Japan: Online-Shopping am liebsten auf dem Marktplatz

Veröffentlicht: 11.08.2016 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 10.08.2016

Der Online-Handel in Japan ist enorm verbreitet, wächst daher aber auch kaum noch. Services wie Same Day Delivery, die bei uns erst langsam in Mode kommen, sind in Japan längst ein alter Hut. Kaum ein Markt auf der Welt ist so „erwachsen“ wie der japanische.

Japanischer Torbogen

(Bildquelle Japanischer Schrein: Luciano Mortula via Shutterstock)

Im weltweiten Vergleich sind es eigentlich Horrorzahlen: Die japanische Bevölkerung nimmt als eine der wenigen nicht zu, sondern ab. Hatte das Land der aufgehenden Sonne 2012 noch 127,6 Millionen Einwohner, waren es 2015 nur noch 126,9 Millionen. Die Bevölkerung ist mit einem Durchschnittsalter von 46,5 vollkommen überaltert. Die Wachstumsrate des Online-Handels, die bis 2014 stets zweistellig war, brach 2015 auf gerade noch 7,8 Prozent ein. Das spricht eher nicht für ein Paradies für Online-Händler, doch das ist ein Trugschluss. Der Markt in Japan ist schlicht erwachsen und in vielerlei Hinsicht schon einige Schritte weiter als in vielen anderen Ländern.

Der viertgrößte Markt der Welt

2015 erwirtschafteten japanische E-Commerce-Unternehmen, Ecommerce Europe zufolge, einen Umsatz von 114,4 Milliarden US-Dollar, für das laufende Jahr werden 124,35 Milliarden erwartet. Hinter China, den USA und Großbritannien ist er damit der viertgrößte Markt der Welt. Etwas über 100 Millionen Japaner sind mittlerweile im Internet unterwegs, das entspricht einer Durchdringung von 91 Prozent. 76,9 Millionen davon kaufen im Internet ein.

Japan E-Commerce Ecommerce Europe

© Ecommerce Foundation

Der Mobile-Bereich ist dabei enorm wichtig. Da viele Japaner mehr als ein Smartphone besitzen und damit potenziell mehr Smartphones als Online-Shopper im Umlauf sind, ist die mobile Abdeckung enorm hoch. Lyoncg spricht etwa von einer mobilen Durchdringung von 136 Prozent. Japan verzeichnete 2015 Mobile Sales in Höhe von 13 Milliarden US-Dollar. Bezahlt wird klassischerweise hauptsächlich mit Kredit- und Debitkarten (61 Prozent).

Same Day Delivery soll’s schon sein

Einige Dienstleistungen und Produkte sind fast schon komplett ins Internet abgewandert. So werden etwa 91 Prozent aller Flugbuchungen in Japan über das Internet vorgenommen. Die Normalität des Internetkaufs hat auch dafür gesorgt, dass für Japaner bestimmte Services selbstverständlich sind, die bei uns wohl noch Jahre brauchen werden, um Standard zu werden.

Die exzellente Infrastruktur des Landes hat dafür gesorgt, dass Same Day Delivery und Next Day Delivery nicht nur flächendeckend angeboten, sondern von den Kunden auch erwartet werden. Bekommt der Konsument sein Paket nicht nach spätestens zwei Tagen, dann fragt er in der Regel beim Händler nach, was denn da los sei. Amazon etwa ist mittlerweile in der Lage, 80 Prozent der potenziellen Kunden am selben Tag und 95 Prozent spätestens am Folgetag zu beliefern. Das liegt auch daran, dass 93 Prozent der japanischen Bevölkerung in oder in der Nähe von Städten lebt. Die ultraschnellen Lieferzeiten dürften auch ein Grund dafür sein, dass Click & Collect und Packstationen in Japan einen schweren Stand haben. Derartige Services werden kaum nachgefragt.

Alle auf den Marktplatz

Der Japaner kauft am liebsten auf Online-Marktplätzen ein. Die Marktführer in Japan heißen Rakuten und Amazon. Rakuten etwa hat allein im Heimatland über 95 Millionen registrierte Benutzer und erreicht einen Marktanteil von 28 Prozent. Dahinter folgen Amazon Japan und Yahoo Japan Shopping, alle drei zusammen beherrschen etwa 50 Prozent des Marktes. Da tut auch Kritik, wie sie Amazon gerade erlebt, weil man Händlern günstige Preise aufgezwungen haben soll, nicht wirklich weh, zumal sich die Konsumenten über die Preise freuen.

Die hohe Beliebtheit von Marktplätzen ist für ausländische Händler eine Chance, schnell Fuß im japanischen Markt zu fassen. Doch Vorsicht: Mögen die Einstiegshürden auch gering sein, die Unterhaltung des Shops kann durchaus schwierig sein. 99 Prozent aller Japaner sprechen lediglich ihre Heimatsprache, selbst mit englisch kommt man nicht weit. Das heißt, dass man als Händler zwingend Kundenservice in japanischer Sprache anbieten sollte. Rakuten etwa erlaubt Drittanbietern den Verkauf auf der eigenen Plattform überhaupt nur, wenn man japanischen Service bieten kann. Außerdem sollte man darauf achten, dass man die gewohnt kurzen Lieferzeiten auch erfüllen kann, sonst hagelt es schnell schlechte Bewertungen. An anderer Stelle kann man dafür ohne viel Aufwand sparen: Retouren sind in Japan extrem selten, hier spart man als Händler automatisch bares Geld. Manche, selbst große Online-Anbieter, bieten eine Retour-Möglichkeit offiziell nicht einmal an.


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