Kommentar: Der Influencer-Wahn – Warum sagen uns immer andere, was uns gefällt?

Veröffentlicht: 22.11.2017 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 21.11.2017

Früher war alles besser… anders! Früher ging man in den Laden, schaute sich ein Produkt an und entschied sich dafür oder dagegen. Und wenn sich später herausstellte, dass man mit dem eigenen Wunschartikel dann doch einen Griff in die Toilette getätigt hatte, so lernte man zumindest dazu. So einfach war das.

Heute läuft das Einkaufen vielerorts ganz anders. Heute machen viele Käufer keine eigenen Fehler mehr – dazu gibt es schließlich die Influencer. Ob Beauty & Kosmetik, Wohnen & Einrichten, Sport & Fitness oder Mode & Accessoires – niemand muss mehr selbst entscheiden, was gefällt. Influencer sagen uns, welche Produkte gut sind und welche schlecht, wer der beste Anbieter ist und welche Geschäfte man keinesfalls ansteuern sollte. Sie sagen uns, welche Preise akzeptabel sind und wofür man als Kunde keinesfalls tiefer in die Tasche greifen darf.

via GIPHY

 

Der aktuelle Hype um Influencer geht mittlerweile so weit, dass dm aktuell beispielsweise Influencer-Boxen anbietet: Zum zweiten Mal nutzt die Drogeriekette die vorweihnachtliche Zeit, um Boxen zu verkaufen, in denen Blogger einige ihrer Lieblingsprodukte zusammenfassen.

Influencer, die gar keine sind? – Von wegen!

Influencer wollen uns – allein schon dem Namen nach – beeinflussen. Das darf man den Influencern natürlich nicht ins Gesicht sagen. Dann nämlich ist der Aufschrei groß: Sie lassen sich nicht einfach von beliebigen Unternehmen kaufen, sagen sie dann. Sie wollen nicht beeinflussen, sondern inspirieren. Uns anregen. Uns beflügeln.

Doch mir stellt sich die Frage: Wie soll ich als Kunde selbstständig werden, flügge werden und eigene Entscheidungen treffen können, wenn ich nicht selbstständig und unabhängig entscheiden darf, was mir gefällt?

Natürlich profitiere auch ich beim Online-Shopping von den Käufen anderer. Kundenrezensionen und Erfahrungen von Freunden helfen mir tagtäglich, dabei zu entscheiden, ob sich der Kauf eines Produkts lohnen könnte oder nicht. Doch Influencer zu sein ist ein Job. Für viele sogar ein Hauptberuf, mit dem der Lebensunterhalt bestritten wird. Eine Dienstleistung, die Unternehmen nutzen, um die eigenen Produkte ins rechte Licht zu rücken und in aller Munde zu bringen. Die Objektivität läuft damit nicht nur Gefahr, abhanden zu kommen, sondern sie muss von Grund auf in Frage gestellt werden.

Der Handel im Wandel

Ein entscheidendes Manko dabei ist immer auch: Meist sind schlechte Erfahrungen nachhaltig und haben positive Wirkungen auf künftige Käufe. Wenn man als Kunde nie selbst schlechte Erfahrungen macht und sich immer nur von fremd-gehypten Produktempfehlungen anderer leiten lässt, verschiebt sich das Verhältnis zur Ware und zum gesamten Handel. Indem uns die schlechten Erfahrungen als Käufer abgenommen werden, sinkt die Toleranz gegenüber Misserfolgen. Die Ansprüche steigen. Das ist im Grund nichts Schlechtes, denn auf diese Weise wird der Standard immer weiter angehoben.

Doch für kleinere Unternehmen, die aus finanziellen Gründen eben nicht in der Lage sind, neben dem Suchmaschinenmarketing und der Werbung in sozialen Medien auch noch Influencer zu bezahlen, hat diese Entwicklung natürlich Nachteile. Sie drohen in der Masse – neben all den gehypten und „influenzierten“ Produkten und Unternehmen – unterzugehen.

