Kolumne: Wie bequem und inkonsequent sind wir Internetmenschen eigentlich?

Veröffentlicht: 21.09.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 21.09.2018

Tech-Konzerne machen, was sie wollen und wir Internetnutzer lassen alles mit uns machen. Es ist zum Trend geworden, die Großen mit Shitstorms zu überhäufen. Die Konsequenz daraus? Gibt es nicht…

Was wir in den letzten Wochen alles schon wieder berichtet haben. Airbnb verstößt gegen Verbraucherrechte und braucht erst ein EU-Ultimatum, um zu checken, dass das vielleicht nicht die feine Art ist. Apple erfasst Anrufe und E-Mails, um die „Vertrauenswürdigkeit“ des Geräts zu berechnen, sammelt damit aber einfach noch persönlichere Daten als man eigentlich erwartet hätte. Amazon erhebt (vielleicht) Daten aus Transaktionen von Marktplatz-Verkäufern, um sie für sich zu nutzen.

Keine Konsequenz, keine Änderung

Konzerne machen mit uns, mit unseren Daten, was sie wollen – egal, ob das gut, rechtmäßig oder moralisch einwandfrei ist oder nicht. Nutzerdaten sind die Währung des Internets, da muss Moral auch mal hinten anstehen. Die Kritik an den Unternehmen ist laut, kommt aus Bevölkerung und Politik. Wir lästern über Facebook, wir stören uns an der Großmannssucht von Amazon. Und welche Konsequenzen ziehen wir daraus?

Schauen wir doch mal: Airbnb schreibt erstmals in seiner Unternehmensgeschichte schwarze Zahlen, Apple schafft es als erstes Unternehmen weltweit, mit einer Billion Dollar bewertet zu werden, Amazon schafft kurz darauf das gleiche. Und wie viele Alternativen zu Google kennen Sie so? Bing und DuckDuckGo? Wie viele davon nutzen Sie öfter als Google? Ich auch nicht. Weltkonzerne machen uns gläsern, zwingen uns zweifelhafte Pflichten auf und nehmen uns nicht ernst, weil sie es können. Weil sich in Quartalsergebnissen und Nutzerzahlen niederschlägt, das genau dieses Verhalten zum Erfolg führt. Das bisschen Stress mit der EU-Kommission? Geschenkt, der Daten- und Finanz-Rubel rollt doch trotzdem.

Wer redet, muss auch handeln

Wir sind nämlich viel zu bequem, um uns Alternativen zu suchen oder den Netzstecker gleich ganz zu ziehen. Und wir geben es sogar zu: 80 Prozent der Deutschen misstrauen Digitalkonzernen wie Amazon, Google und Facebook, 79 Prozent wollen eine strengere Regulierung. Die gleiche Menge sagt sogar, man müsse seine Macht gegenüber den Unternehmen stärker nutzen. Und was wird gemacht? Wir bleiben Kunden und Nutzer. 27 Prozent aus Bequemlichkeit und Gewohnheit, 14 Prozent, weil sie keine Alternativen kennen (was de facto auch bloß die Bequemlichkeit ist, nicht zu suchen) und 28,4 Prozent sehen keine Notwendigkeit zu wechseln, obwohl ihnen Amazon, Facebook und Google eigentlich nicht so richtig grün sind.

Wir können uns beschweren, so laut und so viel wir wollen. Solange wir keine Konsequenzen ziehen, keine Alternativ-Angebote wahrnehmen und diese damit indirekt so weit schwächen, dass die Platzhirsche wiederum noch mehr Marktanteile sammeln, solange wir nur reden, aber nichts tun – solange werden die digitalen Weltkonzerne unsere Rechte mit Füßen treten. Laut nach Veränderung zu rufen, gleichzeitig aber das nächste Ladekabel bei Amazon zu kaufen, den nächsten Facebook-Rant in der eigenen Facebook-Timeline zu platzieren und für das nächste iPhone lächerliche 1.000 Euro auszugeben – das entlarvt nicht die Unternehmen, sondern die schreienden Nutzer als inkonsequente Mitläufer.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#1 Dirk 2018-09-22 11:57
Respekt - gut geschrieben, was ich seit Jahren sage !
Facebook ist nach den ersten Datenskandalen in meinem Gesamten Netzwerk gesperrt, Whats app abgeschafft. Für mich ein Klax - für Freunde und bekannte ein Aufschrei .... "was - wie soll ich dich jetzt erreichen" ?.
"Klassisch - komm einfach mal auf einen Kaffee vorbei" ;) oder schreib mir eine Email an meinen Eigenen Server auf meine eigene Email Adresse.
Mein Handy ?... Ich liebe mein altes Windows Phone für 79 € und dabei es gewagt noch 921 € zu sparen. Ja zugegeben - beim Telefonieren ( ja wirklich... das "alte" kann das, was ich wirklich mit meinem Handy will) malt es mir keine Bunten Bilder auf die Wolken und ich habe keine Rauschunterdrüc kung bei meiner Schwiegermutter . Apropos Kaffee. Schmeckt viiiel besser aus einer Nicht Massen Röstung im Schnellverfahre n und ich geniesse ihn auch noch ohne ohne Alexa Musik Untermalung.
Bin ich ein Öko.... nein. Seit über 18 Jahren erfolgreicher Internet Anbieter und Vermarkter der den ganzen Scheiss einfach nicht braucht.
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