Steuertricks: Großbritannien nimmt auch kleine Händler ins Visier

Veröffentlicht: 21.03.2016 | Geschrieben von: Michael Pohlgeers | Letzte Aktualisierung: 21.03.2016

Große Konzerne sind für ihre Steuertricks berüchtigt. Großbritannien will sich das aber nicht mehr bieten lassen und geht gegen die Tricksereien von Google, Facebook und Co. vor. Nun nimmt das Land aber auch kleine Händler ins Visier, die über Ebay und Amazon verkaufen und die Gewinne nicht versteuern.

Rechnungen und Taschenrechner

(Bildquelle Abrechnung: patpichaya via Shutterstock)

Vergangene Woche stellte der britische Finanzminister George Osborne den Haushaltsplan 2016 des Landes vor. Dabei ging er auch auf den Online-Handel ein und warnte vor allem vor kleinen Händlern, die ihre Produkte unversteuert über das Internet verkaufen und damit einen unfairen Wettbewerbsvorteil erhaschen würden. Um dem Einhalt zu gebieten, wolle Osborne den Steuerprüfern mehr Rechte geben, wie The Guardian berichtet.

Demnach sollen Steuerprüfer ausländische Online-Händler, die keine Steuern auf ihre Verkäufe über Ebay und Amazon zahlen, verwarnen können. Zahlt der Händler innerhalb von 30 Tagen nach der Verwarnung die Mehrwertsteuer nicht, sollen die Marktplätze für den Steuerausfall zur Verantwortung gezogen werden. Innerhalb der nächsten vier Jahre sollen so ausgebliebene Mehrwertsteuerzahlungen in Höhe von 875 Millionen Pfund (rund 1,12 Milliarden Euro) wieder eingeholt werden.

Logistikzentren sollen Waren überprüfen

„Webseiten wie Ebay und Amazon stellen eine großartige Plattform für viele kleine britische StartUps zur Verfügung, um eine große Zahl an Kunden zu erreichen“, erklärte Osborne. „Aber es gibt eine stark wachsende Zahl an Händlern aus Übersee, die ihre Produkte in Großbritannien lagern und online verkaufen, ohne die Mehrwertsteuer zu zahlen. Damit unterbieten sie die britischen Online- und Einzelhändler auf unfaire Art und Weise und heute kann ich verkünden, dass wir Maßnahmen ergreifen, um das zu stoppen.“

Zudem sollen die Leiter der Logistikzentren mehr Möglichkeiten erhalten, die gelagerten und versendeten Waren zu überprüfen. Die Logistikzentren müssen demnach in Zukunft nachweisen, dass sie die Steuertricks der Händler aus Übersee nicht unterstützen, so The Guardian.

Ebay und Amazon sollen selbst aktiv werden

Kritiker bezweifeln allerdings, dass die ohnehin schon überarbeiteten und unterbesetzten Steuerprüfer dieser Aufgabe gerecht werden können. Die Vielzahl an Online-Händlern lasse sich nicht von der Unterschlagung der Steuer abbringen, wenn nur eine kleine Zahl von ihnen gefasst werden könne, so die Kritiker. „Wir begrüßen die Änderungen, bezweifeln allerdings, dass die britische Steuerbehörde die Ressourcen hat, um hunderte Händler aus Übersee zu überprüfen“, sagt etwa Richard Allen, Mitglied der Aktivistengruppe Retailers Against VAT Abuse Schemes. Er fordert Maßnahmen, die Amazon und Ebay dazu bringen, die Zahlung der Steuer selbst zu überprüfen.

Ebay erklärte unterdessen, dass man Regelungen begrüße, die für „einen fairen Marktplatz“ sorgen. Das Unternehmen weist allerdings auch darauf hin, dass man auf erste Hinweise von Steuerhinterziehung umgehend reagiert habe und die Händler – vor allem aus China – über die Steuergesetze unterrichtet habe. Amazon äußerte sich ebenfalls zu den von Osborne vorgestellten Regelungen und erklärte, dass man „natürlich jede Rechtssprechung befolgen“ werde.

Kommentare  

#3 Slipper 2016-03-23 18:29
Bei B2C besteht in der Praxis dann doch die Problematik der Umsetzung von solchen Vorhaben. Die Briten müssten dann z.B. eine Anfrage an die deutschen Steuer-Kollegen senden, die beim jeweiligen "verdächtigen" Online-Händler überprüfen müssten, ob die Lieferschwelle überschritten ist.
Sofern der deutsche Online-Händler brav die Umsatzsteuer in Deutschland abgeführt hat und die Lieferschwelle nur unwesentlich überschritten wurde, würde dem deutschen Staat ja Umsatzsteuer entzogen, da auf rechtlicher Basis die komplette Umsatzsteuer dann zusteht.
Ich finde, da baut sich ein Interessenkonfl ikt bei der Amtshilfe auf.
Chinesen oder andere Anbieter aus zolltechnischen Drittländern müssen im B2C keine Umsatzsteuer im Lieferland entrichten.
Bleibt die Frage, ob da nicht ein 'Sturm im Wasserglas' probiert wird, ohne die konkrete Umsetzung im Auge zu haben.
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#2 Redaktion 2016-03-21 15:30
Hallo Khell,

das Reverse Charge Verfahren gibts nur bei B2B-Handel, bei B2C zahlt man die Umsatz- bzw. MwSt. (bis zur Lieferschwelle im eigenen Land, danach im Bestimmungsland des Verkaufs).
Mehr dazu lesen Sie in der Mai-Ausgabe des Onlinehändler Magazins.

Beste Grüße
die Redaktion
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#1 Khell 2016-03-21 09:06
Warum sollte man Umsatzsteuer im Ausland zahlen? Es gibt doch das sogenannte Reverse Charge Verfahren, damit dieses gerade nicht passiert.

Über eine Info freue ich mich.
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