Kommentar: Werben mit der WM – Brötchen, Waffen und einfach zu viel

Veröffentlicht: 13.06.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 13.06.2018

Die WM ist das ideale Werbeumfeld, um im Sommerloch Kasse zu machen. Das ist auch schön und gut, wenn es richtig gemacht wird, wenn es sinnvoll ist und wenn es passt. In vielen Fällen ist das eher nicht der Fall.

WM-Werbung Waffengeschäft
© Bild.de - Screenshot

Kleine Deutschland-Fähnchen fürs Auto sind wieder der Renner, der Bäcker nebenan hat wieder seine „fantasievoll“ eingeschnittenen Fußballbrötchen im Angebot und bei Saturn gibt es in diesem Jahr eine „Siegtor“-Prämie, die im besten Fall dafür sorgt, dass der 2.500 Euro teure OLED-Fernseher umsonst ist. Selbst, wer sich dem öffentlichen Leben komplett entzieht, kommt an der am Donnerstag startenden Fußball-Weltmeisterschaft nicht mehr vorbei – und das nicht erst mit Anpfiff zwischen Russland und Saudi-Arabien, sondern schon seit Tagen und Wochen.

Zumindest in Deutschland lässt es sich bei wohl keinem anderen Sportereignis so lukrativ werben wie bei der WM – jedenfalls wenn man es richtig und rechtssicher macht. Aber das Ereignis und das konstante WM-Grundrauschen verleiten offenbar auch dazu, ohne Sinn und Verstand auf alles „Fußball“ und „Weltmeisterschaft“ zu kleben. Wenn man dann bei Rewe wieder die kleinen Fußballkarten bekommt, die pünktlich ab dem 16. Juli (der Tag nach dem Finale zwischen Deutschland und Frankreich, ähäm) wieder mal in irgendeiner Kiste verstauben (na, wer hat noch den Carsten Jancker von 2002 herumliegen?), dann ist das ja noch zu ertragen.

Waffen und Waschmittel

Spätestens aber das Waffengeschäft in Bremen (berichtet von Bild.de), das im Schaufenster mit dem Slogan wirbt: „Die beste Abwehr der Welt kommt aus Deutschland“, macht mal wieder deutlich, wie sehr der Verstand vieler Werbetreibender aussetzt, wenn die Aussicht auf schnelle Absatzsteigerungen zu verlockend wird. Man erinnere sich bitte an die Werbeaktion von Ariel vor vier Jahren, die Waschmittelkartons mit Fußballtrikots bedruckte und „Ariel 88“ tatsächlich für eine gute Idee hielt. Dr. Oetker macht dem Waschmittelhersteller in diesen Tagen mit „Back deinen Mann glücklich“ große Konkurrenz.

Diese unterhaltsamen Fails sind dabei nicht mal das größte Problem. Das größte Problem ist das übertriebene Trittbrettfahren, das man nun wieder allerorten beobachten kann. Ich bin ja nun wirklich ein großer Fußball-Fan und werde mit Anpfiff des Eröffnungsspiel so viele Spiele schauen, wie es Beruf und Familie eben ermöglichen, aber am Ende ist es ein bisschen wie an Weihnachten. Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage sind toll, analog dazu der Fußball-Kern der Weltmeisterschaft. Aber das ganze Drumherum – die Weihnachtsmärkte, die Werbekampagnen, die Musik, das ganze übertriebene „Weihnachtsgedöhns“ – das kann mir doch wirklich gestohlen bleiben.

Es ist zu viel

Warum müssen Brötchen wie Fußbälle aussehen, warum muss der Käse eine WM-Edition bekommen, warum müssen Jacketts ausnehmend hässlich mit Deutschlandflaggen bedruckt werden, warum Crunchips nach „Stadionwurst“ schmecken und, ganz ehrlich: Nicht jedes Tier, dass ab und zu nach links und sonst aufs Katzenklo läuft, ist ein „Orakel“.

Ich will gar nicht absprechen, dass das Werben mit der WM lukrativ ist und dass Anbieter, die Geld verdienen wollen, auf diesen eigentlich recht einfach zu bespielenden Zug aufspringen, ist vollkommen legitim. Aber gilt nicht auch hier im Zweifel: Weniger ist mehr? Vielleicht sehe ich das nach einem Fußball-Brötchen mit Deutschland-Nutella und einem Glas Neymar-Orangensaft ja anders.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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