Kolumne: Die Musterfeststellungsklage trifft vor allem die Großen

Veröffentlicht: 22.06.2018 | Geschrieben von: Ivan Bremers | Letzte Aktualisierung: 22.06.2018

Wer Recht hat, soll auch Recht bekommen. Dieser Slogan steht an fast jeder Mitteilung der Regierung zum Thema Musterfeststellungsklage. Für viele gilt sie als vermeintliche Sammelklage gegen rechtswidrig handelnde Händler. Doch das ist sie gar nicht und Händler sollten sich nicht verrückt machen lassen.

Die Sammelklage, die keine ist

Warum die Musterfestellungsklage keine Sammelklage ist, lässt sich nicht nur an der ganz bewusst anderen Nennung erkennen, sondern schlicht und ergreifend an dem was sie wirklich leisten kann. Verbraucher können durch sie tatsächliche oder rechtliche Sachverhalte klären lassen. Aber im Gegensatz zu der Sammelklage, an die jeder scheinbar derzeit denkt, bekommt der Verbraucher auch bei einer positiven Feststellung erst mal kein Geld oder eine ähnliche Entschädigung. In den USA hingegen bekommen Geschädigte bei einer sog. class action tatsächlich im Erfolgsfall die geforderte Entschädigung.

In Deutschland muss auch nach Abschluss jeder Verbraucher selbst noch einmal vor Gericht und sich sein Recht erstreiten. Der Vorteil liegt nur darin, dass er nun die Feststellungen des Oberlandesgerichtes in der Tasche hat. Doch dies ist eigentlich nicht neu, denn das deutsche Recht kannte die Feststellungsklage schon vor dem VW-Skandal. Neu ist lediglich, dass viele Verbraucher sich gemeinsam durch einen qualifizierten Verein oder Verband vertreten lassen und so Zeit und Geld sparen können. Das ist gut für die Verbraucher, aber jedoch keine Sammelklage im allgemeinen Verständnis.

Kleine Händler müssen jetzt keine Angst haben

Die Musterfeststellungsklage kann tatsächlich dazu führen, dass ein Unternehmen sich einer Vielzahl von Klägern ausgesetzt sieht, die eine Streitigkeit mit ihm klären wollen. Aber das werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich nicht die Einzelkämpfer und mittelständischen Händler sein, denn dazu sind die Voraussetzungen bei diesen einfach nicht gegeben. So müssen sich mindestens 10 Verbraucher mit dem selben Problem in das sog. Klageregister eintragen und 50 weitere in den nächsten zwei Monaten finden, bevor es überhaupt zu einer Klage kommt. Das ist eine Menge, vor allem wenn man bedenkt, dass ein Händler sich mit Einzelfällen ärgert, wo es sich vielleicht um verspätete Lieferung oder unterschiedliche Meinungen um das Widerrufsrecht dreht. Eine große Anzahl an Verbraucher wird somit nur selten geschädigt. Nur Händler, die am Ende die Größe und Anzahl von Kunden wie etwa VW vorweisen können, sollten sich explizit mit der Musterfeststellungsklage auseinandersetzen.

Die Aufregung, die keine zu sein braucht

Bisher wird im Zusammenhang mit der neu geschaffenen Klageart immer nur VW in Verbindung gebracht, denn zum einen hat VW tatsächlich viele verärgerte Kunden mit demselben Problem und zum anderen unterbricht die Klage die Verjährung der möglichen Ansprüche. Und dass jetzt Verbände aus dem Boden schießen, um die Klageart missbräuchlich zu eigenen Gunsten zu nutzen, ist bei den Anforderungen an einen Verband auch kaum in einer großen Anzahl zu erwarten. Klar ist die derzeitige Aufregung verständlich, da sowohl VW als auch Sammelklage immer genannt werden. Aber am Ende bleibt es einfach eine Klageart. Und von diesen haben wir in Deutschland wirklich schon sehr viele andere. Nebenbei bemerkt gibt es schon etwas sehr ähnliches: Es nennt sich einfach – eher langweilig – subjektive Klagehäufung.

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