Kolumne: Von „supergeiler“ Werbung und Kannibalismus

Veröffentlicht: 28.02.2014 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 01.06.2018

Popularität ist alles! Ohne einen gewissen Grad an Bekanntheit und Medienwirksamkeit dürften es viele Unternehmen recht schwer haben, sich aus der „konkurrierenden Masse“ herauszuheben. Um also Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, scheint annähernd jedes Mittel recht: Unterhalten, erfreuen, verblüffen, schockieren.

Bei all der kreativen Marketing-Energie stellt sich jedoch die Frage, wie weit ein Unternehmen im Zuge seiner Werbestrategien gehen „darf“, ohne den Kunden abzuschrecken. Wieviel Kuriosität ist erlaubt? Wieviel „viel“ ist zuviel? Nehmen wir uns ein Beispiel aus der Praxis…

„Supergeile“ Werbung oder abstoßender Videoclip?

Man nehme einen alternden Künstler, motivierte Werbestrategen, eine große Schaufel Skurrilität, einen ansprechenden Bass und ein Quantum Obszönität, gebe alles in einen Mixer, mische es drei Minuten auf höchster Stufe und heraus kommt der neue Edeka-Werbespot. Hier zur Veranschaulichung:

 

 

 

Egal wie man nun zu dem Video stehen mag, ob man sich für so viel Originalität und Mut begeistern kann oder der Lebensmittelkette ab sofort jeglichen Geschmack abspricht – eines muss man dem Team von Edeka lassen: Es weiß, wie man die Aufmerksamkeit auf sich zieht und sich in den Gesprächsmittelpunkt rückt. Und das ist in der Branche häufig der Weg zum Erfolg.

Menschenfleisch aus dem Labor

Für Aufsehen sorgen derweil jedoch nicht nur Werbestrategien, sondern auch ganze Geschäftsideen. So präsentiert das Unternehmen „bite labs“ beispielsweise besonders kuriose, für viele Verbraucher wahrscheinlich auch abstoßende Pläne: Mithilfe von Bioreaktoren soll aus menschlichen Zellen (Myoblasten) Fleisch gezüchtet werden. Unter Zusatz von hochwertigen Tiererzeugnissen können so Salami und Co. aus dem Labor ins Tiefkühlregal der Lebensmittel-Ketten wandern.

Bei so einer Idee wäre es natürlich vollkommene Verschwendung die Zellen irgendeines 0-8-15-Menschen zu nehmen. Bite labs will nur erlesene Produkte anbieten und daher Fasern von prominenten Stars wie Jennifer Lawrence, James Franco oder Kanye West verwenden. Ist so etwas überhaupt erlaubt? – könnten sich nun einige Leser Fragen? Gezüchtetes Menschenfleisch, das an der Wursttheke verkauft und anschließend beim Abendessen genüsslich verspeist wird? – Da bekommen die Gerichte „Kids-Menü“, „Finger-Food“ oder „Tote Oma“ eine völlig neue Bedeutung.

Genug des Irrsinns! Natürlich handelt es sich bei der Unternehmensstrategie lediglich um einen werbewirksamen und durchaus gelungenen PR-Gag. Ziel war es, die Probleme der globalen und massenhaften Fleisch-Produktion in den Fokus zu stellen und Proteste anzuregen.  

Fazit

Es fällt leicht, sich über Geschmack zu streiten. Viele meinen: „Entweder man hat ihn oder man hat ihn eben nicht.“ Doch hat Werbung wirklich immer etwas mit Geschmack zu tun? Wenn etwas ästhetisch ist, wenn es den Augen, den Ohren oder gar dem Verstand schmeichelt, dann könnte man davon ausgehen, dass es wort- und klaglos hingenommen und einfach genossen wird.

Skurrilität, Obszönität oder Extravaganz hingegen regen den Menschen womöglich viel intensiver an, über den Auslöser zu sprechen, sich zu beschweren oder sich offen zu echauffieren.

Werbung hat immer die Aufgabe, das beworbene Produkt oder das entsprechende Unternehmen in den Mittelpunkt zu rücken. Und das schafft aus marketing-technischer Sicht eine „Strategie abseits der Norm“ vielleicht viel eher. Von daher dürften die beiden genannten Beispiele wohl voll ins Schwarze getroffen haben.

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