Kolumne: Flieg nicht so hoch, mein kleiner Schuh

Veröffentlicht: 19.12.2014 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 19.12.2014

Wenn es um Marketing-Aktionen geht, gilt gemeinhin die Regel: je ausgefallener, desto besser. Da bleibt dann manchmal auch die Frage nach dem Sinn auf der Strecke.

Jüngstes Beispiel: Zalando. Der Online-Händler veranstaltet derzeit seine Hack Week, in der Innovationen erarbeitet werden. Ein Projekt, das Social-Media-wirksam inszeniert wurde: Der „Space Shoe“. Ein Paar High Heels sollte per Ballon in die Stratosphäre befördert werden, bis die Luft wieder aus dem Ballon gelassen wird und das Ganze wieder zu Boden sinkt. Schnell noch eine GoPro-Kamera drankleben, damit das Ganze auch eingefangen werden kann. Der Blick wurde natürlich auf ein Teamfoto und das Zalando-Logo an der Box gerichtet. Ordnung muss sein. Leider fuhren starke Winde dem Team in die Parade und sorgten für einen Abbruch der Aktion.

Das gescheiterte Experiment hatte im Vorfeld alles, was es für viel Dramatik braucht: Verzögerungen aufgrund von schlechten Wetterbedingungen, dadurch eine Erfolgsaussicht von 0,78 Prozent. Und trotzdem ein motiviertes und ehrgeiziges Team, das allen Widrigkeiten trotze: der Natur, der deutschen Bürokratie (die Startlizenz war hierzulande nicht gegeben worden, man wich auf Polen aus), der polnischen Bürokratie (die Startlizenz in Polen war nicht leicht zu erhalten), den gerissenen Fallschirmschnüren, der Frage nach dem Sinn. Im Januar soll der zweite Versuch stattfinden

Kostenfreie Retoure gilt auch im All

Zalando ließ auf der Website des Space Shoes verlauten: „Zalando is about to make its first space delivery!“ – Zalando wird seine erste Weltraum-Zustellung durchführen. Aber an wen? Es gibt keine Stadt dort oben, keine Wohnung, an der vielleicht der PaketButler befestigt ist, falls der Bewohner nicht da ist. Diese Lieferung war von Anfang an eine Direkt-Retoure – für den Kunden kostenfrei, versteht sich.

Zalando hat auch kaum die technische Umsetzbarkeit des Versuchs beweisen müssen. Leblose Gegenstände wurden schon öfter mit Ballons in die Stratosphäre geschafft – in der britischen Sendung ManLab hat ein Amateurteam so sogar die Asche einer Katze und eines Kanarienvogels zur Weltraumbestattung gebracht. Noch medienwirksamer war die Unternehmung von Felix Baumgartner, der den Aufstieg an den Rand des Weltraums und anschließenden Sprung zurück gen Boden gemeinsam mit Red Bull zelebrierte.

Ist das etwa wirklich nur PR?

Wir wissen also schon: Man kann selbst einen Menschen – eine vermutlich komplexere Lebensform als ein Schuh – in 39 Kilometer Höhe fahren und per freien Fall wieder sicher zur Erde bringen. Zalando wird mit seiner Aktion keine Errungenschaften für die Weltraumforschung, die NASA, die Logistik oder die Herstellung von Schuhen erreicht haben. Eine reine PR-Aktion, die offenbar nur dazu dienen sollte, Zalandos Namen in die Medien zu bringen. Hat trotz schwerer Beschädigung des Fallschirms geklappt, ich schreibe ja auch darüber… in diesem Sinne: Gute Arbeit, Zalando.

Aber es bleibt trotzdem die Frage: Wozu?

Übrigens: Alan Eustace, Senior Vice President von Google, hat Baumgartners Rekord-Sprung am 24. Oktober gebrochen – Im Alter von 57 Jahren. Ohne Livestream, ohne Twitter-Feed, ohne Google-Logo auf seinem Anzug.

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