Und das wäre mit Blick auf die Vielfalt und Diversität des Online-Angebots wirklich traurig. Vielleicht ist es an der Zeit, dass Kunden wieder mehr Mut beweisen, selbstständiger werden und eigene Erfahrungen machen.

 

via GIPHY

 

 

Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Tina Plewinski

Kommentare  

#4 Lucas 2018-03-30 23:17
Die ersten Influncer, machten sich keinen Instagram-Accou nt, um damit Geld zu verdienen.
Zu beginn passierte alles aus Zufall.
Ein Account wurde beliebter und beliebter, spezialisierte sich auf eine gewisse Nische z.B. Sport und wurde langsam sehr bekannt.
Unternehmen nutzten diese Personen als Werbeträger Ihrer Produkte. Der Vorteil davon ist, dass die Unternehmen die perfekte Zielgruppe erreichen und somit auch viel mehr Geld verdienen können.
Somit haben die Unternehmen den Beruf Influencer erfunden, da sie diese bezahlen.
Hier habe ich auch einen Interessanten Artikel zu diesem Thema gefunden der alles noch etwas genauer umfasst.
mensmagzn.com/.../

Im großen und ganzen ein guter Artikel!
Zitieren
#3 happygreens 2017-11-27 09:39
In der Tat würde Influencermarke ting das Produkt verteuern. Es ist eher nötig bei Produkten, die wenig Nachkauffaktor haben. Produkte, die von sich aus bereits gut sind z.B. weil sie schmecken, brauchen kein Infuencermarket ing. Damit kann man sogar werben.
Zitieren
#2 Thoralf 2017-11-23 14:19
Ok, ich find Influencer auch overhypet - nur:

1. Die meisten Influencer fahren bewusst eine Mischstrategie aus authentischen Berichten und #ad #werbung #schleichwerbun g. Und wer nicht ganz #doof ist, kommuniziert das auch. Nur weil damit der Lebensunterhalt gesichert ist/wird, heißt es nicht, dass damit gleichzeitig 100 % aller Aussagen gekauft sind. Schauspieler drehen ja auch nicht rund um die Uhr Filme, sondern nur etappenweise...

2. Objektivität muss bei jeder öffentlichen Aussage in Frage gestellt werden. Schließlich will jeder was verkaufen...

3. (Große) Influencer werden meistens von brands genutzt, die sich diese auch leisten können. Schließlich enden Kampagnen nicht nach einem Post. Damit profitieren dann auch die kleinen Unternehmen vom übergeordneten Marketing der brands die sie verkaufen.

Zudem gibt es (kleine) Influencer, die nur einen Nischenmarkt / lokal "Einfluss" haben. Die sind oft deutlich billiger... oder gleich Fake (0110101). :D
Zitieren
#1 Nina 2017-11-23 12:03
Influencer als solche haben sich ja nicht selbst Influencer genannt, sondern wurden von den Agenturen und Co. als solche betitelt.

Wenn man sich nicht inspirieren oder meinetwegen beeinflußen lassen möchte, hat man eine Chance: Einfach nicht anschauen, was so empfohlen wird ;) Dann kann man auch alles selbst entscheiden. Wobei... wie Du schttps://www.o nlinehaendler-n ews.de/administ rator/index.php ?option=com_jco mments&task=com ment.edit&id=11 362hon geschrieben hast, die eigene Entscheidung wird auch von Freunden beeinflußt und vor allem der Werbung im TV, Magazinen und Co. Und da haben kleine neue Unternehmen auch kein Geld für, also kann man den Influencern da keinen Vorwurf machen. Aber als kleines, neues Unternehmen hat man eine Chance: Dem Influencer das Produkt zusenden und hoffen. dass er das so toll findet und einfach es ohne geldwerte Gegenleistungen erwähnt und zeigt. Dann gibt es sogar Werbung für lau. ;)
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.