DSGVO verschlafen: Domain-Auskunft Whois steht vor dem Ende

Veröffentlicht: 17.04.2018 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 17.04.2018

Die Domain-Auskunft Whois wird es bald nicht mehr in der Form geben, wie sie aktuell besteht. Denn die ICANN hat es verschlafen, nötige Änderungen hinsichtlich der DSGVO umzusetzen – und fordert nun frech eine Ausnahmeregelung.

Göran Marby, CEO von ICANN
Göran Marby, CEO von ICANN (© ICANN)

Nach dem 25. Mai 2018 wird es die öffentliche Domain-Datenbank Whois in ihrer jetzigen Form wohl nicht mehr geben. Dann wird die DSGVO innerhalb der EU verpflichtend, gegen diese verstößt Whois aber aktuell. Die zuständige ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) hatte zwei Jahre Zeit, entsprechende Änderungen vorzunehmen, nutzte diese Zeit aber nicht. Erst Anfang des Jahres wurden Schritte eingeleitet, Whois auf DSGVO-Konformität zu trimmen – die reichen allerdings nicht aus.

EU-Datenschutzgruppe kritisiert ICANN

Die Übergangslösung, die ICANN angeboten hat, wurde in einem Brief der Artikel-29-Datenschutzgruppe der EU kritisiert, weil sie immer noch nicht in Einklang mit der DSGVO stünde. ICANN warnt seinerseits in einem Statement vor einer Fragmentierung der Whois-Datenbank, denn davon könnten nicht zuletzt Cyber-Kriminelle profitieren.

ICANN fordert in seinem Statement eine Ausnahmeregelung für die DSGVO. CEO Göran Marby führt aus, dass man „alle verfügbaren Möglichkeiten“ prüfe, „einschließlich rechtlicher Schritte in Europa, um auch weiterhin diese wichtige globale Informationsressource koordinieren zu können.“ Marby sieht ICANN als Opfer. Man sei „enttäuscht, dass der Brief (der EU-Datenschutzgruppe) unsere Bitte um ein Moratorium nicht erwähnt, das uns Zeit geben würde, ein tragfähiges Modell zu implementieren“.

Dabei sind es keine Kleinigkeiten, die ICANN ändern muss bzw. müsste. Dass das Interimsmodell den „legitimen Zugang zu korrekten, verlässlichen und einheitlichen“ Daten über Domain und Inhaber stelle, sei nach Ansicht der Datenschutzgruppe zu allgemein halten, so Heise. Darüber hinaus dürfe es keine sogenannten Bulk-Zugriffsrechte mehr geben, Zugriffsrechte auf die gesamte Datenbank, wie sie Strafverfolger und Markeninhaber fordern. Ein Zugriff über eine Whitelist sei laut Artikel-29-Gruppe nicht sicher genug. Auch das Thema Vorratsdatenspeicherung ist ein Streitpunkt, der bislang nicht geklärt ist.

Wie geht es weiter mit Whois?

Am 23. April ist ein weiteres Treffen mit Vertretern der Artikel-29-Gruppe angesetzt. Die Zukunft von Whois ist vollkommen offen. Dass die Organisation in den wenigen verbleibenden Wochen bis Ende Mai noch ein tragfähiges Konzept des „jahrzehntealten“ Systems auf die Beine stellt, scheint ausgeschlossen, so T3n. Mit der entsprechenden Begründung sei auch weiterhin eine öffentliche Datenbank von Domain-Inhabern möglich, die mit der DSGVO in Einklang stehen könnte, doch diese Begründung fehle laut T3n bislang.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#4 Frederik Weiss 2018-04-23 16:16
@bernd albert
Die "Doofköpfe" von der EU haben ICANN -wie allen Unternehmen- 2 Jahre Zeit eingeräumt, die DSGVO umzusetzen. Viele Unternehmen haben die Umstellungen beendet, respektive sind im "Endspurt". Warum sollte es da eine Ausnahme geben?
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#3 55UH8509 2018-04-17 17:25
Mich hat die Whois-Abfrage schon oft davor bewahrt, auf eine Betrügerseite hereinzufallen. Noch dazu müssen wir wohl demnächst ohne Whois vertrauen, was im Impressum steht, wenn es denn überhaupt existiert. Dann kann man ja demnächst unbeschwert Websites "aus dem Ausland" anbieten und muss sich an deutsche Rechte nicht mehr halten.
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#2 dirk 2018-04-17 12:49
Ich kann das nur unterstützen.
Auch die ICANN hatte nun ausreichend Zeit sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Nun Sonderrechte oder Ausnahmen zu fordern, weil man zu faul oder zu bequem war, ist doch wirklich dreist.
Was kommt als nächstes, wenn der eine Ausnahmen haben möchte, dann stehen diese dem anderen auch zu. Nein zu Ausnahmen und Nein zu Sonderregelungen.

Letztendlich ist die Whois Veröffentlichun g ein offene Datenbank für Spam, welche ich schon seit Jahren extrem ärgerlich finde.
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#1 Bernd Albert 2018-04-17 09:22
Nun werden wir der einzigen zuverlässigen Möglichkeit beraubt um die Echtheit und den Betreiber einer Webseite zu identifizieren! Ich hoffe das sich ICANN gegen die Doofköppe von der EU durchsetzen kann oder zumindest eine Lücke findet um den Schwachsinn zu umgehen!
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