Künstliche Verknappung, Irreführung und fehlende Transparenz

Kartellamt bemängelt Tricks von Online-Vergleichsportalen

Veröffentlicht: 12.04.2019 | Geschrieben von: Tina Plewinski | Letzte Aktualisierung: 12.04.2019
Waage mit zwei Waagschalen

In den vergangenen Monaten hat sich das Bundeskartellamt intensiv mit Online-Vergleichsportalen auseinandergesetzt und sie ganz genau unter die Lupe genommen. Nach eineinhalb Jahren hat die Behörde nun ihre Ergebnisse vorgelegt – und die sind alles andere als rosig; zumindest aus Verbrauchersicht.

„Mit Vergleichsportalen können Verbraucher sich schneller im Netz zurechtfinden und bessere und günstigere Leistungen finden. Wir haben aber auch verbraucherunfreundliche Tricks mancher Portale aufgezeigt“, sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. „Verbraucher sollten darauf achten, wie ein Ranking tatsächlich zu Stande kommt oder ob in den Vergleich auch möglichst viele Angebote eingeflossen sind.“

Bundeskartellamt zeigt sieben Problemfelder auf

Kritisiert wurde in diesem Zuge beispielsweise, dass Verbraucher in einigen Fällen von einer angeblichen Produkt-Knappheit oder auch exklusiven Angeboten quasi unter Druck gesetzt werden. Auch Irreführung der Verbraucher, Transparenzverstöße und Schleichwerbung werden als große Kritikpunkte aufgeführt.

Grundsätzlich hätten sich im Rahmen der Sektoruntersuchung insgesamt sieben unterschiedliche Problemfelder herauskristallisiert:

Wichtige Anbieter werden nicht einbezogen

Als erstes Problemfeld nennt das Bundeskartellamt den Fakt, dass es Bereiche gibt, in denen die Vergleiche verfälscht sind, weil wichtige Anbieter nicht berücksichtigt werden. Das trifft zwar nicht auf alle Vergleiche in allen Branchen zu – es gibt also auch Bereiche mit einem hohen „Marktabdeckungsgrad“ –, doch gerade mit Blick auf Versicherungen und Hotels sei ein solches Verhalten aufgefallen. „Diese wesentliche Information wird nur von einigen Portalen – z. B. mit einer Negativliste – für den Verbraucher hinreichend transparent gemacht“, schreibt die Behörde.

Provisionen verfälschen das Bild

Als weiteres Problemfeld wird die Zahlung von Geldern genannt: „Die Reihenfolge des Rankings wird bei Hotels auch von der Höhe der von den verschiedenen Anbietern gezahlten Provision mitbeeinflusst.“ Wenn die entsprechenden Online-Vergleichsportale die Vergleiche dann derart gestalten, dass Verbraucher diese als Empfehlungen wahrnehmen, würden sie in die Irre geführt. „Daran ändern auch die oftmals sehr allgemeinen oder versteckten Hinweise auf die Berücksichtigung der Provisionshöhe nichts.“

Ausblendung von Angeboten

In der Praxis komme es nach Angaben des Bundeskartellamtes durchaus vor, dass bei einem ersten Ranking gezielt bestimmte Angebote nicht aufgeführt bzw. ausgeblendet werden. Gründe hierfür könnten unter anderem fehlende Provisionszahlungen sein. Für Verbraucher sei ein solches Vorgehen vonseiten der Online-Vergleichsportale unter Umständen nachteilig.

Angebote auf Position 0

Weiterhin kritisch sei auch die Auflistung in manchen Fällen: So gebe es Vergleich – das Bundeskartellamt verweist hier explizit auf die Bereiche Energie und Telekommunikation –, bei denen vor dem eigentlichen Ranking ein Angebot aufgelistet wird, das nicht zum eigentlichen Ranking gehört. Die Rede ist hier von der sogenannten „Position 0“. Die Portale „erhalten hierfür teilweise Zahlungen von den Anbietern, ohne dass der Verbraucher darüber informiert wird, dass es sich hierbei um Werbung bzw. eine Anzeige handelt“, fasst das Bundeskartellamt zusammen.

Erzeugung von Druck auf die Verbraucher

Wie bereits erwähnt, komme es laut Behörde dazu, dass Verbraucher entweder unter Druck gesetzt oder dass falsche Erwartungen geschürt werden. Hintergrund sind beispielsweise Hinweise auf eine Produkt-Knappheit oder auf exklusive Vorteile und Angebote. Auch durch teils missverständliche Formulierungen werde Druck erhöht.

Verfälschtes Bewertungsbild

Kritisch sei auch der Fakt, dass die abgegebenen Bewertungen zumeist nur von jenen Nutzern stammen, die über die entsprechende Plattform auch einen Abschluss gemacht haben. Das Positive an der Sache ist, dass die Portale somit Fälschungen entgegenwirken. Von Nachteil sei jedoch, dass dadurch „gleichzeitig die Bewertungsbreite eingeschränkt“ sei.

Gleiche Ergebnisse bei vermeintlich eigenständigen Portalen

Zu guter Letzt nennt das Bundeskartellamt noch den Fakt, dass in allen Branchen, die untersucht wurden, Kooperationen zwischen den einzelnen Vergleichsportalen bestünden – zum Beispiel mit Blick auf die Datenbasis oder den Tarifrechner. Es komme daher vor, dass Verbraucher Suchergebnisse bei unterschiedlichen, vermeintlich eigenständigen Portalen irrigerweise als Bestätigung der bereits erhaltenen Empfehlungen wahrnehmen.

Einige Vergleichsportale haben bereits Anpassungen vorgenommen

Das Bundeskartellamt stand im Rahmen der anderthalbjährigen Untersuchung mit den verschiedenen Portalen und Websitebetreibern eng in Verbindung und hat auch Stellungnahmen eingeholt und diese ausgewertet. Während einige Portale „die Besonderheiten und Vorteile der eigenen Seite“ herausstellten und auch darauf hinwiesen, „dass der Verbraucher über die Funktionsweise des Portals bereits hinreichend informiert“ wurde, zeigten sich andere Portale den kritischen Punkten aufgeschlossen. So habe es einzelne Fälle gegeben, in denen die Unternehmen „auch bereits Änderungen auf ihren Seiten vorgenommen [haben], die den Kritikpunkten des Bundeskartellamtes Rechnung tragen.“

Weitere Informationen und Details zur Untersuchung finden sich auf der Website des Bundeskartellamtes.

Über die Autorin

Tina Plewinski
Tina Plewinski Expertin für: Amazon

Bereits Anfang 2013 verschlug es Tina eher zufällig in die Redaktion von OnlinehändlerNews und damit auch in die Welt des Online-Handels. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für Amazon – egal ob neue Services, spannende Technologien oder kuriose Patente: Alles, was mit dem US-Riesen zu tun hat, lässt ihr Herz höherschlagen. Nicht umsonst zeigt sie sich als Redakteurin vom Dienst für den Amazon Watchblog verantwortlich.

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