur so ist es möglich, sich effektiv und zukunftsfähig gegen Online-Betrüger zu wappnen.

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