Kolumne: Google, Verfechter kleiner Händler?

Veröffentlicht: 23.03.2018 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 23.03.2018

Der Kampf zwischen Google und Amazon geht in die nächste Runde: Nachdem Amazon immer stärker in den Online-Werbemarkt, der derzeit von Google und Facebook dominiert wird, vordringt und zuletzt mit starken Wachstumsraten überzeugen konnte, holt Google zum Gegenschlag aus: Der Suchmaschinenbetreiber hat angekündigt, dass Händler künftig Produkte direkt in der Shopping-Suche listen und verkaufen können. Den Besuchern will Google sogar einen einheitlichen Warenkorb und Instant Checkout bieten.

Damit greift Google auf Mechanismen zurück, die Amazon zum Erfolg verholfen haben. Denn durch einen übersichtlichen Warenkorb und Instant Checkout wird das Einkaufserlebnis einfach und schnell gestaltet – perfekt für die Ansprüche der ungeduldigen und verwöhnten Kundschaft! Ganz offensiv dringt Google in das Herrschaftsgebiet von Amazon vor und will ein größeres Stück vom E-Commerce-Kuchen abhaben.

Google sucht ein weiteres Standbein

Die Motivation scheint klar: Viele Menschen nutzen Google, um nach Produkten zu suchen. Dann landen sie auf der Website eines Händlers – in vielen Fällen Amazon – und schließen dort den Kauf ab. Google verdient an diesem Vorgang nichts. Das soll sich ändern. Gleichzeitig baut das Unternehmen ein zweites Standbein auf, das auch etwas stabiler als der Online-Werbemarkt ist: Nach dem Cambridge-Analytica-Skandal um Facebook sackte auch die Aktie der Google-Mutter Alphabet ab. Anleger fürchten, dass der Werbemarkt in Folge des Datenskandals stärker reguliert werden könnte. Gleichzeitig wiegt noch der Werbe-Fauxpas schwer, bei dem Werbe-Anzeigen vor Hass-Inhalte auf YouTube geschaltet wurden und zahlreiche Werbetreibende das Google-Programm boykottierten.

Und während die Alphabet-Aktie unter Druck geraten ist, zog Amazon an ihr vorbei. Denn der Online-Händler verdient sein Geld eben nicht hauptsächlich mit Werbung, sondern mit dem Verkauf von Gütern und seinem Cloud-Service AWS.

Uneigennützig? Nein. Verwerflich? Auch nicht.

In Googles Worten ist die Erklärung für den Schritt Richtung E-Commerce einfach: Man sehe sich als Unterstützer der Händler und wolle ihre Sichtbarkeit bei den Kunden erhöhen. „Wir sehen uns selbst als Teil einer Lösung für Händler, um bessere Verkäufe zu machen“, so Daniel Alegre, President for Retail and Shopping bei Google. Die Händler könnten die große Reichweite von Google tatsächlich zu ihrem Vorteil nutzen – aber den uneigennützigen Gedanken mag man Google trotzdem nicht abnehmen.

Dem Suchmaschinenbetreiber dürfte es eben vor allem darum gehen, das eigene Geschäft weiter auszubauen. Den Händlern die Plattform zu bieten, ist dabei nur der gewählte Weg. Ist das verwerflich? Keineswegs. Einige Händler dürften sich sogar freuen, dass sie ihre Produkte nun auch direkt über Google verkaufen können. Es gibt genug Händler, die sich nicht Amazon hingeben wollen oder von dem Marktplatz genervt sind – oder ihn sogar als großen Konkurrenten betrachten. Paradebeispiel sind hier Walmart und Target, die die neue Google-Funktion bereits nutzen. 

Über den Autor

Michael Pohlgeers
Michael Pohlgeers Experte für: Marktplätze

Micha gehört zu den „alten Hasen“ in der Redaktion und ist seit 2013 Teil der E-Commerce-Welt. Als stellvertretender Chefredakteur hat er die Themenauswahl mit auf dem Tisch, schreibt aber auch selbst mit Vorliebe zu zahlreichen neuen Entwicklungen in der Branche. Zudem gehört er zu den Stammgästen in unseren Multimedia-Formaten, dem OHN Podcast und unseren YouTube-Videos.

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