Kolumne: Warum Amazon sich für Brasiliens Erziehung interessiert

Veröffentlicht: 28.03.2014 | Geschrieben von: Giuseppe Paletta | Letzte Aktualisierung: 28.03.2014

In dieser Woche hat der deutsche Schulverlag Cornelsen sein Online-Portal scook gestartet. Das Online-Portal soll dem Schulverlag künftig dabei helfen, Schulbücher in Deutschland auch in digitaler Form zu vertreiben. Schüler sollen dadurch in Zukunft sowohl mit E-Books als auch mit klassischen Schulbüchern lernen können. An sich eine gute Idee, schließlich bleibt auch den Schulen der digitale Wandel nicht verwehrt. Und wenn ein erfahrener Schulverlag den Schulen beim Digitalen Wandel zur Seite steht, ist das sicherlich ein guter Anfang. Schließlich gibt es da noch ganz andere Interessenten.

Amazon kooperiert mit Erziehungsministerium

Schauen wir zum Beispiel auf die andere Seite des Atlantiks. Dort hat auch Amazon in den vergangenen Wochen angefangen, Schulen mit E-Books zu versorgen. Von allen Märkten die Amazon mit seinen Produkten bedient, hat sich der E-Commerce-Konzern dafür ausgerechnet Brasilien ausgesucht. Also gerade das Land, indem noch im Juni letzten Jahres Teile der Bevölkerung mit Demonstrationen gegen das Bildungssystem protestierten. Das staatliche Erziehungswesen Brasiliens leidet nach wie vor unter geringer finanzieller Ausstattung, Lehrermangel und unzureichender Qualifikation vieler Lehrer. Das führt dazu, dass viele Schulen meist schlecht ausgestattet und bauliche Mängel vorweisen.

Ein idealer Ort, um die eigene Produktpalette an den Mann zu bringen, scheint sich Amazon wohl gedacht zu haben. Denn in Zusammenarbeit mit Brasiliens Erziehungsministerium ist es Amazon in den vergangenen Wochen gelungen, rund 100.000 Lehrer des öffentlichen Dienstes Zugang zu seinen E-Books zu verschaffen. Die notwendigen Tablets dafür soll Brasiliens Regierung gesponsert haben.

Ministerium sponsert 600.000 Tablets

Eigentlich keine schlechte Sache, könnte man meinen. Doch Amazon wäre nicht Amazon, wenn sich hinter der Aktion nicht eine ausgeklügelte Marketingstrategie verbergen könnte.

Denn Amazon hat nicht nur ein eigenes Portal für Schüler und Lehrer namens Whispercast gestartet, viel mehr hat der US-Konzern offenbar Lehrer und Schüler Brasiliens dank des Erziehungsministeriums mit seiner kostenlosen „Kindle Lese-App“ ausgestattet. Mithilfe dieser App können die Nutzer Passagen in den E-Books markieren oder Notizen machen. Die „Kindle Lese-App“ soll in Brasilien zudem nicht nur auf Amazon-Tablets funktionieren, sondern auf fast allen Tablets, die es auf dem Markt gibt. Sie erlaubt es den Schülern und Lehrern dank Amazon, Klassiker wie Oliver Twist kostenlos als E-Book zu lesen. Und sie erlaubt es auch, kostenpflichtige Schulbücher mit wenigen Klicks zu kaufen.

Wenn ein Erziehungsministerium also 600.000 Tablets an Schulen verteilt und Schüler und Lehrer sich an kostenlose E-Books wie Oliver Twist und den Umgang mit dem kostenlosen Online-Portal Whispercast gewöhnt haben; wie wahrscheinlich ist es dann, dass sie über kurz oder lang auch ihre Schulbücher über Amazon – diesmal aber kostenpflichtig – beziehen werden?

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