Kolumne: Wenn Amazon zum Logistiker wird...

Veröffentlicht: 04.04.2014 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 04.04.2014

Es gibt kaum noch eine Branche, die auch nur irgendetwas mit dem E-Commerce zu tun hat, von der sich Amazon fernhält. Drohnen, E-Book-Reader, Webshop-Plattformen, Kredite, Payment, Logistik. In den USA hat Amazon.com nun langsam eigene Paketstationen für Lieferungen ausgerollt. Damit will das Unternehmen vor allem eins: bis zum Schluss den Versand kontrollieren. Wo soll das enden?

Mit den eigenen Schließfächern – vergleichbar mit der Packstation der DHL – will Amazon Online-Kunden die Rückgabe von bestellten Waren ermöglichen. Wie das Wall Street Journal berichtet, sei der Grund dafür der hohe Kostenaufwand bei Retouren. Schließlich zahlen die Händler in der Regel dann sowohl für den Versand zum Kunden als auch für den Rückversand. Da die Lieferdienste die Paketstationen ohnehin anfahren, will Amazon so ein wenig Geld sparen. Amazon scheint das Thema Logistik derzeit sehr am Herzen gelegen. In den letzten Jahren wurden immer wieder neue Lagerzentren gebaut, die Drohnenzustellung verkündet und auch ein Patent angemeldet, welches die Lieferung vor der Bestellung ermöglichen soll.

Packstationen für die Präsenz

Will Amazon mit dem Engagement in Sachen Logistik und Fulfillment nur Geld sparen? Wohl kaum. Amazon ist eher für seine aggressive Preispolitik als für ein nachhaltiges Sparprogramm bekannt. Jeff Bezos sagte einst, dass Amazon „aus Versehen“ für einen kurzen Zeitraum während seiner Anfangszeit profitabel war. Amazon bekommt durch die eigenen Paketstationen vor allem eins: mehr Kontrolle. Denn nun ist die Lieferung in Amazons Hand, bis der Kunde es selbst entgegennimmt. Und es befindet sich auch wieder in Amazons Hand, sobald der Kunde etwas zurückschickt. Amazon ist also das Unternehmen, welches in diesem Fall den Kontakt zum Empfänger der Bestellung hat. Nebenbei bemerkt steigt auch Amazons Präsenz in der „Offline“-Welt: Die Paketstationen befinden sich in Amerika auch in Supermärkten und anderen stationären Läden. In Großbritannien betreibt Amazon auch Paketstationen und hatte angeblich geplant, ausrangierte Schalter im Londoner U-Bahn-Netz dafür umzurüsten. Wieder wäre das eine enorme Steigerung der Präsenz.

Das Internet wird 'greifbar'

Amazon muss auch bei einem eigenen Packstationen-Netzwerk noch immer auf die Logistikunternehmen zählen können, die die Lieferung transportieren. Aber wer weiß, wie lange Amazon noch wartet, bis es eigene Lieferflotten einsetzt. Für den Versand von frischen Lebensmitteln soll das Unternehmen ja bereits in Verhandlungen über Lagerhäuser und auch LKW-Flotten stehen. In Amerika kann man die grünen Transporter mit dem Amazon Fresh Logo bereits seit einigen Monaten durch die Straßen fahren sehen.

Der Trend scheint sich generell in diese Richtung zu entwickeln: Auch eBay und Google haben Interesse und erste Schritte in Richtung Paketstationen und Logistikaktivitäten gezeigt. Das bringt dem Kunden zwar durchaus den oft beschworenen Komfort, macht auf der anderen Seite die Internet-Unternehmen aber auch ‚greifbar‘. Es sind nicht mehr nur Websites, die man im Browser aufruft: Es sind auch diejenigen, die die Ware dann zu mir bringen. Uneigennützig und nur zum Wohl des Kunden ist das in jedem Fall nicht.

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