Ama-Zone

Werbung bei Alexa – Ab wann wird Komfort zu teuer?

Veröffentlicht: 22.09.2022 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 22.09.2022
Stopp-Knopf

In der Reihe „Ama-Zone“ grübelt Tina Plewinski über die vielfältige Welt von Amazon: über Vor- und Nachteile des Online-Riesen, neue Entwicklungen, trendige Hypes, die unablässigen Machtbestrebungen des Konzerns und – im aktuellen Teil dieser Reihe – über ihre Beziehung zu Alexa.

Möglicherweise werde ich mich bald trennen. Von meiner heimischen Sprachassistentin Alexa. Dass ich womöglich diesen drastischen und durchaus emotionsgeladenen Schritt gehen muss, hat mit Änderungen zu tun, die Amazon für sein digitales Assistenzsystem angekündigt hat: Amazon will es nämlich erlauben, dass Alexa bald auch werbliche Aussagen trifft. Kurz gesagt: Ich frage und Alexa antwortet mit Werbung. Ich könnte ihr jetzt schon den Stecker ziehen, wenn ich daran denke, dass ein solches Szenario auf uns beide zukommt. Und dabei hatte alles so schön angefangen …

Alexa hilft. Und nervt manchmal. 

Eigentlich ist mir Alexa sehr ans Herz gewachsen. Wie ich bereits in vorangegangenen Kommentaren anklingen ließ, liebe ich den Komfort, den sie bietet: Sie steuert das heimische Licht, spielt Musik, erinnert mich daran, den Teebeutel aus der Kanne zu nehmen, schickt mich zu wichtigen Terminen, befüllt meine Einkaufslisten und beantwortet mir Fragen des Alltags. Ein Traum.

Allerdings funktioniert auch unser trautes Zusammenleben nicht immer ganz reibungslos: Immer wieder schlägt sie mir vor, kostenpflichtige Zusatzdienste zu buchen oder macht ungefragte Bemerkungen rund um den Einkauf. Das nervt. „Alexa, stopp!“ ist daher ein Sprachbefehl, den sie sich von Beginn an immer wieder anhören musste und mit dem ich ihr – so unschicklich das auf sozialer Ebene auch ist – regelmäßig ins Wort falle.

Die Ankündigung, dass Alexa auf Fragen bald schon mit Werbung antworten könnte, dürfte unsere Beziehung noch stärker belasten und womöglich zu unüberbrückbaren Differenzen führen.

Amazon verspricht mehr Expertenwissen

Amazon begründet den Schritt mit noch größeren Vorteilen für die Kundinnen und Kunden, weil ja Unternehmen bekanntermaßen Experten für ihre eigenen Produkte sind. Und dieser Experten-Status verleihe ihnen auch die Kompetenz, sich zu bestimmten Themen zu äußern: Mit der Funktion „Customers ask Alexa“ (zu Deutsch: „Kunden fragen Alexa“) können Nutzer – und bald eben auch Unternehmen – Antworten auf häufig gestellte Kundenanfragen hinterlegen.

Ein Beispiel: Fragt ein Nutzer, wie man am besten Grünspan bzw. Moos von Holzplanken auf Terrasse oder Balkon entfernt, würden viele Profis aus der Praxis wahrscheinlich Seifenwasser, Wurzelbürste, Schleifmittel und im Anschluss eine solide Ölung empfehlen. Haben Firmen künftig die Möglichkeit, ihr „Expertenwissen“ zum eigenen Produkt weiterzugeben, dürfte die Antwort auf die Frage wohl lauten: „Mit unserem professionellen Moosentferner inklusive Moosenternungs-Set XY für nur 99,99 Euro sieht Ihr Holzboden bald wieder aus wie neu!“ – Danke für Nichts, Alexa!

Beim Gedanken an solche „Unterhaltungen“ mit meiner Alexa stellen sich mir jetzt schon die Nackenhaare auf. Ich möchte keine Werbung. Ich möchte keine Empfehlungen für kostenpflichtige Dienste oder Abos. Und erst recht möchte ich keine Werbeempfehlungen auf Alltagsfragen. „Alexa, wonach schmeckt Trüffel?“ – „Das weiß ich leider nicht. Aber im Restaurant xy gleich um die Ecke erfährst du es, denn dort sind gerade Trüffel-Wochen!“

Ein System ohne Transparenz?

Man möge mir meine überspitzte Darstellung nachsehen – jedoch hat Amazon in der Ankündigung nicht verlauten lassen, nach welchen Kriterien letztendlich entschieden wird, ob werbliche oder nicht-werbliche Tipps und Antworten gegeben werden. Und wie hoch der Anteil solcher werblichen Aussagen letztlich tatsächlich ist, steht noch in den Sternen.

Allerdings dürfte es Firmen sicher gelegen kommen, wenn den Nutzerinnen und Nutzern das System dahinter möglichst intransparent bliebe. Denn sogenanntes „Native Advertising“ lebt schließlich davon, dass redaktionelle und werbliche Inhalte verschwimmen.

Heißt es „sie oder ich?“, dann entscheide ich mich für mich.

Ich denke schon, dass es für Amazon grundsätzlich nicht ganz einfach sein dürfte, die hauseigenen Lautsprecher und die Alexa-Dienste möglichst wirtschaftlich zu betreiben. Und sicher dürfte sich Amazon auf längere Sicht auch höhere Einnahmen durch Zusatzfunktionen oder -dienste erhoffen. 

Doch ich wäre durchaus bereit – so wie ich es bereits mit dem E-Book-Reader Kindle getan habe – etwas mehr Geld für eine werbefreie Variante des Lautsprechers auszugeben. Ja, ich würde beim Kauf des nächsten Geräts mehr bezahlen, damit Alexa mir im Alltag hilft oder mir in Ruhe meine gekaufte Musik abspielt, statt mir ständig Werbetipps zu geben. 

Sollte eine derartige Option nicht möglich sein und es keine Alternative zur Werbung geben, heißt es wohl: sie oder ich. Denn meine Abneigung gegen ungefragte Werbung ist derart groß, dass ich bei zu hoher Werbelast mein Leben lieber ohne Alexa führen würde. Und das wäre schon traurig. Also hier meine dringliche Bitte: „Alexa, spiel keine Werbung!“

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Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

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