EU-Studie

Fast jede Webseite nutzt manipulative Dark Patterns

Veröffentlicht: 31.05.2022 | Geschrieben von: Markus Gärtner | Letzte Aktualisierung: 31.05.2022
Marionette im Kopf eines Mannes

Wer im Web auf eine neue Seite surft, kennt das: Der Anbieter fragt den Nutzer, ob er ihm Benachrichtigungen schicken darf – und der „Erlauben“-Button sieht dabei immer ein bisschen präsenter und relevanter aus, etwa mit einer anderen Farbe unterlegt. Derartige Tricks und Manipulationen auf Webseiten sind als sogenannte Dark Patterns („dunkle Muster“) bekannt und berüchtigt. Die EU-Kommission hat derartige Psycho-Tricks bei den größten Anbietern in einer umfassenden Studie untersuchen lassen. Die Ergebnisse: Nahezu alle großen Unternehmen nutzen solche Tricks, die den Nutzern vielfältig schaden können. Zum Teil sind diese sogar schon zwangsgewöhnt. Wir haben das Phänomen der Dark Patterns bereits in einem Extra-Beitrag beschrieben (siehe Infokasten).

Für die Studie wurden die Webseiten und Apps mit dem meisten Traffic in der EU unter die Lupe genommen, darunter unter anderem Google, Amazon, Facebook, Ebay, Zalando, Ikea, WhatsApp und TikTok. 97 Prozent der Unternehmen haben dabei Nutzer mit Dark Patterns zu Aktionen verführt, die nicht immer in deren Sinne sein dürften.

Vorsicht vor diesen Dark Patterns

Das sind die häufigsten Tricks:

  • versteckte Informationen / falsche Hierarchie
  • Vorauswahl
  • „Nörgelei“
  • schwierige Stornierungen 
  • Zwangsregistrierung

Oft werden die verschiedenen Muster auch kombiniert. In verschiedenen Bereichen werden bestimmte Tricks besonders häufig angewandt – im E-Commerce etwa Countdown-Timer, die einen Nutzer zum schnellen Kauf zwingen sollen. 

Online-Nutzer erkennen Webseiten-Tricks nicht – oder haben sich schon dran gewöhnt

Die Manipulation durch die Dark Patterns ist vielen Online-Usern gar nicht bewusst, warnt die Studie. „Die Fähigkeit des Durchschnittsverbrauchers, die Anwendung dieser Praktiken zu erkennen, ist eher begrenzt. Und, was noch bedenklicher ist, die Verbraucher scheinen das Vorhandensein von unlauteren Praktiken als Teil ihrer normalen digitalen Erfahrung zu akzeptieren und sich an sie zu gewöhnen“, so die Autoren. Besonders gefährdet sind dabei ältere Personen und solche mit einem geringen Bildungsniveau.

Die möglichen Schäden eines fehlgeleiteten Klicks können vielfältig und gefährlich sein: von finanziellen Verlusten über eine Verletzung der Privatsphäre bis zu kognitiven Belastungen und psychischen Schäden. Darüber hinaus könne sogar das generelle Online-Business in Gefahr geraten, denn solche unfairen Geschäftspraktiken können das Vertrauen der Verbraucher in digitale Märkte gefährden, heißt es.

Sind Dark Patterns illegal?

Obwohl das Problem der Dark Patterns schon weithin bekannt ist, tut sich der Gesetzgeber mit dem Vorgehen dagegen schwer. „Eine zentrale Herausforderung ist, dass solche Praktiken oft in einem unscharfen Bereich zwischen legitimen Überzeugungsversuchen und illegitimen Manipulationstechniken bewegen“, erklären die Studienautoren.

Unter anderem mit dem Digital Services Act (siehe Infokasten) will die EU schärfer gegen unlautere Tricks und Nutzer-Manipulation ankämpfen. Trotzdem seien wohl weitere „legislative Anpassungen notwendig“, heißt es in der Studie. Außerdem schlagen die Autoren vor, Leitlinien und eine Verpflichtung für Unternehmen zur fairen sowie neutralen Gestaltung derartiger Methoden zu erstellen. 

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