Entwicklerkonferenz I/O

Künstliche Intelligenz: Google lässt die Muskeln spielen

Veröffentlicht: 11.05.2023 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 23.06.2023
Google I/O

Zum ersten Mal seit 2019 hat Google seine Entwicklerkonferenz I/O wieder live mit Tausenden Teilnehmer:innen veranstaltet. Nicht nur deswegen musste die Veranstaltung für den Konzern ein Paukenschlag werden. In den vergangenen Monaten fand sich Google wie selten zuvor in der Defensive. Das Thema KI hat Microsoft mit ChatGPT seit dem vergangenen Herbst enorm befeuert, von Google hörte man lange nichts, dann kam Bard und die Reaktionen waren verhalten. Die Entwicklerkonferenz vom Mittwoch soll Googles Führungsrolle erneuern.

Daher stand bei der Veranstaltung im kalifornischen Shoreline Amphitheatre künstliche Intelligenz über allem. Google hat zwar auch neue Geräte – faltbare Pixel-Smartphones, neue Tablets – vorgestellt, aber diese spielten nur die zweite Geige. Wirkliche Überraschungen waren an dieser Stelle ohnehin nicht zu erwarten. Bei KI aber muss Google klotzen, damit der Neustart als Tech-Leader gelingt.

Neues KI-Sprachmodell: PaLM 2

Im Zentrum dieses Neustarts steht das neue KI-Sprachmodell PaLM 2. Dieses soll in 25 Google-Produkten eingesetzt werden und in drei Bereichen die Vorgängerversion entscheidend verbessern. Das Sprachmodell ist auf mehrsprachige Texte trainiert und beherrscht mehr als 100 Sprachen. Gedichte, Rätsel oder auch Redewendungen sollen besser verstanden, generiert und übersetzt werden. Die Google-Managerin Sissie Hsiao veranschaulicht dies an der beliebten deutschen Redewendung „Ich verstehe nur Bahnhof.“ Das übersetzt die Software wörtlich mit „I only understand Train Station“, erklärt in der Folge aber auch, dass es sich um ein Idiom handelt, das eine andere Bedeutung hat.

Zum zweiten sei die logische Argumentation von PaLM 2 verbessert worden. Das Modell sei fähig, mit Logik, gesundem Menschenverstand und Mathematik umzugehen und zu argumentieren. Und zum dritten soll das Sprachmodell ein wertvoller Helfer beim Programmieren werden. PaLM 2 beherrsche Programmiersprachen wie Python oder JavaScript, könne Code mit Kommentaren versehen, auf Fehler prüfen und diese korrigieren – anders als die Konkurrenz fehlerlos, wie Google verspricht.

Bard endlich echter GPT-Konkurrent?

PaLM 2 ermögliche es auch, den KI-Dienst Bard auf neue Sprachen auszuweiten und ist Grundlage für ein großes Update des Dienstes. Bard soll nun alles das werden, was es eigentlich im Februar schon hätte sein müssen, um ChatGPT wirklich Konkurrenz zu machen. Zwar gibt Google den Status des Dienstes nach wie vor als „experimentell“ an, um Kritik an fragwürdigen Ergebnissen vorzubeugen. Der Funktions- und Integrationsumfang wird nun aber massiv erhöht.

Zunächst wird Bard in den kommenden Wochen Nutzer:innen in 180 Ländern und in 40 Sprachen zur Verfügung gestellt – bislang war es lediglich in den USA und Großbritannien verfügbar. Deutschland wird vorerst nicht dabei sein, dafür aber Antigua und Barbuda, Mikronesien und Turkmenistan. Ob unter den 40 Sprachversionen deutsch zumindest verfügbar sein wird, ist offen.

Der erweiterte Funktionsumfang verspricht viel: Bard soll Suchanfragen künftig mit Videos und Fotos anreichern. Umgekehrt soll ein Bildgenerator integriert werden, der auf Basis von bestimmten Eingaben Bilder erstellt. Dafür arbeitet Google mit Adobe zusammen, dessen Firefly-Bildgenerator in Bard integriert wird.

Darüber hinaus soll der KI-Assistent in diverse Google-Apps integriert werden, etwa Docs, Drive, Gmail oder Google Maps. Letzteres soll dank KI generell leistungsfähiger werden und bessere 3D-Ansichten, Routen und Live-Informationen bieten.

 

Die neue Google-Suche

Auch Googles Kernprodukt – die Suche – soll dank KI eine Rundumerneuerung erhalten. Künstliche Intelligenz ist längst tief im Algorithmus verwurzelt, mit der Integration von generativen KI-Funktionen soll die Suche aber „neu gedacht“ werden. Gerade komplexere Fragen sollen natürlicher beantwortet werden. Über den Suchergebnissen wird ein sogenannter Snapshot erscheinen, der die Suchergebnisse grob zusammenfasst. Darunter erscheinen dann die Suchergebnisse und Möglichkeiten für Folgefragen. So sollen die Nutzer:innen quasi im Dialog nach und nach verfeinern können.

Auch beim Shopping und bei den Anzeigen soll generative KI stärker zum Tragen kommen. Zunächst wird die „neue“ Suche als Experiment in den Search Labs gestartet, um Feedback zu erhalten und das System zu optimieren – eine Art ausgedehnter Beta-Test. Dafür können sich Nutzer:innen seit Mittwoch anmelden.

Die KI-Offensive, die Google mit der I/O gestartet hat, darf als Kampfansage an Microsoft und an ChatGPT verstanden werden. Es ist in den vergangenen Jahren nicht oft vorgekommen, dass Google sich in die Verfolgerposition finden musste. Klar ist aber auch: Die Neuerungen müssen schnell Früchte tragen, um bei der KI-Revolution ganz vorn dabei zu sein.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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