Kommentar zum Geoblocking: Im Online-Handel sind alle Kunden gleich, oder?

Veröffentlicht: 07.02.2018 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 07.02.2018

Das EU-Parlament hat die sogenannte Geoblocking-Verordnung verabschiedet. Damit soll unterbunden werden, dass Händler bestimmte Kunden aussperren oder ihnen höhere Preise anzeigen. Das dürfte vor allem die Verbraucher freuen. Doch ganz durch ist die neue Verordnung nicht.

Europa-Karte
© bymandesigns – Shutterstock.com

Im Online-Handel sollen künftig alle Kunden gleich sein. Die bisher durchaus angewandte Praxis, Kunden aus bestimmten Ländern den Zutritt zum Online-Shop zu verwehren oder ihnen höhere Preise anzuzeigen, wird wahrscheinlich fallen. Die Entscheidung des EU-Parlaments, die Geoblocking-Verordnung zu verabschieden, ist ein wichtiger Schritt dahin. Ein Schritt, der vor allem Verbraucher freuen dürfte. Doch ganz durch ist die neue Verordnung nicht: Der Europäische Rat muss noch zustimmen. Erst dann wird das Geoblocking im Online-Handel abgeschafft.

Doch während sich die Verbraucher freuen, dass sie ihre Online-Einkäufe künftig in allen ausländischen Shops tätigen (und damit wohl auch auf billigere Angebote im Ausland zugreifen) können, gucken Händler ein wenig in die Röhre. Denn sie hatten bisher auch die Möglichkeit, Länder von ihrem Online-Shop auszuschließen, in die der Versand etwa zu teuer war. Gut, durch die Geoblocking-Verordnung sollen Kunden auch die Möglichkeit bekommen können, Ware beim Händler abzuholen, wenn dieser nicht in das Zielland liefert. Damit sind die Händler also immerhin nicht zur Lieferung gezwungen, müssen im Zweifel aber eine Abholstelle einrichten.

Das Thema ist nicht unproblematisch

Die neue Verordnung dürfte aber vor allem größeren Händlern in Schlag versetzen: Wie Spiegel Online berichtet, sollen vor allem große Online-Shops in verschiedenen EU-Ländern die gleiche Ware zu unterschiedlichen Preisen angeboten haben. Mit der Geoblocking-Verordnung wäre dieser Praxis ein dicker Riegel vorgeschoben – gleiche Preise für alle Kunden in der EU. Dass hinter den unterschiedlichen Preisen aber unterschiedliche Faktoren – Liefer-/Transportkosten, Lohnniveau im Land etc. – stecken, scheint die Geoblocking-Verordnung auszublenden. Ganz unproblematisch ist das Thema also keinesfalls.

Zudem wird das Geoblocking nicht gänzlich abgeschafft. Für urheberrechtlich geschützte Waren macht die Verordnung noch eine Ausnahme. Hier steht aber ebenfalls eine Überprüfung des Geoblockings an. Auch in Sachen digitale Medien wird es die virtuellen Ländergrenzen noch weiterhin geben. So bietet Netflix in unterschiedlichen Ländern der EU ein unterschiedliches Angebot. Auch Fernsehsender wie die BBC verwehren den Zugriff auf ihre Mediatheken vom Ausland aus. Der Weg zum vollständigen Binnenmarkt scheint also noch ein weiter zu sein.

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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Kommentare  

#4 Michael 2018-02-08 06:56
@Redaktion

Zur Zeit biete ich in meinem Shop als Länderauswahl bei Rechnungsadress e und Lieferadresse nur "Deutschland" an.

Wenn das Gesetz durch ist, bin ich dann gezwungen als Rechnungsadress e auch alle EU-Länder anzubieten, Lieferadresse aber weiterhin nur "Deutschland" möglich?
Betonung liegt bei der Rechnungsadress e. Ich MUSS dann auch alle EU-Länder als Rechnungsadress e zulassen????

Oder anders gefragt: Wenn ich weiterhin als Rechnungsadress e nur Länderauswahl "Deutschland" zur Verfügung stelle, dann wäre dies auch als Geotracking zu sehen und somit nicht erlaubt?
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#3 Peter Kemper 2018-02-07 15:21
Praktisch ja totaler Blödsinn. Wie will denn der Franzose mit mir kommunizieren, wenn ich gar nicht erst französisch als Sprache anbiete?

Und wie soll das mit den Versandkosten funktionieren, wenn mein Artikel 300 Euro kostet (Möbel) innerhalb BRD 100 Versand kostet, aber nach Spanien 300 Euro.
Da ebay, amazon usw. gerne die Versandkosten im Artikelpreis haben möchten, was macht der EU Wächter nun? Oder soll ich alle Kunden über einen Kamm scheren und einen gemeinsamen gleichen Preis machen. Dann aber würde der Spanier wie geschnitten Brot bestellen und der Deutsche gar nicht mehr. Und ich müsste über kurz oder lang für alle den Preis der entferntesten bzw. teuersten Lieferadresse anbieten.

In einem Zeitalter wo es modern ist, dass man z.B. Lebensmittel aus der Region konsumiert, um die Kosten für den Tansport zu minimieren ist es lächerlich, dass eine Regierung daherkommt und das nun genau anders herum plant. Die gehören doch alle weggeschlossen.
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#2 Redaktion 2018-02-07 15:13
Hallo Uwe,

die Händler sollen durch die Geoblocking-Ver ordnung nicht dazu gezwungen werden, ins Ausland versenden zu müssen. Sie müssen dann allerdings eine Möglichkeit bieten, dass Kunden aus dem Ausland die Ware abholen können.

Unsere Rechtsexpertin sieht folgende Umsetzung in Online-Shops: "Verkauf EU weit, Lieferung aber nur nach DE, alle anderen Kunden im Ausland (Abholung)"

Viele Grüße
die Redaktion
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#1 Uwe 2018-02-07 14:15
Hallo,

bisher werden nur Waren in Deutschland angeboten, dieses wird dadurch beschränkt, dass in den Versandarten nur Deutschland als Versandland angeboten wird.

Ist dieses dann erlaubt oder muss ich zur Umsetzung eine weitere Versandart ins EU-Ausland anbieten.

Wenn ja wie sieht es mit den Kosten aus, die Versandkosten sind ja erheblich Höher als innerhalb von Deutschland?

Schon mal Danke für die Informationen
Uwe
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